Influencer im Handwerk - die ehrliche Dachdeckerin - „Ich weiß, wie hart, aber auch lustig es auf dem Bau zugeht“

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht während eines Besuchs des Dachdeckerunternehmens Monteton im Rahmen der Sommerreise des Bundeswirtschaftsminister mit Chiara Monteton, Dachdeckerin und Influencerin.<span class="copyright">picture alliance/dpa</span>
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht während eines Besuchs des Dachdeckerunternehmens Monteton im Rahmen der Sommerreise des Bundeswirtschaftsminister mit Chiara Monteton, Dachdeckerin und Influencerin.picture alliance/dpa

Chiara Monteton hat vier Semester Bauingenieurswesen studiert, wollte aber lieber praktisch arbeiten und ist heute Dachdeckermeisterin. Wie die Influencerin @dachdeckerinchiara ihrem Handwerk nun einen neuen Anstrich verleihen will.

Wie das Leben auf den Baustellen der Ruhrgebietsdächer wirklich ist, zeigt sie auf ihrem Instagram-Kanal. Außerdem ist die 28-Jährige Co-Host des Podcasts „Baustellen-Beichten“. Monteton kommt aus einer Dachdeckerfamilie. Sie und ihr Bruder arbeiten Vollzeit im Betrieb des Vaters, den sie später gemeinsam übernehmen werden.

Manchmal überlege sie allerdings, auszusteigen – wenn sie mal wieder Bedrohungen, Beleidigungen oder sexistische Nachrichten bekomme. „Einfach nur, weil ich zeige, wie ich auf ein Dach klettere und einen Balkon abdichte“, erklärt sie.

Zeigt auch die nervigen Dinge des Alltags

Auf Social Media klärt sie auf und wirbt für ihren Beruf, zeigt allerdings auch die nervigen Dinge des Alltags. Zum Beispiel, wie es ist, sich auf der Baustelle mit 30 Männern ein Dixiklo zu teilen. Oder sechs Stockwerke ein Gerüst hinunterzuklettern, nur weil man unten etwas vergessen hat.

Es kommt auch vor, dass sie sich gegenüber arroganten Architekten behaupten muss. „Manchmal sind Männer auf Großbaustellen überfordert damit, dass da plötzlich eine Frau anpackt.“ Doofe Sprüche, Ignoranz, frauenfeindliche Witze – das gehöre zu ihrem Job dazu.

Chiara Monteton will einerseits dazu beitragen, dass sich mehr Frauen ins Bauhandwerk wagen. Andererseits will sie nichts beschönigen und klarmachen, dass es als Frau nicht immer einfach ist. „Ich will, dass andere Frauen das sehen und sich denken: Die ist ja gar kein Hulk, was die macht, kann ich auch.“ Für sie ist dieses Zeichen im Bauhandwerk wichtig.

Durch Geduld und Genauigkeit unentbehrlich

Viele Dachdecker seien oft noch vom Typ „tätowiert, braun gebrannt, 100-Kilo-Hantelbank“. Aber man könne in dem Beruf auch erfolgreich sein, wenn man nicht ein solcher Kraftprotz sei. Monteton ist so ziemlich das Gegenteil. Ihre Strategie: Sie macht sich durch ihre Geduld und ihre Genauigkeit unentbehrlich. „Wenn wir beispielsweise ein Stück Dach machen, das so liegt, dass der Kunde von seinem Balkon aus draufblickt, dann ist das immer meine Aufgabe.“

Mit ihrem Feingefühl ergänzt sie ihr Team. Wenn filigrane Metallarbeiten anstehen, zeigt sie ihren Followern, wie sie ihre Stärken ausspielt.

brand eins: Frau Monteton, wie fallen die Kommentare unter Ihren Videos und Posts aus?

Chiara Monteton: Dort herrscht wilder Westen. Manchmal mache ich Screenshots von ekligen oder frauenfeindlichen Kommentaren und prangere das öffentlich an, weil ich hoffe, dass dann klar wird: Ich dulde so etwas nicht. Aber ich habe bis heute keinen echten Umgang damit gefunden.

Wer mir dann hilft, ist mein Bruder. Er erinnert mich daran, dass sich unter den Reaktionen ja auch Hunderte Likes und sehr, sehr viele nette Kommentare befinden.

Sie haben gemeinsam mit Mara Pischl, Schreinerin aus Bayern, einen Podcast. Was bezwecken Sie damit?

Monteton: Auf dem Bau habe ich gern nebenher ein bisschen Gelaber auf den Ohren. Wir hatten aber beide die üblichen Gesprächs-Podcasts satt. Medienleute, die sich um halb zehn auf dem Weg zur Arbeit noch einen Chai Latte holen, das ist einfach ein anderes Leben. Also erzählen wir eigene Geschichten. Erst ging es um Absurditäten, die uns im Umgang mit Kunden, Architekten oder anderen Handwerkern passieren. Mittlerweile bekommen wir auch von anderen so viele tolle Geschichten zugeschickt, dass wir gar nicht hinterherkommen.

Und was sagen die Kolleginnen und Kollegen dazu?

Monteton: Ich bekomme sehr viel positive Resonanz. Viele sind froh, neben all den Influencern und Gamern auch Menschen zu sehen, die wie sie um halb sechs aufstehen und acht Stunden auf der Baustelle kloppen. Ich möchte für Menschen eine Identifikationsfigur sein, die ihre Witze versteht und weiß, wie hart, aber auch lustig es auf dem Bau zugeht.

Follower
… auf Instagram: 154.000
… auf Tiktok: 139.300

Text: Mia Pankoke