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Iran-Sanktionen aus US-Sicht wieder in Kraft

Bezeichnet den Iran als führenden staatlichen Sponsor von Terror und Antisemitismus: US-Außenminister Mike Pompeo
Bezeichnet den Iran als führenden staatlichen Sponsor von Terror und Antisemitismus: US-Außenminister Mike Pompeo

Die Trump-Regierung setzt einseitig UN-Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft. Aus Sicht der EU und der meisten Mitglieder des Weltsicherheitsrates darf sie das gar nicht. Was nun kommt, ist ungewiss.

New York (dpa) - Die US-Regierung hat in einem umstrittenen Alleingang erklärt, dass internationale Sanktionen gegen den Iran seit Sonntag (MESZ) wieder gültig sind. Diese Strafmaßnahmen waren nach dem internationalen Atomabkommens von 2015 ausgesetzt worden.

Die USA traten unter Präsident Donald Trump im Mai 2018 aus dem Abkommen mit dem Iran aus, und es ist deshalb völlig strittig, ob sie die Sanktionen allein wieder in Kraft setzen können. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sprach in der Nacht zum Sonntag im Staatsfernsehen von einem «Propagandatrick» der US-Regierung vor der Präsidentenwahl im November.

Die USA gehen mit ihrer Entscheidung auch auf Konfrontationskurs zu einer großen Mehrheit des für die Wiedereinsetzung früherer Sanktionen verantwortlichen UN-Sicherheitsrats, der die Argumentation der US-Seite nicht anerkennt, darunter auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte am Sonntag mit, er nehme die US-Ankündigung zur Kenntnis. Die USA seien am 8. Mai 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Sie könnten damit keinen Prozess zur Wiedereinsetzung von UN-Sanktionen gemäß Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrates initiieren. Deshalb bleibe die Aussetzung der Sanktionen weiter in Kraft.

Nach Lesart Washingtons traten die Sanktionen am Samstagabend um 20.00 Uhr Ortszeit (2.00 Uhr MESZ) wieder in Kraft. Die USA würden nicht zögern, die Sanktionen durchzusetzen, schrieb US-Außenminister Mike Pompeo auf Twitter. Sie erwarteten, dass alle UN-Mitgliedstaten ihre Verpflichtungen aus den wieder eingesetzten Sanktionen erfüllten. Pompeo bezeichnete den Iran als führenden staatlichen Sponsor von Terror und Antisemitismus. Die neuen Sanktionen umfassten auch eine dauerhafte Verlängerung eines Waffenembargos. «Dies ist eine großartige Nachricht für den Frieden in der Region», so Pompeo. Allerdings ist eine Verlängerung des UN-Waffenembargos gegen den Iran unter den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates strittig.

DER SNAPBACK

Beim «Snapback» (deutsch: Zurückschnappen) handelt es sich um eine Möglichkeit für die Mitgliedstaaten des Atomabkommens, iranische Regelverstöße vor dem Sicherheitsrat anzuprangern. Damit kann innerhalb von 30 Tagen die Wiedereinsetzung aller UN-Sanktionen aus der Zeit vor der Einigung auf das Abkommen im Jahr 2015 erzwungen werden - ohne, dass andere Mitglieder dies mit einem Veto verhindern könnten. Dies hatten die USA im August ihrer Ansicht nach getan.

WAS JETZT PASSIEREN KÖNNTE

Es ist unklar, wie die US-Regierung weiter handeln wird, wenn die meisten Länder ihr in der Sache nicht folgen. Der US-Sondergesandte für Iran und Venezuela, Elliott Abrams, hatte zuletzt Schritte angekündigt, mit denen die Vereinigten Staaten die Sanktionen gegen Teheran durchsetzen wollen. Dies könnte auch direkte Maßnahmen gegen die Länder des Atomabkommens enthalten, die sich quer stellen - das sind neben Russland und China auch Deutschland, Großbritannien und Frankreich.

DIE VERSCHIEDENEN ANSICHTEN

Die Außenminister aus Berlin, London und Paris bekräftigten ihre Haltung am frühen Sonntagmorgen noch einmal. Die von der Trump-Regierung verfolgte Wiedereinsetzung der Strafmaßnahmen könne «keine Rechtswirkung entfalten», teilten die Chefdiplomaten mit. Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind Mitglieder des Atomdeals und wollen das Regelwerk genauso wie China, Russland und die EU erhalten. Die Europäer sehen es trotz vieler Probleme als den einzigen Weg, um den Dialog mit Teheran aufrecht zu erhalten.

Der US-Regierung dagegen ist das Atomabkommen schon seit Trumps Amtseinführung ein Dorn im Auge. Sie will es noch vor der US-Präsidentenwahl irreparabel beschädigen. Washington ist der Auffassung, dass für den Snapback die Nennung der USA in der UN-Resolution ausreicht, die das Atomabkommen in internationales Recht übersetzt. US-Außenminister Pompeo hatte im August angekündigt, gegen Länder mit anderer Auffassung durchzugreifen. «Wenn die UN-Sanktionen verletzt werden, werden wir alles tun, um auch sie durchzusetzen.»

Angesichts der unterschiedlichen Ansichten in der Sache sieht auch UN-Generalsekretär António Guterres keinen Anlass, um den Snapback als vollzogen anzuerkennen. «Es ist nicht Sache des Generalsekretärs, so vorzugehen, als ob keine solche Unsicherheit besteht», schrieb Guterres in einem Brief an den Sicherheitsrat. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Beobachter in New York sehen die Position der USA im Vergleich mit dem August aber weiter geschwächt, auch weil der Sicherheitsrat sich mehrheitlich geweigert hatte, die US-Handlungen anzuerkennen. Es könnte demnach auch sein, dass Washington die Sache ruhen lässt.

DIE REAKTION DES IRANS

Irans Präsident Hassan Ruhani sagte am Sonntag: «Die USA konnten keine Koalition für ihre Sanktionen gegen uns bilden und das war für die Amerikaner eine große diplomatische Niederlage.» Der Iran habe sich nicht von einer Politik des maximalen Drucks durch die USA einschüchtern lassen.

Außenminister Mohammed Dschawad Sarif ist der US-Vorstoß ungültig. Er sprach von einem Propagandatrick vor der Präsidentenwahl im November. Dass die USA trotz ihres Austritts aus dem Atomabkommen in der betreffenden UN-Resolution zum Iran immer noch erwähnt seien, habe juristisch keinerlei Bedeutung. Der iranische Chefdiplomat spottete, mit der UN-Resolution verhalte es sich ähnlich wie mit einer Scheidungsurkunde: «Die Namen der Ex-Partner sind zwar in dem Dokument erwähnt, aber offiziell und rechtlich hat das Paar nichts mehr miteinander zu tun.»