Interview mit Konfliktforscher: Wie kann Gewalt am AfD-Parteitag vermieden werden?

Ein Konfliktforscher erklärt, wie Gewalt bei Großveranstaltungen entsteht.

Professor Dr. Wilhelm Heitmeyer forscht und lehrt am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Im Interview erklärt er, was Gewalt bei Großveranstaltungen auslöst, warum die AfD ausgerechnet nach Köln kommt und welchen Einfluss die Polizei auf die Demonstranten hat. Die Stadt Köln befindet sich in einem Zustand der Unsicherheit, ob es am kommenden Wochenende rund um den AfD-Parteitag zu Gewalt kommen wird oder nicht. Die Polizei bereitet sich auf rund 50000 Demonstranten vor, von einigen erwartet sie gewalttätige Aktionen. Die Veranstalter des Protests betonen dagegen, nur friedliche Aktionen zu planen. Was löst diese diffuse Angst vor Gewalt aus und warum kommt es am Rand solcher Großveranstaltungen zu körperlichen Auseinandersetzungen? Ob es zur Gewalt kommt hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Erstens von der Zusammensetzung der Demonstranten, weil vielfach auch Gruppen dabei sind, die gezielt auf Gewalt setzen. Gewalt wird dabei als Machtdemonstration eingesetzt. Sei es gegen die Polizei, andere Demonstranten oder auch gegen einen Tagungsort. Das Verhalten der Polizei ist natürlich ein zentraler Faktor. Auch der Raum zum Demonstrieren im Verhältnis zur Masse stellt einen Risikofaktor dar, das heißt durch Enge und Gedränge. Zumal wenn Straftaten im Schutze der Masse verübt werden und individuell nicht zugerechnet werden können. Angst bei den friedlichen Demonstranten entsteht gerade auch durch die Masse und die Unkalkulierbarkeit, wenn solche Gewaltgruppen in friedliche Demonstrantengruppen einsickern. Spielen politische Inhalte bei der Entstehung von Gewalt eine wichtige Rolle, oder geht es um andere Dinge, die sich hier entladen? Politische Inhalte spielen bei der Entstehung von Gewalt eine wichtige Rolle. Vor allem wenn die Emotionalisierung auf die Spitze getrieben wird, wie sie die AfD ja gezielt betreibt. Dann kann es zu einer Entsicherung von Gewalt kommen. Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass Gewalt auch Öffentlichkeit sichert. Insofern leben Gewaltgruppen von den Medien – und die Medien von der Gewalt. Es ist ein Dilemma: Wird berichtet, erzeugt das Erfolgserlebnisse. Wird nicht berichtet, ergibt sich der Vorwurf des Verschweigens. Welche Rolle spielen die einzelnen Akteure - in diesem Fall die AfD, die ihren Parteitag bewusst nach Köln verlegt, die Polizei, die sie schützen muss und die Demonstranten, die die Veranstaltung blockieren wollen? Dass die AfD den Parteitag nach Köln verlegt hat, ist einerseits wohl dem NRW-Wahlkampf geschuldet, aber möglicherweise auch, weil „Köln“ mit der Silvesternacht 2015 und der sexualisierten Gewalt ein emotional ausbeutbares Signalereignis geliefert hat, was perfekt in die Politikstrategie passt. Karnevalisten und andere Kölner Gruppen rufen währen des Parteitages zu einem Fest im Grünen, abseits der Innenstadt auf. Welche Möglichkeiten gibt es, eine Gewaltspirale zu bekämpfen oder von vornherein zu verhindern? Die Polizei hat sicher ein besonderes Konzept angesichts der Brisanz und der erwarteten Masse an Demonstranten mit ihren unterschiedlichen Motiven, zu denen ja wahrscheinlich auch Unterstützergruppen der AfD oder aus dem rechtsextremen Spektrum gehören werden. Um Gewaltspiralen zu verhindern hat die Polizei immer einen schwierigen Job. Es existiert generell ein Balance-Problem. Gibt es eine Unterreaktion auf "Scharmützel", dann kann das als "Ermunterung" zur Eskalation verstanden werden, die eine Gewaltspirale in Gang setzt. Gibt es eine "Überreaktion", dann schafft das unter Umständen auch Solidarisierungen sogar zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten. Das kann vor allem dann passieren, wenn eine sogenannte "Repressionsinkonsistenz" entsteht, also wenn etwa Wasserwerfer oder Pfefferspray sowohl friedliche als gewalttätige Gruppen unterschiedslos treffen....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta