Interne Dokumente enthüllen - Ampel beschloss neues Gesetz, damit US-Pharmakonzern in Deutschland investiert

Eli-Lilly-Vorstandschef Dave Ricks (l-r), Bundeskanzler Olaf Scholz, die ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim symbolischen Spatenstich in Alzey<span class="copyright">Arne Dedert/dpa</span>
Eli-Lilly-Vorstandschef Dave Ricks (l-r), Bundeskanzler Olaf Scholz, die ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim symbolischen Spatenstich in AlzeyArne Dedert/dpa

Ein brisantes Enthüllungsdokument soll zeigen, wie der US-Pharmakonzern Eli Lilly einen Gesetzeswechsel in Deutschland angeleiert hat, mit dem Versprechen, danach Milliarden in Rheinland-Pfalz zu investieren. Das Unternehmen dementiert die Vorwürfe - die Ampel-Regierung äußert sich bislang nicht.

Im April 2024 wurde noch groß gefeiert: Bundeskanzler Olaf Scholz, Gesundheitsminister Karl Lauterbach und die damalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, begingen den Baubeginn eines neuen Werks des US-Pharmakonzerns Eli Lilly im rheinhessischen Alzey mit einem symbolischen Spatenstich.

Schon damals gab es Spekulationen, dass Eli Lilly seine Investitionsentscheidung mit einem geheimen Gegengeschäft verknüpft haben könnte. Kurz vor der Ankündigung hatte Gesundheitsminister Lauterbach das Medizinforschungsgesetz (MFG) vorgestellt, welches es Pharmaunternehmen ermöglichen sollte, die Erstattungspreise ihrer neuen Medikamente geheim zu halten. Es wurde vermutet, dass dieses Gesetz eine „Lex Lilly“ sei – eine bevorzugte Regelung zugunsten des Konzerns.

US-Pharmakonzern dementiert, Druck auf Bundesregierung gemacht zu haben

Interne Dokumente, die der „Süddeutschen Zeitung“, NDR, WDR und der Journalistengenossenschaft „Investigate Europe“ vorliegen, bestätigen die Forderungen von Eli Lilly und die Zugeständnisse der Regierung. Das Rechercheteam forderte die Akten im Dezember 2023 nach dem Informationsfreiheitsgesetz an, erhielt sie jedoch erst im September nach einer Klage wegen Untätigkeit.

Ein Dokument des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13. September 2023 zeigt, dass das Ministerium Eli Lilly informierte, dem Wunsch nach vertraulichen Rabatten für den Herstellerpreis im Rahmen des MFG nachzukommen. Dies sei das Resultat intensiver Lobbyarbeit. Schon Monate zuvor hatte Eli Lilly in einem Gespräch seine Milliardeninvestition an diese Zusage geknüpft.

Eli Lilly bestreitet, Druck auf die Bundesregierung ausgeübt zu haben. Laut Konzern sei man lediglich auf den Entwurf des MFG aufmerksam gemacht worden, als die Entscheidung für das Werk in Rheinland-Pfalz bereits feststand.

Auch Scholz war Planung involviert, bei der Lauterbach Meinung plötzlich änderte

Bundeskanzler Olaf Scholz war offenbar tief in die Vorbereitungen involviert. Staatssekretär Jörg Kukies und Scholz selbst führten Gespräche mit Dave Ricks, dem CEO von Eli Lilly. In Berlin wird spekuliert, dass Scholz Lauterbach die Geheimpreise vorgeschlagen habe. Eine offizielle Stellungnahme dazu bleibt jedoch aus.

Lauterbach, der zuvor vehement gegen Geheimpreise war, änderte seine Meinung im Jahr 2023 und erklärte dies damit, dass andere Länder den deutschen Ansatz nicht übernommen hätten. Interne Dokumente zeigen jedoch, dass Experten im Ministerium vor erheblichen Problemen und Mehrkosten warnten.

Krankenkassen warnen vor drastischen Preissteigerungen

Eli Lilly könnte bald von seinem neuen Recht Gebrauch machen. Das Medikament Mounjaro, welches sowohl für Diabetes als auch Adipositas eingesetzt wird, könnte von der neuen Regelung profitieren. Wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Medikament negativ bewertet, könnte Eli Lilly den rabattierten Preis geheim halten.

Krankenkassen warnen derweil vor drastischen Preissteigerungen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) rechnet mit Mehrkosten von bis zu 840 Millionen Euro im ersten Jahr, sollten zehn Prozent der neuen Medikamente geheim bleiben. Innerhalb einer Dekade könnten sich diese auf acht Milliarden Euro summieren.