Israel setzt Angriffe gegen Hamas im Gazastreifen mit unverminderter Härte fort
Israel hat seine Angriffe gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas mit unverminderter Härte fortgesetzt. Die israelische Armee tötete nach eigenen Angaben vom Samstag "dutzende Terroristen" im Norden des Gazastreifens und zerstörte Hamas-Infrastruktur. Die Hamas sprach ihrerseits von 15 Toten bei einem israelischen Angriff auf eine UN-Schule im Flüchtlingslager Dschabalia. US-Außenminister Antony Blinken setzte unterdessen bei einem Besuch in Jordanien seine diplomatischen Bemühungen fort.
Zu dem von der Hamas vermeldeten Angriff auf die UN-Schule lag zunächst keine israelische Stellungnahme vor. Neben den 15 Toten habe es 70 Verletzte gegeben, erklärte das von der Hamas geleitete Gesundheitsministeriums. Israel wirft der Hamas generell vor, Flüchtlingslager sowie UN-Schulen und Krankenhäuser als Verstecke und Waffenlager zu missbrauchen. Die Hamas bestreitet dies.
Im Süden des Gazastreifens führten israelische Bodentruppen nach Armeeangaben in der Nacht einen Angriff gegen "Terroristen" aus. Panzer- und Pionierkräften seien auf eine "Terrorzelle" gestoßen, die aus einem Tunnel gekommen sei. Die Soldaten hätten auf die Kämpfer gefeuert und diese getötet. Der Einsatz israelischer Bodentruppen im Süden des Gazastreifens war in dem mittlerweile vierwöchigen Krieg bislang eher selten.
Am Freitag hatte die israelische Armee einen Angriff auf einen Krankenwagen vor der Al-Schifa-Klinik bestätigt, dem größten Krankenhaus im Gazastreifen. In dem Fahrzeug seien Hamas-Mitglieder transportiert worden. Die Hamas sprach von 15 Toten und 60 Verletzten durch den Angriff - und erklärte, der Krankenwagen sei Teil eines Konvois zum Transport von Verletzten nach Ägypten gewesen.
Das ägyptische Gesundheitsministerium teilte mit, dass nach dem Beschuss des Krankenwagens statt der ursprünglich geplanten 28 verletzten Palästinenser nur 17 evakuiert worden seien.
Nach US-Angaben versuchte die Hamas, Kämpfer nach Ägypten auszuschleusen. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses erklärte, auf einer Liste verletzter Palästinenser, die im Rahmen des von den USA vermittelten Abkommens zur Grenzöffnung des Grenzübergangs Rafah ausreisen sollten, sei "ein Drittel der Namen Hamas-Mitglieder und -Kämpfer" gewesen.
Unterdessen gingen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon die militärischen Auseinandersetzungen mit der Hisbollah-Miliz weiter. Die israelische Armee traf nach eigenen Angaben "zwei Terroristenzellen" und "einen Beobachtungsposten" der Schiitenmiliz im Libanon. Die Einsätze seien Vergeltung für Mörserangriffe auf israelisches Territorium vom Libanon aus gewesen.
Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel vor vier Wochen gibt es beinahe täglich militärische Konfrontationen auch an der israelisch-libanesischen Grenze. Nach Angaben der Hisbollah wurden dabei 47 Mitglieder der mit der Hamas verbündeten und vom Iran unterstützten Miliz getötet. Es gibt Befürchtungen, dass die Hisbollah eine neue Front zur Unterstützung der Hamas eröffnen und so Libanon in den Krieg hineinziehen könnte.
Bei dem beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel waren israelischen Angaben zufolge rund 1400 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Zivilisten. Zudem verschleppten die Islamisten mehr als 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Als Reaktion startete Israel seine Angriffe in dem dicht besiedelten Palästinensergebiet. Die Zahl der Opfer dort stieg nach Angaben der Hamas vom Samstag, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, auf 9488, darunter 3900 Kinder.
US-Außenminister Blinken hatte sich am Freitag bei einem Besuch in Israel vergeblich für eine humanitäre Feuerpause eingesetzt. Am Samstag traf er sich in Jordanien zunächst mit dem Regierungschef und Außenminister von Katar, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani. Geplant waren zudem Gespräche mit den Außenministern von Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Freitag nach seinen Gesprächen mit Blinken gesagt, ohne eine Freilassung aller von der Hamas verschleppten Geiseln lehne sein Land eine Feuerpause ab.
Blinken will von Jordanien in die Türkei weiterreisen, wie das US-Außenministerium am Samstag mitteilte. Bei dem zweitägigen Besuch in der Türkei wolle der US-Chefdiplomat über mögliche Wege zu einem "dauerhaften und nachhaltigen Frieden im Nahen Osten" sprechen, zu denen "die Einrichtung eines palästinensischen Staates" gehöre.
se/dja