Japan ist für seine Diplomatie bekannt – aber wird nun sehr konkret, was mögliche Angriffe aus Russland und China angeht
Die jüngste Strategieüberprüfung Japans nennt China, Nordkorea und Russland als Bedrohungen für die japanische Sicherheit.
Überprüfung deutet auf eine Neuausrichtung Japans hin
Das ist kaum eine Enthüllung. Aber es ist eine Veränderung im Vergleich zu früheren Jahren, in denen die japanische Regierung eher zurückhaltend war, wenn es darum ging, potenzielle Feinde öffentlich zu benennen. Tatsächlich könnte das Motiv für den "Defense of Japan Report 2024" darin liegen, die japanische Öffentlichkeit auf höhere Verteidigungsausgaben und die Möglichkeit eines Krieges vorzubereiten.
"Die größte Veränderung liegt in der Beschreibung des regionalen Sicherheitsumfelds", sagte Nicholas Szechenyi, Japan-Experte am Center for Strategic and International Studies, zu Business Insider US (BI).
"Anstelle vager Verweise auf 'Veränderungen des Status quo durch Gewalt' bezieht sich das Strategiepapier nun expliziter auf chinesischen Druck und die Bedrohung durch Nordkorea. Klarere Aussagen zu den Bedrohungen der nationalen Sicherheit Japans werden sich als entscheidend erweisen, wenn die Regierung um öffentliche Unterstützung für einen ehrgeizigen Plan für Verteidigungsausgaben wirbt."
Die Überprüfung ist Teil einer Neubewertung der nationalen Bedürfnisse Japans angesichts der wachsenden Bedrohung durch seine hochgerüsteten Nachbarn, insbesondere China. Japan behält sich sein Militär nur zur Selbstverteidigung vor und hat es seit der Niederlage im Zweiten Weltkrieg vermieden, in einen bewaffneten Konflikt einzutreten.
China und Nordkorea bedrohen Japan
Der Bericht von 2024, von dem nur eine Zusammenfassung veröffentlicht wurde, enthält weitere Details über die chinesische Bedrohung Japans, einschließlich gemeinsamer chinesisch-russischer Übungen. China habe "gemeinsame Flugübungen von Bombern und Seestreitkräften mit Russland in der Nähe Japans durchgeführt", heißt es in dem Dokument. "Diese wiederholten gemeinsamen Aktivitäten sind eindeutig eine Machtdemonstration gegen Japan und aus Sicht der nationalen Sicherheit Japans äußerst besorgniserregend".
Das Verteidigungsministerium stellte auch die Rechtmäßigkeit der chinesischen Operationen im Südchinesischen Meer infrage, das China trotz eines gegenteiligen Urteils eines internationalen Gerichts als seine Hoheitsgewässer beansprucht. "China hat seine Aktivitäten im Südchinesischen Meer auf der Grundlage von Behauptungen intensiviert, die im Widerspruch zur bestehenden Seerechtsordnung stehen, und treibt die Errichtung von Militärstützpunkten voran", heißt es in dem offiziellen Dokument.
"Solche Aktionen, die eine einseitige Änderung des Status quo mit Gewalt vorantreiben und zu einer vollendeten Tatsache machen, sind für Japan sehr besorgniserregend."
Das Dokument hebt auch die nuklearen und ballistischen Raketenkapazitäten Nordkoreas hervor, darunter Interkontinentalraketen, nuklear bestückte Marschflugkörper und Hyperschallwaffen. "Nordkorea konzentriert sich auf die qualitative Verbesserung seiner Nuklear- und Raketenfähigkeiten, wie die Diversifizierung seiner Ausrüstungssysteme und den Erwerb von Aufklärungs-, Überwachungs- und Aufklärungsmitteln (ISR), die seine Nuklear- und Raketenfähigkeiten ergänzen", heißt es in dem Dokument.
Japans Militär steht vor herausfordernden Veränderung
In dem Dokument von 2024 bekräftigt die japanische Regierung ihr Bekenntnis zum Verteidigungsentwicklungsplan von 2022. Der Plan ist ein Fünfjahresprogramm, das die Entwicklung von Abwehrraketen vorsieht, um einen chinesischen Amphibienangriff auf die umstrittenen Inseln und das japanische Festland abzuwehren. Der 43 Billionen Yen (267 Milliarden Euro) teure Plan sieht auch die Entwicklung von Hyperschallraketen und Drohnen wie amphibische Landungsroboter vor.
Neben externen Bedrohungen und neuer Ausrüstung wird in dem Papier ein entscheidender Bedarf der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte hervorgehoben: mehr Personal. Während die Streitkräfte in vielen Industrienationen Schwierigkeiten haben, Personal zu rekrutieren, ist das Problem in Japan besonders akut.
Dort haben stark sinkende Geburtenraten und Einwanderungsbeschränkungen dazu geführt, dass fast 30 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt sind. Zudem gilt der Wehrdienst in einer Wirtschaft mit einer Arbeitslosenquote von nur 2,5 Prozent als wenig attraktiv.
Das Papier verspricht zwar, dass die japanische Armee die Gehälter und Arbeitsbedingungen verbessern wird. Experten sind jedoch nicht davon überzeugt, dass dies das Problem lösen wird.
"Es gibt andere Dinge, die das Verteidigungsministerium tun muss, wie zum Beispiel die Reservekomponente auszuweiten, was durch eine Anpassung des Rekrutierungssystems und eine bessere Integration mit der aktiven Komponente erreicht werden kann", sagte Ryo Hinata-Yamaguchi, ein Adjunct Senior Fellow bei der in Honolulu ansässigen Denkfabrik Pacific Forum, zu Business Insider. "Das Problem ist, dass solche Änderungen Anpassungen in der Gesetzgebung und auch verschiedene Vereinbarungen mit dem zivilen Sektor erfordern."
Michael Peck ist ein auf Verteidigungsfragen spezialisierter Journalist, dessen Artikel unter anderem in Forbes, Defense News und Foreign Policy Magazine erschienen sind. Er hat einen Master-Abschluss in Politikwissenschaften der Rutgers University. Folgt ihm auf Twitter und LinkedIn.
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.