Israel setzt Angriffe auf Hisbollah-Ziele im Libanon fort - Iran verschärft Ton
Nach ihrem Angriff auf das Hauptquartier der Hisbollah im Süden von Beirut hat die israelische Armee weitere Ziele der pro-iranischen Miliz ins Visier genommen. Bei einem Luftangriff im Südlibanon seien mehrere hochrangige Kommandeure der Miliz getötet worden, darunter der Kommandeur der Hisbollah-Raketeneinheit im Südlibanon, Muhammad Ali Ismail, teilte die israelische Armee am Samstag mit. US-Präsident Joe Biden wies das Pentagon inzwischen an, die US-Streitkräfte im Nahen Osten "bei Bedarf" anzupassen. Derweil verschärfte der Iran den Ton gegenüber Washington.
Wie die israelische Armee im Onlinedienst Telegram erklärte, wurden bei einem Luftangriff im Südlibanon der dortige Kommandeur der Hisbollah-Raketeneinheit, Muhammad Ali Ismail, sowie dessen Stellvertreter getötet. Zudem seien "andere Hisbollah-Kommandeure und Terroristen ausgeschaltet" worden. Namentlich nannte die israelische Armee außer Ismail zudem den Hisbollah-Kommandeur Ibrahim Muhammad Kabisi.
Ismail sei "für zahlreiche Terrorakte verantwortlich" gewesen, hieß es weiter. Dazu gehörten "der Abschuss von Raketen auf das Gebiet des Staates Israel und der Abschuss einer Boden-Boden-Rakete auf das Zentrum des Landes am Mittwoch". Die Hisbollah hat die Angaben zunächst weder bestätigt noch dementiert.
Auch in Beirut setzte die israelische Armee ihre Angriffe fort. Aufnahmen der Nachrichtenagentur AFP zeigten am Samstag weitere Angriffe auf die als Hisbollah-Hochburg geltenden südlichen Vororte von Beirut. Der Hisbollah-Sender Al-Manar sprach von "aufeinanderfolgenden" Angriffen auf mindestens fünf Gebiete in den südlichen Vororten. Die offizielle libanesische Nachrichtenagentur NNA meldete bisher elf neue israelische Angriffe.
Ihre weiteren "gezielten Angriffe" am Samstag galten nach Angaben der israelischen Armee in Wohnhäusern gelagerten Waffenarsenalen der Hisbollah "in einem südlichen Vorort von Beirut". In einer von ihrem Medienbüro verbreiteten Mitteilung bestritt die Hisbollah die Vorwürfe. An diesen "falschen Behauptungen" sei "nichts dran", erklärte die Schiitenmiliz.
Aus der Miliz nahestehenden Kreisen hieß es, dass "ein neuer israelischer Angriff" das Viertel Lajlaki im Süden Beiruts getroffen habe. Die israelische Armee hatte den Angriff in dem Gebiet zuvor angekündigt und die Bewohner aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Nach den Evakuierungsaufforderungen flohen in der Nacht zu Samstag Hunderte von Familien aus den südlichen Vororten von Beirut, wie AFP-Journalisten berichteten.
Die Armee erklärte, sie werde es nicht zulassen, dass der Iran über den Flughafen von Beirut Waffen an seinen Verbündeten Hisbollah liefere. Israelische Kampfjets seien bereit einzugreifen, falls ein solcher Waffentransfer entdeckt werde. Die zweite Angriffswelle galt demnach Hisbollah-Zielen in der Gegend von Tyrus im Südlibanon.
Laut einer der Hisbollah nahestehenden Quelle wurden bei der ersten Angriffswelle in Beirut sechs Gebäude zerstört. Nach jüngsten libanesischen Angaben wurden bei dem Angriff sechs Menschen getötet und 91 weitere verletzt.
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte, der Angriff habe "das zentrale Hauptquartier" der Hisbollah getroffen. Israelischen Medienberichten zufolge galt der Angriff in der libanesischen Hauptstadt Hassan Nasrallah.
Unbestätigten Angaben der Miliz zufolge ist der Hisbollah-Chef "wohlauf". Nach den Angriffen in Beirut erklärte die Hisbollah, sie habe "zur Verteidigung des Libanon und seines Volkes" weitere Raketen auf Israel abgefeuert.
Bereits vor einer Woche hatte die israelische Armee der Hisbollah-Kommandostruktur einen schweren Schlag zugefügt. Bei einem israelischen Luftangriff in einem Vorort von Beirut wurde am 20. September außer dem Chef der Eliteeinheit Radwan, Ibrahim Akil, auch deren ranghoher Kommandeur Ahmed Mahmud Wahbi getötet. Die Hisbollah bestätigte den Tod von 16 ihrer Kommandeure bei dem Luftangriff. Den ranghöchsten Hisbollah-Kommandeur, Fuad Schukr, hatte Israel bereits im Juli bei einem Angriff in Beirut getötet.
Rund ein Jahr nach dem brutalen Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober spitzt sich auch der Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah im Libanon deutlich zu. Israel reagiert seit Anfang der Woche mit massiven Luftangriffen im Libanon auf den Dauerbeschuss der Schiitenmiliz seit dem 8. Oktober. Die Hisbollah ist mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verbündet, die mit ihrem beispiellosen Großangriff auf Israel vom 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte.
Angesichts der weiteren Eskalation wies US-Präsident Joe Biden nach Angaben des Weißen Hauses das Pentagon an, "die US-Streitkräfte in der Region zu bewerten und gegebenenfalls anzupassen, um die Abschreckung zu verstärken, den Schutz der Streitkräfte zu gewährleisten und das gesamte Spektrum der US-Ziele zu unterstützen". Biden hatte zuvor mit Blick auf die israelischen Angriffen in Beirut gesagt, dass die USA davon "keine Kenntnis" gehabt hätten. Sie seien "auch nicht daran beteiligt" gewesen.
Dennoch beschuldigte der Iran Washington der "Komplizenschaft der USA an den Verbrechen" Israels. Diese könne "nicht ignoriert" werden, sagte Irans Außenminister Abbas Aragtschi am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, wobei er auf die militärische Unterstützung der USA für seinen engen Verbündeten Israel verwies.
Experten zufolge hat Teheran zwar kein Interesse an einer direkten Konfrontation in dem Konflikt. Doch nach den israelischen Angriffen in Beirut erklärte die dortige iranische Botschaft: "Dieses verwerfliche Verbrechen (...) stellt eine gefährliche Eskalation dar, die die Spielregeln verändert."
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