Werbung

Impfpflicht, Schulschließungen, früherer Ferienbeginn: Was in den kommenden Wochen auf Kinder und Jugendliche zukommt

Zwei Kinder in Frankfurt auf ihrem Weg in die Schule.
Zwei Kinder in Frankfurt auf ihrem Weg in die Schule.

Die vierte Corona-Welle bricht über Deutschland hinein – und vor allem Kinder und Jugendliche im Land trifft sie ungebremst. Die Corona-Inzidenzen in der jungen Generation in Deutschland sind hoch: Bei den Fünf- bis Neun-Jährigen liegt sie über 830, bei den Zehn- bis 15-Jährigen über 920, bei den 15- bis 19-Jährigen über 550. Tendenz weiter steigend.

Maßnahmen gegen die Masseninfektion von Kindern und Jugendlichen in Deutschland wurden jedoch bisher kaum unternommen. Die Schulen und Kindergärten in den Bundesländern bleiben offen, der Präsenzunterricht bestehen. Manche Landesregierungen hatten (vorübergehend) sogar die Maskenpflicht im Unterricht abgeschafft. Luftfilter finden sich trotz eines Förderprogramms des Bundes nur an den wenigsten Schulen oder Kitas.

Und so wartet ein zweiter, harter Corona-Winter auf die Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Eine Übersicht über die Lage der jungen Generation – und was auf sie zukommen könnte.

Dürfen bald auch kleine Kinder gegen Corona geimpft werden?

Nur 46 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen in Deutschland sind vollständig geimpft, keines der 9,2 Millionen im Land lebenden jüngeren Kinder ist nach offiziellen Angaben überhaupt geimpft.

Eine Impfpflicht für Kinder ab zwölf ist zurzeit jedoch nicht im Gespräch. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP können sich aktuell nicht einmal auf eine Impfpflicht für Erwachsene einigen. Auch eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für eine Impfung von Kindern ab fünf Jahren steht noch aus – obwohl die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) ihre Empfehlung dazu schon vergangene Woche ausgegeben hat. Einzelne Kinderärzte im Land impfen zwar schon kleinere Kinder, Millionen Kinder werden jedoch bis auf Weiteres auf eine Impfung gegen Corona warten müssen.

Kommt die Impfpflicht für Schul- und Kitapersonal?

Nein. Business Insider liegt ein Formulierungsvorschlag aus dem Gesundheitsministerium für ein Gesetz über eine Berufsgruppen-bezogene Impfpflicht vor. Demnach soll es ab Januar 2022 eine Impfpflicht für Personal in Gesundheitseinrichtungen, nicht aber in Schulen oder Kitas gelten. Business Insider erfuhr aus Kreisen der Ampel-Koalition, dass diese auch auf Sicht nicht vorgesehen sei. Besonders die FDP blockiere bei diesem Thema, hieß es. Die Grünen hoffen dennoch, die Impfpflicht für Gesundheitspersonal in Zukunft auch auf soziale Berufe ausweiten zu können. Abzusehen ist ein solcher Schritt jedoch nicht.

Werden die Weihnachtsferien vorgezogen?

In Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben die Landesregierungen bereits entschieden, den Beginn der Weihnachtsferien auf den 20. beziehungsweise den 17. Dezember vorzuziehen. In anderen Bundesländern – und auch im Bund – wird ein Vorziehen der Weihnachtsferien noch diskutiert. Noch hat kein weiteres Bundesland außer Brandenburg oder Sachsen-Anhalt frühere Ferien angekündigt.

Der Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Ralph Brinkhaus, sagte am Sonntag der "Welt": "Sollte sich die Lage noch verschlimmern, muss meines Erachtens auch darüber nachgedacht werden, die Weihnachtsferien überall ein bis zwei Wochen früher beginnen zu lassen, um die Kontakte zum Beispiel in den Schulen zu reduzieren." Die designierte Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sprach sich am Montag im Gespräch mit dem Sender ntv gegen vorgezogene Weihnnachtsferien aus.

Kommt ein neuer Schul-Lockdown?

Stark-Watzinger kündigte bei ntv an, die zukünftige Ampel-Regierung wolle "alles andere tun", bevor an eine Schließung von Schulen zu denken sei. "Wir haben Schulschließungen im Infektionsschutzgesetz jetzt auch erst mal so nicht vorgesehen, weil ein parteiübergreifender Konsens ist, dass das nicht der richtige Weg ist", sagte die FDP-Politikerin dem Sender. "Wir können durch Masken, Hygienevorschriften, konsequentes Impfen und vor allen Dingen Boostern in den Schulen verhindern, dass eben solche Maßnahmen getroffen werden müssen."

Auch eine Schließung von Kindertagesstätten ist bisher weder durch den Bund noch durch die Bundesländer angedacht.

Mit welchen Maßnahmen will die Politik Schulkinder stattdessen schützen?

Das unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Sachsen-Anhalt etwa wurde in der vergangenen Woche die Präsenzpflicht für Schulkinder bis zum Beginn der verfrühten Weihnachtsferien aufgehoben. Auch in Brandenburg gilt das für bestimmte Jahrgänge; in anderen Bundesländern blieb es bisher bei politischen Forderungen, die Präsenzpflicht aufzuheben.

In Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung derweil angekündigt, die Maskenpflicht für Schulkinder nun doch wieder einzuführen. Vor zwei beziehungsweise drei Wochen hatten dies auch das Saarland und Bayern beschlossen. Auch in Berlin gilt sie wieder. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte am Montag alle Bundesländer auf, die Maskenpflicht an Schulen wieder einzuführen. "Das Infektionsgeschehen in den Schulen ist so leider weder für die Schüler noch für die Lehrer und Erwachsenen erträglich", sagte er dem Sender Phoenix.

Was fordern Wissenschaftler für den Schutz von Kindern und Jugendlichen?

Auf jeden Fall mehr Anstrengungen, als die Politik bisher unternimmt. In einer Ad-hoc-Stellungnahme forderte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die besondere Lage von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie zu berücksichtigen. "Bei Kindern und vielen Jugendlichen ist das Virus stark verbreitet", schrieben die Wissenschaftler um den renommierten Charité-Virologen Christan Drosten. "Generell muss betont werden, dass es vorrangig den Erwachsenen obliegt, sich und andere durch eigenes Impfen vor Schaden zu schützen." Die Leopoldina fordert deshalb die Einführung einer Impfpflicht im Land – letztlich also auch für Schul- und Kitapersonal.

"Aber selbst wenn jüngere Kinder im Vergleich zu Erwachsenen nur selten schwer erkranken, lassen die
hohen Inzidenzen auch unter ihnen die Fälle von schwereren Erkrankungen zunehmen", schreiben die Corona-Experten weiter. "Zudem trägt die Zahl der Infektionen in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen zum Infektionsgeschehen bei." Die Leopoldina empfiehlt deshalb die Impfung aller Kinder ab fünf Jahren und fordert sowohl eine "ausnahmslose Maskenpflicht" für Lehrkräfte und Schüler aller Klassen, regelmäßige Tests an Schulen sowie ein Vorziehen der Weihnachtsferien.

Die Schließung von Schulen und Kitas solle aber vermieden werden: "Eine Aussetzung der Präsenzpflicht und ein Wechselunterricht an Schulen sowie die Schließung von Kitas sollten möglichst vermieden werden."