Weißes Haus: "Fortschritte" bei Gesprächen in Kairo über Waffenruhe im Gazastreifen
In die Gespräche in Kairo über ein Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen kommt offenbar Bewegung. "Es wurden Fortschritte gemacht", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, am Freitag. Während die israelische Armee weiter gegen Hamas-Ziele vorging, schwindet bei den Geisel-Angehörigen die Hoffnung auf ein Abkommen.
Kirby bezeichnete die am Donnerstagabend in Kairo begonnenen Vorgespräche zu weitergehenden Verhandlungen als "konstruktiv". Nun müssten beide Seiten "zusammenkommen und auf die Umsetzung hinarbeiten", sagte er. Berichte, wonach die Diplomatie "kurz vor dem Zusammenbruch" stehe, seien nicht zutreffend, fügte Kirby hinzu. Seinen Angaben zufolge nimmt auch CIA-Chef William Burns an den Gesprächen teil.
Die israelische Seite wird von den Geheimdienstchefs David Barnea und Ronen Bar in Kairo vertreten. Sie sind nach Angaben von Regierungssprecher Omer Dostri dorthin gereist, um ein Abkommen zur Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen voranzubringen.
Auch die Geheimdienstchefs Ägyptens und Katars nehmen nach Angaben einer ägyptische Quelle an den Gesprächen teil. Die nächste Verhandlungsrunde soll demnach am Sonntag beginnen.
Israel und die Hamas verhandeln nicht direkt miteinander; die USA, Katar und Ägypten treten in den indirekten Gesprächen als Vermittler auf. Das israelische Verhandlungsteam war bereits zu der vorangegangenen Verhandlungsrunde nach Doha gereist, die Hamas hingegen lehnte eine Teilnahme ab und schickte offenbar auch keinen Vertreter nach Kairo.
Die dortigen Gespräche folgen auf den jüngsten ergebnislosen Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in der Region sowie ein Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Angesichts des bereits seit mehr als zehn Monaten andauernden Krieges hatte Biden Netanjahu am Mittwoch dazu gedrängt, rasch zu einer Vereinbarung zu gelangen.
Das geplante Abkommen umfasst neben einer Waffenruhe die Freilassung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der Hamas und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. Einer der Streitpunkt ist jedoch die Dauer der israelischen Armee-Präsenz im Gazastreifen - insbesondere die von Israel beanspruchte dauerhafte Kontrolle des Philadelphi-Korridors.
Israel will damit eine Wiederbewaffnung der Hamas über Tunnelrouten entlang der südlichen Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen unterbinden, um weitere Angriffe auf sein Staatsgebiet wie am 7. Oktober zu verhindern. Die Hamas hingegen fordert Israels vollständigen Rückzug.
Hamas-Vertreter Osama Badran bekräftigte diese Forderung am Freitag. Die Hamas werde "nichts weniger als den Rückzug der Besatzungstruppen (aus dem Gazastreifen), einschließlich Philadelphi" akzeptieren, sagte Badran der Nachrichtenagentur AFP. Netanjahu warf er vor, "keine endgültige Einigung" erzielen zu wollen, deshalb rücke er nicht von seiner Position hinsichtlich des Philadelphi-Korridors ab.
Augenzeugen berichteten am Freitag von Kämpfen im Norden des Gazastreifens sowie von schwerem Beschuss im Süden in Chan Junis sowie nahe der Stadt Rafah. Die israelische Armee erklärte am Freitag, dass ihre Einheiten im Laufe des vergangenen Tages "Dutzende" von Kämpfern in der Gegend von Chan Junis und Deir el-Balah getötet hätten.
Israel geht als Reaktion auf den Hamas-Großangriff vom Oktober massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 40.260 Menschen getötet.
Nach zehn Monaten des Bangens schwindet indes bei vielen Geisel-Familien die Hoffnung auf ein Abkommen zur Rückkehr ihrer Angehörigen aus der Gewalt der Hamas. Eine Einigung werde wohl "nicht so bald zustande kommen", erklärte die Tochter der Hamas-Geisel Ohad Ben Ami, Ella Ben Ami, am Freitag nach einem Treffen mit Netanjahu. "Ich fürchte um das Leben meines Vaters, um die Mädchen, die dort sind, um alle", hieß es in der vom Forum der Geisel-Familien veröffentlichten Erklärung.
Aus dem Libanon wurden derweil acht Tote nach israelischen Luftangriffen gemeldet. Unter ihnen sei auch ein siebenjähriges Kind, erklärte das libanesische Gesundheitsministerium. Die pro-iranische Hisbollah bestätigte den Tod von fünf ihrer Kämpfer. Der israelischen Arme zufolge ist darunter auch der hochrangige Hisbollah-Kommandeur Mohammad Mahmud Nadschem, ein "wichtiger Terrorist der Raketen- und Raketeneinheit der Hisbollah". Seit Beginn des Gaza-Krieges beschießt die Hisbollah Israels Norden nahezu täglich. Israel reagiert darauf mit Angriffen auf Hisbollah-Ziele im Libanon.
In Syrien wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bei israelischen Angriffen auf Stellungen der Armee und Einrichtungen der Hisbollah drei pro-iranische Kämpfer getötet. Rund zehn weitere Kämpfer seien verletzt worden, erklärte die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle, deren Angaben nicht unabhängig überprüft werden können.
bfi