Italienische Unicredit greift an - „Feindliche Übernahme“: Scholz spielt beleidigt, Commerzbank-Chefin braucht gute Story

Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp sollte sich für eine gute Story entscheiden, empfiehlt Storytelling-Profi Veit Etzold.<span class="copyright">dpa, dpa</span>
Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp sollte sich für eine gute Story entscheiden, empfiehlt Storytelling-Profi Veit Etzold.dpa, dpa

Die Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit sorgt für Wirbel. Storytelling-Profi Veit Etzold beleuchtet die Hintergründe und was die Übernahme für die Zukunft bedeuten könnten.

Was ist die Story der Commerzbank Übernahme durch die Unicredit?

Die italienische Unicredit, unter ihrem Vorstand Andrea Orcel, hat der Bundesregierung 11,5 Prozent der Commerzbank Aktien abgekauft und möchte den Anteil auf 21 Prozent erhöhen. Damit ist die Unicredit, der auch bereits die bayerische Hypovereinsbank gehört, jetzt schon der größte Aktionär der Commerzbank nach dem Bund.

Zur Erinnerung: Die Commerzbank wurde 2008, nach der missglückten Übernahme der Dresdner Bank, vom deutschen Staat „gerettet“ und teilverstaatlicht. All das gemäß der Devise:  Im Sozialismus werden die Banken verstaatlicht und gehen dann pleite. Im Kapitalismus ist es umgekehrt.

Anders als bei der Lufthansa, wo der Staat seine Beteiligung nach der Corona-Krise sofort zu Geld machen konnte, wartet die deutsche Regierung noch immer auf einen Käufer, der ihr die Commerzbank Aktien wieder abnimmt. Dieser Käufer ist jetzt tatsächlich gekommen. Das aber ist der Deutschen Regierung auch wieder nicht recht. Pelz waschen, ja. Nass machen, nein. Warum ist das so?

Was ist die Story der Bundesrepublik als größtem Aktionär der Commerzbank?

Die Bundesrepublik, allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz spielt die beleidigte Leberwurst. Um sich gleich auf die Seite der Gewerkschaften zu schlagen, die einen unschönen Stellenabbau bei einer möglichen Fusion fürchten, erteilt er der Übernahme der Commerzbank durch die Unicredit sofort eine Absage und bezeichnete den Aktienerwerb als eine „feindliche Übernahme“.

Hier zeigt sich auch die komplett widersprüchliche Story des Bundeskanzlers und seiner SPD: Ständig für eine stärker verzahnte und integrierte EU-Wirtschaft und auch eine möglichen „Bankenunion“ werben, aber sobald es konkret wird den Schwanz einziehen.

Olaf Scholz' Reaktion auf den Aktienerwerb passt zu seiner sonstigen Art, extrem unklar zu kommunizieren und in seiner Kommunikation, wenn sie denn mal stattfindet, eigentlich immer nur zu reagieren, statt zu agieren. Ich denke aber, was das Thema Storytelling und Olaf Scholz angeht, ist hier wirklich alle Mühe umsonst. Er wird es nicht mehr und will es auch nicht mehr lernen, also Schwamm drüber.

Es geht aber nicht nur um Olaf Scholz. Denn hier darf ich hinzufügen, dass das Finanzministerium sich auch nicht mit Ruhm bekleckert hat. Eigentlich hätte ich von Christian Lindner etwas mehr Finanzmarktexpertise erwartet, dann hätte er gewusst, dass ein strategischer Investor, wie die Unicredit, noch einen Aufschlag auf den Aktienpreis hätte zahlen müssen.

So hat sich der Bund (mal wieder) über den Tisch ziehen lassen gemäß der Ampel Devise: Teuer kaufen, billig verkaufen.

Was ist die Story von Andrea Orcel, dem CEO der Unicredit?

Andrea Orcel, der Chef der Unicredit, war früher Investmentbanker bei Merrill Lynch und fädelte dort 2007 damals eine der größten Bankenfusionen Europas ein: Die Übernahme von ABN Amro durch die Royal Bank of Scotland. Das Ungetüm, was daraus entstand, war zu dieser Zeit nach Bilanzsumme die größte Bank der Welt. Jetzt sollten allerdings auch die Alarmglocken schrillen, denn die Worte „hohe Bilanzsumme“ und „2007“ riechen nach Stress – jedenfalls für Banken und Aufsichtsbehörden. So war es dann auch.

Die Finanzkrise kam und das Ungetüm musste mit viel Steuergeld gerettet werden und die Fusion erschien nicht mehr so intelligent, wie es in den Equity Pitch Books stand.

Was bedeutet das für Orcel? Vielleicht möchte Andrea Orcel jetzt einmal eine Fusion durchführen, die wirklich funktioniert? Im Banking nennt man einen Handel, der einen vorherigen Verlust wieder gutmachen will, einen Redemption Trade – also „Erlösungshandel“. Vielleicht ist es das, was Orcel will: Jetzt sogar als CEO einer Großbank, nicht bloß als Berater im Rahmen eines Investmentbanking Mandats.

Welche Story sollte die neue Chefin der Commerzbank, Bettina Orlopp, erzählen?

Für die Commerzbank ist es zunächst wichtig, sich zu entscheiden, was sie sein will: Juniorpartner der Unicredit oder eigenständige Bank mit (noch) Staatsbeteiligung. Gut ist, dass die Commerzbank mit Bettina Orlopp einen neue Vorstandschefin hat bzw. bekommt, die einerseits die Bank gut kennt, aber auch zur richtigen Zeit da ist, um der Commerzbank eine neue Story zu verpassen – wenn sie es denn tut. Denn derzeit sehe ich das gleiche Phänomen wie bei Volkswagen: Die Medien schreiben sich tot und die zuständigen Führungskräfte wirken, als hätten sie ein Schweigegelübde abgelegt.

Wie könnte eine Story für Bettina Orlopp aussehen? Zunächst gibt es, mit Ausnahme von Jane Fraser bei der Citigroup, kaum Frauen, die Banken leiten. Das differenziert schon einmal. Gleichzeitig könnte sie eine David gegen Goliath Story erzählen und auch die Story von Andrea Orcel mit der gescheiterten RBS ABN Amro Übernahme als Schurkenstory inszenieren. Eine andere Möglichkeit wäre, sich als Retterin des deutschen Mittelstandes zu zeigen, die den deutschen Unternehmen zeigt, dass sie sich besser um sie kümmert als eine italienische Bank.

Selbstverständlich sind auch andere Storys möglich und selbstverständlich ist es durchaus möglich, dass sich auch die Unicredit mit der Commerzbank, ähnlich wie schon bei der Hypovereinbsbank, auch gut um die deutschen Kunden kümmert.

Es geht bei einer Story vor allem darum, proaktiv vor der Welle zu sein, anstatt Spielball der Wellen. Sehr oft sehe ich bei meinen Mandaten bei Equity Storys, das Unternehmen glauben es reicht, wenn Morgan Stanley, Goldman oder einer der Big 4 Wirtschaftsprüfer ein Factbook schreiben, indem irgendwelches Zahlenwerk gezeigt wird. Auch wenn das natürlich wichtig ist, reicht das längst nicht aus, um die Storyhoheit über seine eigene Story zu bekommen.

Medien und auch Menschen lesen und schreiben am liebsten von Menschen. Und da muss der Mensch, bzw. in diesem Fall die Vorstandschefin, ins Rampenlicht mit einer überzeugenden Story. Sonst gilt das, was ich immer predige: Entweder du erzählst eine Story oder andere machen das für dich.