IW-Schätzung: Kosten für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf Rekordhoch

So viele Beschäftigte wie nie, deutlich gestiegene Löhne sowie ein hoher Krankenstand: Die Kosten der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind laut einer Schätzung im vergangenen Jahr auf eine Rekordsumme gestiegen. (KAREN BLEIER)
So viele Beschäftigte wie nie, deutlich gestiegene Löhne sowie ein hoher Krankenstand: Die Kosten der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind laut einer Schätzung im vergangenen Jahr auf eine Rekordsumme gestiegen. (KAREN BLEIER) (KAREN BLEIER/AFP/AFP)

So viele Beschäftigte wie nie, deutlich gestiegene Löhne sowie ein hoher Krankenstand: Die Kosten der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sind laut einer Schätzung im vergangenen Jahr auf eine Rekordsumme von fast 77 Milliarden Euro gestiegen. Damit hätten sich die Kosten binnen 14 Jahren mehr als verdoppelt, erklärte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am Freitag - allerdings nominal, also nicht preisbereinigt.

Das IW beruft sich in der am Freitag veröffentlichen Studie auf Daten des Bundesarbeitsministeriums und der Betriebskrankenkassen. Demnach verzeichnete der Dachverband der Betriebskrankenkassen im Jahr 2010 durchschnittlich 13,2 Kalendertage, an denen beschäftigte Mitglieder ein ärztliches Attest vorlegten - 2022 seien es schon 22,6 Tage gewesen. Eine Stichprobe lege nahe, dass der Krankenstand 2023 kaum gesunken sei.

Der Anstieg des Krankenstands lasse sich auf verschiedene Einflussfaktoren zurückführen, heißt es in der IW-Studie: In alternden Belegschaften sei damit zu rechnen, dass Krankheitsbilder gehäuft auftreten, die mit zunehmendem Alter öfter vorkommen und wie Muskel- und Skeletterkrankungen.

Auch der Anteil der psychischen Erkrankungen an allen Arbeitsunfähigkeitstagen habe kontinuierlich zugenommen; gleichzeitig führten diese zu besonders langwierigen Ausfallzeiten von durchschnittlich 40,4 Kalendertagen. Und schließlich sei bis heute nicht abschließend geklärt, welchen Einfluss die Coronapandemie auf die Krankenstandentwicklung hat.

Der Autor der Studie, Jochen Pimpertz, sprach sich dafür aus, die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung einzuschränken und so "potenziellem" Missbrauch vorzubeugen. Die telefonische Krankschreibung solle nur der Hausarzt oder ein in Deutschland ansässiger Arzt ausstellen dürfen. Bei Atemwegserkrankungen während eines Auslandsurlaubs sollte Beschäftigten der Besuch eines ortsansässigen Arztes "zugemutet werden".

Legen erkrankte Beschäftigte innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Attest vor, wird das Gehalt für bis zu sechs Wochen vom Arbeitgeber weitergezahlt. Diese Bescheinigung kann bei Atemwegserkrankungen vom Arzt auch nach einem Telefonat ausgestellt werden. Dauert die Genesung länger als sechs Wochen, zahlen die Krankenkassen im Anschluss ein Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts - längstens bis Ende der 72. Woche.

Die Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall betrugen für die Arbeitgeber im vergangenen Jahr geschätzt 64,8 Milliarden Euro brutto. Dazu kamen laut IW noch geschätzt 11,9 Milliarden Euro an Sozialversicherungsbeiträgen - insgesamt also 76,7 Milliarden Euro.

ilo/pe