Israel setzt Angriffe auf Libanon fort
Israel hat seine Angriffe auf Teile des Libanon fortgesetzt. Wie aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, traf die Armee in der Nacht auf Mittwoch ein "Lager" im 20 Kilometer südlich von Beirut gelegenen Küstenort Saadijat, AFP-Korrespondenten berichteten über Explosionen. Unterdessen bestätigte die Hisbollah-Miliz die Tötung eines weiteren hochrangigen Kommandeurs. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte den iranischen Staatschef Massud Peseschkian auf, seinen Einfluss für eine Deeskalation geltend zu machen.
Am Mittwochmorgen berichtete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur Ani über weitere israelische Angriffe. Seit 05.00 Uhr Ortszeit (04.00 Uhr MESZ) hätten "feindliche Kriegsflugzeuge" mehrere Gebiete im Süden des Libanon angegriffen, auch in den Nachtstunden hätten Angriffe stattgefunden. Dabei seien auch Menschen zu Schaden gekommen, nähere Angaben hierzu machte Ani aber nicht.
Bei israelischen Angriffen am Dienstag war nach Angaben der Hisbollah ihr Kommandeur Ibrahim Mohammed Kobeissi getötet worden. Kobeissi sei "auf dem Weg nach Jerusalem zum Märtyrer geworden", erklärte die pro-iranische Miliz am frühen Mittwochmorgen unter Verwendung des von ihr verwendeten Ausdrucks für von Israel getötete Kämpfer - und bestätigte somit die Angaben des israelischen Militärs.
Die Armee hatte Stunden zuvor mitgeteilt, Kobeissi sei bei einem gezielten Angriff durch Kampfjets im Stadtviertel Dahijeh in Beirut "eliminiert" worden. Auch zwei weitere Kommandeure seiner Einheit seien getötet worden. Kobeissi bezeichnete die israelische Armee als Kommandeur des Raketennetzwerks der Hisbollah. Dem libanesischen Gesundheitsministerium zufolge wurden mindestens sechs Menschen bei dem Angriff getötet und 15 weitere verletzt.
Das israelische Militär hatte am Montag den bisher größten Einsatz gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon seit Beginn des Gaza-Krieges ausgeführt. Rund 1600 Ziele wurden angegriffen, nach Angaben der libanesischen Regierung wurden dabei mindestens 558 Menschen getötet. Am Dienstag startete die israelische Armee eine zweite Angriffswelle. Die Hisbollah feuerte am Dienstag ihrerseits rund 300 Raketen auf Ziele in Israel.
Seit dem beispiellosen Angriff der islamistischen, mit der Hisbollah verbündeten Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel und dem dadurch ausgelösten Krieg im Gazastreifen haben sich die regionalen Spannungen verschärft. Israels Norden steht seitdem unter Dauerbeschuss durch die Hisbollah und reagiert auf die Angriffe mit Gegenangriffen im Libanon.
Am Mittwoch ist eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage im Libanon geplant. Die von Frankreich geforderte Sitzung findet nach Angaben des slowenischen Vorsitzes des Gremiums um 18.00 Uhr Ortszeit (Donnerstag 00.00 Uhr MESZ) im Beisein von UN-Generalsekretär António Guterres statt.
Im Rahmen der UN-Generaldebatte sprachen am Dienstag zahlreiche Staats- und Regierungschefs und Diplomaten zur Lage im Nahen Osten. US-Präsident Joe Biden warnte in New York vor einem "umfassenden Krieg" im Libanon und appellierte an die Konfliktparteien, weiter an einer diplomatischen Lösung zu arbeiten.
Der libanesische Außenminister Abdallah Bou Habib äußerte sich im Nachgang von Bidens Rede enttäuscht. "Es war nicht stark, es ist nicht vielversprechend und es würde das libanesische Problem nicht lösen", sagte Bou Habib bei einer Veranstaltung der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace mit Blick auf Bidens Aussagen. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass sich die USA stärker diplomatisch einbringen. Sie seien "das einzige Land, das im Nahen Osten und mit Blick auf den Libanon wirklich einen Unterschied machen kann".
Der israelische UN-Botschafter Danny Danon erklärte seinerseits am Rande der UN-Generaldebatte, sein Land habe keine Absicht, mit Bodentruppen in den Libanon vorzurücken. "Wir sind nicht darauf erpicht, irgendwo eine Bodeninvasion zu starten", sagte Danon und fügte an: "Wir wollen unsere Jungs nicht in den Kampf in einem fremden Land schicken, aber wir sind entschlossen, die israelische Zivilbevölkerung zu schützen."
Sein Land bevorzuge eine diplomatische Lösung, sagte der UN-Botschafter weiter. Israel werde aber alles Erforderliche tun, damit die zehntausenden seit Monaten von Evakuierungen betroffenen Zivilisten, die seit Monaten wieder in ihre Wohngebiete im Norden Israel zurückkehren könnten.
Am Rande der UN-Generaldebatte rief unterdessen der französische Präsident Macron den iranischen Staatschef Peseschkian bei einem Treffen auf, zur Eindämmung der Gewalt beizutragen.
Macron habe "die Verantwortung des Iran" betont, "eine allgemeine Deeskalation zu unterstützen und seinen Einfluss auf destabilisierende Akteure geltend zu machen", hieß es in einer nach dem Treffen veröffentlichten Mitteilung aus dem Elysée-Palast - eine deutliche Anspielung an die vom Iran unterstützte Hisbollah.
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