Immer cool bleiben - Mediatorin verrät einfachen Trick, um sich nicht provozieren zu lassen
Provokation ist oftmals der Auslöser für Konflikte, könnte man denken. Doch das entspricht nicht der Realität, sagt Mediatorin Stephanie Huber. Viel eher ist ein anderer Faktor dafür verantwortlich, warum Provokation zu Konflikten führt.
Auf Provokation reagieren die meisten Menschen mit Gereiztheit, Ärger, Wut oder einem Gegenangriff. Das ist verständlich, doch nicht besonders schlau, denn genau darauf könnte die Provokation abzielen. Sie soll Sie aus der Reserve locken oder Sie zu einer Reaktion verleiten. Doch damit bekommt der Provokateur unnötige Aufmerksamkeit und bestimmt Ihr Fühlen und Handeln – und das hat er definitiv nicht verdient.
Ich mag mit einem kurzen und passenden Witz beginnen. Ich habe ihn schon oft von einem Freund gehört und er ist passend um ins Thema einzusteigen:
„Was reizt Sie am Chef?“ fragt ein Kollege.
„Jedes Wort!“ antwortet der Gefragte.
Das Thema per sé ist zwar nicht lustig, doch oftmals hilft es eine andere Perspektive einzunehmen. Und lachen hilft so gut wie immer. Andere Bezeichnungen für Provokation sind: Reizung, Frechheit, Dreistigkeit oder Unverschämtheit. Wörter die öfters mit Provokation in Verbindung gebracht werden lauten: unerhört, unnötig, gezielt, bösartig, werten.
Lassen Sie sich nicht von schlechter Laune provozieren oder anstecken
Nicht selten ist reicht es im Unternehmen, wenn eine oder einer seine schlechte Laune mitbringt und diese dann verteilt wie Faschingsbonbons. Schlechte Laune kann ansteckend wirken. Außer man trifft bewusst die Entscheidung diesen Zug souverän an sich vorbeiziehen zu lassen.
Um dies zu erreichen, muss man sich zuerst einmal über den Status Quo bewusst werden und dann entscheiden, wie man damit umgehen mag. Dafür muss man den Provokateur mit der schlechten Laune identifizieren und eine gezielte Entscheidung für sich treffen. Dabei gibt es einen einfachen Trick, den Sie sich zunutze machen können:
Denken Sie sich mögliche Gründe für die schlechte Laune ihres Gegenübers aus
Niemand muss sich von einer anderen Person die Laune verderben lassen. Es sind unsere Gedanken über die Situation, die uns die Laune verderben. Hätte sich derjenige, der in dem Beispiel mit dem schlechtgelaunten Chef dessen Verstimmung als erster zu spüren bekommen hatte, gedacht: Wahrscheinlich hatte er heute Früh schon einen Ehekrach! Dann hätte er den Anpfiff vielleicht schmunzelnd abgetan.
Oder wenn er gewusst hätte, seine Schwiegermutter hat sich für einen längeren Besuch angemeldet (ich weiß, dass sind nur Klischees, denn ich habe die netteste Schwiegermutter der Welt), dann hätte er vielleicht Mitleid empfunden. Und wenn er sogar gewusst hätte, der Chef kommt gerade vom Arzt, bei dem es um die Frage unheilbar krank oder nicht gegangen war, dann hätte er auf den Angriff seinerseits noch einmal anders reagiert.
Übung: Gründe für schlechte Laune
Wenn Sie das nächste Mal von jemandem geärgert werden, dann überlegen Sie sich doch einfach, warum er gerade so schlechte Laune hat, warum der arme Kerl so reagieren muss. Das macht sogar Spaß und es sorgt dafür, ob wahr oder nicht, dass Sie der Versuchung widerstehen, mit gleichen Mitteln zu antworten und nicht in die Lawine geraten, um dann an den nächsten, der Ihnen begegnet, auch schlechte Laune zu verteilen.
Beispiel: der Drängler auf der Autobahn
Neulich auf der Autobahn, drängte mich ein Luxusschlitten mit Lichthupe von der linken Spur runter, um mich dann zu schneiden, um die Ausfahrt rechts neben uns gerade noch zu erreichen. Eine knappe Angelegenheit. Ich dachte mir im ersten Moment, „du ***“. Dann habe ich mir überlegt, was den Fahrer zu dieser Handlung bewegt haben könnte. Vielleicht ist er von einer Biene gestochen worden. Oder sein Beifahrer hatte irgendeinen Anfall, oder es droht vielleicht sogar sein Kind auf dem Rücksitz zu ersticken?
Ganz ehrlich, bei den Geschichten, die mir eingefallen sind, hatte ich sogar Mitleid mit dem Fahrer und habe mich nicht die nächste Stunde über den Rüpel aufgeregt, der Verkehrsregeln missachtet und dabei noch andere Autofahrer in Gefahr gebracht hatte. Das hätte die Situation an sich nicht verändert, jedoch meinen Gemütszustand.
Sie können das auch, lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf und verändern Sie zumindest in Ihren Gedanken die Realität, denn Sie können nicht wissen, welchen Grund der andere hatte, so zu handeln, wie er es getan hat.
Denn nur meine Beurteilung darüber, was dieser Rüpel auf der Autobahn zu suchen hat und wie er überhaupt zu seinem Führerschein gekommen ist, sorgt für Ärger. Und jedes Mal, wenn ich die Rüpel-Geschichten während des Tages oder zu einem anderen Zeitpunkt wiederhole, wärme ich sie in Gedanken wieder auf. Andere Gedanken heißen auch: keinen Ärger!
Die Lösung ist simpel:
Hören Sie auf, Menschen, Vorgänge und Ereignisse zu bewerten, und Sie vereinfachen Ihr Leben immens. Außer Sie wollen sich aufregen, dann tun sie es – aber tun sie es bewusst. Ich entscheide mich dazu, mich über diesen Verkehrsrowdi zu ärgern und ich entscheide mich dafür, allen zu erzählen, was für schreckliche Autofahrer es auf unseren Straßen gibt.
Toll, bestimmt finden Sie viele Menschen, die solche unglaublichen Vorfälle auch kennen. Aber bitte bedenken Sie, Sie verharren im Problem, aber sie klären es nicht. Außer Sie haben sich das Nummernschild gemerkt und Ihr Beifahrer hat den Vorfall im günstigsten Fall gefilmt, dann kann die Polizei herausfinden, ob der Fahrer ein Problem hatte und wenn ja welches. Auch das kann eine Klärung darstellen – wichtig ist: Sie entscheiden, worauf Sie sich konzentrieren.
Auf Provokationen mit Gegenfragen reagieren
Weichen Sie Provokationen galant aus, reagieren Sie nicht quasi fremdgesteuert mit Verteidigung, Gegenangriff oder Flucht, sondern behalten Sie mit Gegenfragen die Kontrolle. Bei einem Konflikt sollten Sie Souveränität ausstrahlen und sich auf keinen Fall dazu verleiten lassen, in die Opferrolle zu verfallen.
Souverän bleiben, klar sagen, was Sie wollen, die eigenen Forderungen in den Mittelpunkt des Interesses rücken und reden – aber im richtigen Moment zu schweigen, kann auch ein guter Tipp sein, um die Opferrolle nicht einzunehmen.
Am schnellsten gerät man in die Opferrolle, wenn die Opposition Vorwürfe und Forderungen ausspricht. Schnell verteidigt man sich und hat unwillkürlich die Opferrolle (Verteidigungsrolle) eingenommen.
Verteidigung ist ein Reflex, der auf einen Angriff erfolgt. Doch nicht auf jeden verbalen Angriff muss eine Verteidigung erfolgen. Souveräner wirken Sie, wenn sie den subjektiv empfundenen Angriff mit einer Frage beantworten:
Wie konkret meinen Sie das?
Was genau können Sie sich als Klärung vorstellen?
Erzeugen Sie ein verbindliches Gefühl: „Sie sind wütend, das kann ich verstehen … Wie könnte eine gemeinsame Klärung aussehen? Oder: Was konkret brauchen Sie, um …
Betreiben Sie Notfall-Empathie, zeigen Sie Verständnis für den Ärger des Gegenübers. Lassen Sie ihn erzählen, hören Sie zu und wiederholen Sie das, was Sie gehört haben. Und dann verlagern Sie Ihre Aufmerksamkeit vom Problem hin zur Lösung. „Wie könnte eine mögliche Lösung für Sie aussehen?“
Mit der Schuldzuweisung wird versucht, den anderen ins Unrecht zu setzen, und in aller Regel wird eine Entschuldigung oder Wiedergutmachung gefordert. Und warum? Ein Grund dafür könnte sein, dass wir noch nicht verstanden haben, dass wir selbst der Lebensmittelpunkt sind. Dass wir selbst über unser Leben bestimmen. Aber dass wir in der Angelegenheit des anderen unterwegs sind. Wir beurteilen und verurteilen, was der andere getan hat, anstatt selbst eine Entscheidung zu treffen und klar zu sagen, was wir wollen. Stattdessen geraten wir mit dem anderen darüber in Streit, was gewesen wäre, wenn er oder sie sich nicht schuldig gemacht hätte.
Dabei ist die Milch bereits verschüttet und sie wird nicht mehr vollständig ins Glas zurück zu bekommen sein.
Wer sich aber mit der Schuldfrage beschäftigt, ist von einer Klärung weit entfernt. Der ist beim Problem oder beim Konflikt hängengeblieben und ärgert sich immer weiter über die ausgeschüttete Milch und sucht auch noch einen Schuldigen. – Aber das ändert nichts an der Situation. Wäre es nicht besser, zu akzeptieren, dass die Milch verschüttet ist und lieber zu klären, wie so ein Vorfall beim nächsten Mal vermieden werden kann?
Machen Sie sich Ihre persönlichen Trigger bewusst. Entscheiden Sie, ob Sie sich durch eine Provokation damit ärgern lassen
Ganz nach dem Motto „schlimmer geht immer“ könnten folgende Überlegungen und Strategien zur endgültigen Eskalation eines Konflikts führen:
Wie können Sie Ihrem Kontrahenten so richtig schaden?
Wie können Sie ihm so richtig übel mitspielen?
Suchen Sie die Achillesferse Ihres Opponenten und setzen sie dort an.
Ziehen Sie Unbeteiligte/Verbündete mit auf Ihre Seite.
Wenn Sie Ihrem Kontrahenten wirklich schaden wollen, ihm so richtig eins auswischen wollen, dann sind Sie entweder ein bösartiger Mensch – und davon gehe ich nicht aus. Oder Sie wurden von Ihrem Kontrahenten sehr verletzt, weshalb Sie das Bedürfnis haben, ihn oder sie ebenfalls zu verletzen. Ganz nach dem Motto: Sie sind mir auf die Zehen getreten, dafür haue ich Ihnen eins gegen das Schienbein und jetzt bin ich gespannt, was Ihnen als Antwort einfällt.
Wir haben immer die Wahl! Wir wählen immer, ob wir uns ärgern oder souverän sind! Allerdings ist das manchmal gar nicht so einfach, denn wir müssen erkennen, woran es liegt. Stellen Sie sich immer die Frage, wenn Sie sich ärgern: Warum gebe ich dem anderen eine solche Macht über mich? Warum lasse ich zu, dass er, sie oder es mein Leben beeinflusst?
Übernehmen Sie die Kontrolle über Ihr Leben selbst – entscheiden Sie bewusst, ob Sie sich provozieren lassen, wie viel Macht sie aus der Hand geben, und was sie bewusst zulassen! Niemand kann Sie ärgern, wenn Sie es nicht selbst zulassen! Deshalb kann Sie auch niemand provozieren, wenn Sie es nicht selbst zulassen!