Werbung

Japan feiert Thronbesteigung von Kaiser Naruhito

Nach dem Gebet verlässt Kaiser Naruhito den heiligen Schrein «Kashikodokoro».
Nach dem Gebet verlässt Kaiser Naruhito den heiligen Schrein «Kashikodokoro».

Kimonos in jahrhundertealtem Stil, mythenbehaftete Insignien und ein imposanter Thron: Würdenträger aus aller Welt werden in Japan Zeuge einer historischen Zeremonie zur Thronbesteigung des neuen Kaisers Naruhito. Auch Bundespräsident Steinmeier zeigt sich beeindruckt.

Tokio (dpa) - Japans neuer Kaiser Naruhito hat in einer von uralten Traditionen geprägten Palastzeremonie den Wechsel auf dem Thron der ältesten Erbmonarchie der Welt verkündet.

Gefolgt von drei donnernden «Banzai»-Hochrufen auf den Kaiser versicherte der 59-jährige Monarch in Anwesenheit von rund 2000 Würdenträgern aus dem In- und Ausland, im Einklang mit der Verfassung seine Verantwortung als «Symbol des Staates und der Einheit des Volkes» Japans zu erfüllen. Er werde immer für das Glück des Volkes und Frieden in der Welt beten, sagte er am Dienstag von seinem 6,5 Meter hohen überdachten Thron herab.

Die nur 30 Minuten dauernde Zeremonie namens «Sokuirei Seiden no gi» (Zeremonie zur Thronbesteigung des Kaisers) entspricht den Krönungsfeiern in anderen Ländern. Sie war Höhepunkt einer Reihe von Thronfolge-Ritualen, die im Mai begonnen hatten, als Naruhito die Nachfolge seines abgedankten 85-jährigen Vaters Akihito antrat. Eine ursprünglich geplante Parade des Kaiserpaares in einem offenen Wagen durch die Hauptstadt wurde aus Rücksicht auf die Opfer einer kürzlichen Taifun-Katastrophe auf den 10. November verschoben. Würdenträger aus rund 190 Ländern und von internationalen Organisationen verfolgten die Zeremonie von Räumen und Gängen des Palastes aus.

Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender zeigten sich beeindruckt von dem historischen Ereignis. «Da verbindet sich Geschichte, Tradition, die Freude über die Thronbesteigung des neuen Kaiserpaares, aber eben auch viel Hoffnung auf Zukunft», sagte Steinmeier. Zu den Gästen gehörten auch Prinz Charles von Großbritannien, König Felipe von Spanien, Fürst Albert von Monaco, Schwedens König Carl Gustav, der niederländische König Willem-Alexander sowie der norwegische Kronprinz Haakon.

Eine letzte, religiöse Zeremonie, das «Daijosai», findet nächsten Monat statt. Dabei dankt der Kaiser in einem Schrein der Sonnengöttin Amaterasu Omikami, deren direkter Nachfahre er den Mythen zufolge ist, für die Reisernte. Dort wird sich der Kaiser - im Geiste - mit der Göttin allein in einem Raum aufhalten, wo sich ein Bett befindet. Erst danach ist er endgültig in die Reihe der Kaiser aufgenommen.

Wegen Regens musste das eigentlich auf dem Hof des Palastes geplante farbenprächtige Arrangement aus Bogen- und Schwertträgern, Trommlern und Gong-Spielern in die Innenräume des Palastes verlegt werden. Im Verlaufe der Zeremonie, die mit einem Gong-Schlag begann, kam jedoch kurz die Sonne heraus. Der in einer braun-orangenen Robe im Stile des 9. Jahrhunderts gekleidete Kaiser entzog sich zunächst den Blicken hinter dem Vorhang seines achteckigen «Takamikura»-Throns. Seine in einem prachtvollen, aus zwölf Lagen bestehenden höfischem Kimono gekleidete Gemahlin, Kaiserin Masako (55), nahm auf ihrem daneben stehenden «Michodai»-Thron Platz, ebenfalls hinter einem Vorhang.

Beamte des Haushofamtes legten zwei der kaiserlichen Throninsignien neben dem Thron des Kaisers ab: ein Schwert sowie die sogenannten Krummjuwelen, die das Kaiserhaus der Sage nach von der Sonnengöttin Amaterasu Omikami erhalten hat. Die Legende will es, dass der Ururenkel Amaterasus, Jimmu-Tenno, angeblich im Jahre 660 vor Christus das Yamato-Reich gründete und damit der erste Kaiser Japans wurde. Naruhito ist demzufolge der inzwischen 126. Tenno.

Niemand, selbst der Kaiser nicht, darf einen Blick auf die Throninsignien werfen, die sich in Schutzhüllen befinden. Ihr Inhalt ist dazu zu heilig. Dann wurden die Vorhänge geöffnet und das Kaiserpaar erhob sich. In der Hand hielt der Monarch einen Zeremonialstab. Ein Hofbeamter nahm ihm den Stab ab, und der Oberhofmarschall überreichte dem Kaiser einen Redetext. Naruhito öffnete den Text und verlas seine Rede. Kurz darauf hielt der rechtskonservative Ministerpräsident Shinzo Abe eine kurze Rede.

Am Ende ließ Abe den Kaiser mit einem dreimaligen «Banzai» (Zehntausende Jahre) hochleben. Die Anwesenden stimmten ein. Zum Schluss dröhnten Salutschüsse aus Kanonenrohren des japanischen Militärs durch den Palast - ein krasser Kontrast zum rhythmischen Rascheln der steifen, antiquierten Roben, in denen die höfischen Würdenträger langsam zum Thronraum schritten. Am Ende wurde der Vorhang des kaiserlichen Throns geschlossen, womit die Zeremonie endete.

Bei strömendem Regen hatte der Monarch am Morgen (Ortszeit) zunächst die Shinto-Schreine namens «Kashikodokoro», «Koreiden» und «Shinden» aufgesucht. Bei dieser religiösen Zeremonie teilte Naruhito den Gottheiten mit, dass er am Nachmittag den Würdenträgern aus aller Welt den Antritt seiner Regentschaft verkünden werde. Sie trägt den Devisenamen «Reiwa» (schöne Harmonie). Der Kaiser ist laut der pazifistischen Nachkriegsverfassung auf die Rolle als Symbol des Staates beschränkt. Zu politischen Fragen darf er sich nicht äußern.

Einige Kritiker sehen hinter der kurzen Thronfolgezeremonie, für die ein Großaufgebot von 26.000 Polizisten abgestellt wurde, die Absicht der erzkonservativen Regierung Abe, Zustimmung im Volk zu gewinnen. Zu diesem Anlass verfügte sie auch die Begnadigung von 550.000 Kleinkriminellen und erklärte den Tag zum Feiertag.

Kritiker beklagen, dass die meisten Zeremonien zum Kaiserwechsel trotz ihres teils religiösen Inhalts von der Regierung als staatlich eingestuft werden. Denn die japanische Nachkriegsverfassung schreibt eine strikte Trennung von Staat und Religion vor. Umgerechnet 132 Millionen Euro kosten den Steuerzahler die Thronfolgezeremonien.

Naruhito ist der Repräsentant eines moderneren, offeneren Hofes. Er will den volksnahen Stil seines Vaters Akihito fortführen. Während dieser noch von anderen aufgezogen worden war, wurde Naruhito von den eigenen Eltern erzogen. Auch ist er der erste Kaiser Japans, der im Ausland - in Oxford - studierte. Seit jungen Jahren fühlt er sich auch der deutschen Kultur durch die Literatur und Kultur verbunden.

Er heiratete die damalige Karrierebeamtin im Außenministerium und Absolventin der Universitäten Harvard und Oxford, Masako Owada. Seit 15 Jahren erholt sie sich offiziell von einer «Anpassungsstörung», die vom Stress ihres Amtes am Hofe herrühre. Beobachter sehen dahinter vor allem den lange Zeit auf ihr lastenden Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären. Masako brachte Tochter Aiko zur Welt, doch Frauen ist der Thron bislang verwehrt.