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Jan Böhmermann: Das waren seine größten Aufreger

Wer ist wohl der ZDF-Moderator, über den sich die meisten Zuschauer*innen beschweren? Richtig, es ist natürlich Jan Böhmermann mit seinem "ZDF Magazin Royale". Der erfahrene Provokateur hat schon für so einige Aufregung gesorgt.

Satiriker Jan Böhmermann sorgt mit seinen provokativen aber oft gut recherchierten Sendungen immer wieder für Aufregung. (Bild: Matthias Nareyek/Getty Images)
Satiriker Jan Böhmermann sorgt mit seinen provokativen aber oft gut recherchierten Sendungen immer wieder für Aufregung. (Bild: Matthias Nareyek/Getty Images)

In der Beschwerdeabteilung beim ZDF haben sie inzwischen vermutlich mehrere Ordner alleine für Jan Böhmermann (42). Denn wie der Sender mitteilte, gingen zwei Drittel aller Beschwerden im letzten Berichtszeitraum seit dem 22. November 2022 auf das Konto seiner Satiresendung. Dabei muss man in Betracht ziehen, dass im ganzen Jahr 2021 insgesamt nur 50 Beschwerden bei dem öffentlich-rechtlichen Sender eingingen. Wenn der Intendant keine zufriedenstellende Antwort auf die Beschwerde geben kann, beschäftigt sich der Beschwerdeausschuss des Fernseh- oder Rundfunkrats mit dem Thema. Auch dort polarisiert Böhmermann.

Der Großteil der aktuellen Beschwerden folgte auf eine Sendung des "ZDF Magazin Royale" am 2. Dezember. Allein zu dieser Folge gab es 20 Beschwerden. Doch es ist längst nicht das erste Mal, dass Böhmermann gezielt oder auch unbewusst für große öffentliche Aufregung sorgt.

Böhmermann beleidigt transfeindliche Aktivistinnen

Die Sendung vom 2. Dezember beschäftigt sich mit Transfeindlichkeit. Ein heikles Thema, dass vor allem in rechten Kreisen gerne zur Mobilisierung genutzt wird. Doch auch unter radikalen Feministinnen ist das Thema umstritten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Böhmermann und sein Redaktionsteam genau die richtigen Knöpfe trafen, um einen Beschwerdesturm auszulösen. In der Sendung hatte der Moderator Aktivistinnen wie Alice Schwarzer als "turds" bezeichnet, übersetzt "Kackhaufen". Ein etwas kindisches Wortspiel mit dem eigentlichen Begriff "terfs", der für "trans exkludierende radikale Feminist:innen" steht. Die Quittung waren helle Aufregung in den sozialen Medien - und eben jene 20 offiziellen Programmbeschwerden beim Sender.

Grenzen der Satire: Das Erdogan-Gedicht

Der berüchtigtste Böhmermann-Skandal schlug sogar international Wellen. In seinem "Schmähgedicht" testete der Moderator aus, wie weit Meinungsfreiheit und Satire gehen dürfen. Er beleidigte den türkischen Staatspräsidenten Recap Tayyip Erdogan und dürfte von den heftigen Folgen dann doch selbst ein wenig überrascht worden sein. Sogar die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel musste öffentlich zur "Böhmermann-Affäre" Stellung beziehen. Mit einer zivilen Klage erreichte Erdogan zudem, dass Böhmermann große Teil seines Gedichts nicht mehr öffentlich vortragen darf. Tatsächlich löste das Gedicht den gewünschten Effekt aus: Nachdem die Bundesregierung die Strafverfolgung nach der Anklage durch die türkische Regierung zugelassen hatte, gab es eine breite öffentliche Debatte um den Schutz der Meinungsfreiheit.

Versteckte Kamera im Nachbarland: "Ibiza-Affäre"

Internationale Auswirkungen hatte auch die sogenannte "Ibiza Affäre". Inwieweit die "Magazin Royale"-Redaktion tatsächlich an der Umsetzung der versteckten Kameraaufnahmen des österreichisches Vizekanzler Heinz-Christian Strache beteiligt war, ist bis heute unklar. Sicher ist aber, Böhmermann hatte vorab Kenntnis des Videos und die Veröffentlichung führte schließlich zum Zerfall der österreichischen Regierungskoalition. In dem Video ist dokumentiert, wie Strache sich mit FPÖ-Klubobman Johann Gudenus mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte in einer Villa auf Ibiza trifft. Dort plaudern beide ungehemmt über ihre Bereitschaft zur Korruption und die Übernahme von unabhängigen Medien in Österreich. 2021 wurde die "Ibiza-Affäre" als vierteiliger Politthriller von Sky verfilmt.

Varoufake: Spiel mit der Glaubwürdigkeit

Fake oder kein Fake? Dieses Thema beschäftigte die Medienlandschaft im Jahr 2015, nachdem ein Clip des ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis im deutschen Fernsehen zu sehen war, in dem er vermeintlich den Mittelfinger zeigt. Nachdem er auf Nachfrage von ARD-Moderator Günther Jauch empört behauptete, er habe so eine Geste nie gemacht, enthüllte Böhmermann in seiner Vorgänger-Show "Neo Magazin Royale", für das Fake-Video verantwortlich gewesen zu sein. Doch dann sorgte er für vollständige Verwirrung, als er das Fake-Video seinerseits zum Fake erklärte. Für dieses Verwirrspiel mit der Glaubwürdigkeit von scheinbarem Beweismaterial und der Recherche-Gründlichkeit von Redaktionen erhielt Böhmermann 2016 den Grimme-Preis.

Verafake: Spiel mit dem Reality-TV

Nicht international, dafür aber ein großer Aufreger war auch die Fake-Aktion, die Böhmermann und sein "Neo Magazin Royale"-Team im Jahr 2016 planten. Sie schafften es, zwei Schauspieler in die RTL-Reality-Show "Schwiegertochter gesucht" einzuschleusen. Was folgte, war eine komplette Demontage des Konzepts Reality-TV, das auf den Schultern oft ahnungsloser Teilnehmer*innen ausgetragen wird. Der Sender räumte Fehler ein und auch Moderatorin Vera Int-Veen bekam heftige Kritik an dem Format zu hören.

Rappender Polizistensohn: "Ich hab Polizei"

Musik gehört nicht nur durch die Studioband zum festen Konzept von Böhmermanns Sendungen. Immer wieder hat er deutsche Stars zu Gast, oft performt er auch selbst Stücke, wie bei seiner "History of German Rap" (die er zugegebenerweise bei seinem US-Kollegen Jimmy Fallon abgekupfert hatte). Nie machte er das allerdings so erfolgreich, wie bei seinem Rap-Song "Ich hab Polizei". In dem hochwertig produzierten Musikvideo nimmt er nicht nur das Gemackere deutscher Rapper, sondern durchaus auch die deutsche Polizei aufs Korn. Das Pseudonym "POL1Z1STENS0HN" kommt nicht von ungefähr, tatsächlich war Böhmermanns früh verstorbener Vater Polizeibeamter. Der Böhmi-Gangsterrap schaffte es auf hitverdächtige 38 Millionen Youtube-Clicks.

Polizei am Pranger Teil II

Vielleicht liegt es an seiner persönlichen Beziehung zur Polizei, dass Böhmermann immer mal wieder das Verhalten deutscher Polizisten unter die Lupe nimmt. Besonders bei einem Thema hatte seine Recherche auch direkte Auswirkungen. Das Investigativ-Team rund um das "ZDF Magazin Royale" beschäftigte sich monatelang mit der Verfolgung von Hassverbrechen im Internet. Die erschreckende Erkenntnis: Es gibt so gut wie keine Folgen, in vielen Bundesländern müssen Betroffene im besten Fall mit Desinteresse rechnen. Einige Polizeistellen nahmen die Anzeigen gar nicht erst auf. Die Recherchen führten dazu, dass in Bremen und Sachsen-Anhalt interne Ermittlungen der Polizei wegen möglicher Strafvereitelung eingeleitet wurden.

Seichter Deutschpop: "Menschen Leben Tanzen Welt"

Eine ganz andere Musiksparte als den Gangsterrap nahm sich Böhmermann mit diesem Song vor. Die Parodie richtete sich gegen die Deutschpophits aus der Konserve. Um die Austauschbarkeit zu unterstreichen, ließ der Moderator den Song "Menschen Leben Tanzen Welt" von fünf Schimpansen aus dem Gelsenkirchener Zoo "schreiben". Diese reihten willkürlich Slogans und Schlagwörter aus Kalendern oder Werbeclips aneinander. Heraus kam ein zum verwechseln ähnlich klingender Popsong, der es fast an die Spitze der deutschen Charts geschafft hätte, Böhmermanns erklärtes Ziel. Das Youtube-Video des Sinnlos-Songs hat immerhin mehr als 4,3 Millionen Views gesammelt.

Das FDP-RAF-Plakat

Wenn Böhmermann eines kann, dann ist das gezielte Provokation. Und so war es alles andere als erstaunlich, dass die Politik darauf ansprang, als er per Fahndungsplakat nach der "Lindner/Lehfeldt-Bande" suchen ließ. Denn das Plakat war im Stile des wohl bekanntesten Polizeiaufrufs der deutschen Geschichte gestaltet: Den Fahndungsplakaten aus den 70er Jahren nach Mitgliedern der RAF.

Auf seinem Twitter-Account teilte Böhmermann das umstrittene Plakat.

Unter den 19 schwarz-weißen Porträts befanden sich neben FDP-Chef Christian Lindner auch Wolfgang Kubicki, Comedian Dieter Nuhr, "Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt und der Virologe Hendrik Streeck. Das FDP-RAF-Plakat sorgte nicht nur in den Sozialen Medien für Aufruhr. Mehrere Politiker äußerten sich dazu und nannten die Satire-Aktion "maximal geschmacklos". Böhmermann ging es mit der Provokation um die vorschnelle Gleichsetzung von unliebsamen politischen Gegnern mit linken Terroristen, wie sie etwa immer wieder auf Querdenker-Demos zu finden ist.

Ausgeinfluenced: Fynn Kliemann

Bei manchen seiner Aktionen ist Böhmermann die Freude an der Demontage eines Kontrahenten nahezu anzusehen. Wohl kaum einmal war dies so eindeutig der Fall, wie bei Fynn Kliemann. Der großspurige Kliemann, der als Musiker und DIY-Youtuber ein kleines Influencer-Imperium im "Kliemannsland" aufgebaut hatte, wurde von den Recherchen der "ZDF Magazin Royale"-Redaktion zu Fall gebracht. In der zuvor bereits angekündigten Sendung ging es zunächst noch recht harmlos mit den vielen Geschäftsmodellen Kliemanns los, bevor Böhmermann sich dann den dubiosen Maskendeals des Influencers widmete. Nachdem dieser erst in eine eher hilflose Gegenattacke überging, musste er sich kleinlaut entschuldigen und verlor zahlreiche Partnerschaften. Die Ermittlungen wurden schließlich gegen Zahlung einer Geldstrafe von 20.000 Euro eingestellt.