"Jeffrey Epstein: Stinkreich": Neue Enthüllungen und Fragezeichen

Die Freundschaft zwischen Jeffrey Epstein (l.) und Prinz Andrew ist ebenfalls Bestandteil der Netflix-Doku. (Bild: [M] imago images/ZUMA Press / Keith Mayhew/Landmark Media/ImageCollect)
Die Freundschaft zwischen Jeffrey Epstein (l.) und Prinz Andrew ist ebenfalls Bestandteil der Netflix-Doku. (Bild: [M] imago images/ZUMA Press / Keith Mayhew/Landmark Media/ImageCollect)

Nach "Surviving R. Kelly" und "Leaving Neverland" sorgt die nächste Dokumentation über vermeintliche sexuelle Übergriffe prominenter Persönlichkeiten für Fassungslosigkeit. In der vierteiligen Netflix-Produktion "Jeffrey Epstein: Stinkreich" (seit 27. Mai) befasst sich die Macherin Lisa Bryant mit dem US-amerikanischen Investmentbanker (1953-2019), dessen Leben, Machenschaften, Beziehungen und nicht zuletzt sein Tod noch immer unzählige Fragen aufwerfen. Um die Beantwortung der dringendsten von ihnen ist die Enthüllungsdoku bemüht, etwa jene, welche Rolle nun der Epstein-Vertraute Prinz Andrew (60) bei alledem spielte.

Geld = Macht = Freiheit

Zu Beginn der Doku wird zunächst aufgezeigt, wie Epstein sein millionenschweres Vermögen anhäufte und infolgedessen Kontakte in die High Society knüpfte, zu denen etwa der ehemalige US-Präsident Bill Clinton (73) und der inzwischen amtierende Präsident Donald Trump (73) zählen. Beziehungen und sein Geld habe Epstein genutzt, um jahrzehntelang unbescholten Sexualverbrechen begehen zu können. Selbst, als er sich 2008 der Prostitution Minderjähriger für schuldig erklärte, kam er aufgrund eines dubiosen Deals mit einer lächerlichen Freiheitsstrafe davon, suggeriert die Doku.

Denn wofür ein anderer wohl ein Leben lang hinter Gitter gewandert wäre, erhielt Epstein dank der später als "Sweetheart Deal" bezeichneten Übereinkunft mit dem Staatsanwalt 18 Monate Haft, von denen er 13 absitzen musste. Davon war es ihm nach nur drei Monaten bereits erlaubt, das Gefängnis für bis zu zwölf Stunden pro Tag zu verlassen. Durch den "Missbrauch von Macht und Geld", wird Anwalt Brad Edwards in der Doku zitiert, habe Epstein ein "Pyramidensystem der Belästigung" erschaffen, bei dem sich die mächtigsten Mitglieder stets gegenseitig vor der gerechten Strafe schützten. So auch Prinz Andrew?

Welche Rolle spielt der Sohn der Queen?

Auch die Freundschaft zwischen Jeffrey Epstein und Prinz Andrew wird in der Doku behandelt. Eine Frau namens Virginia Roberts-Guiffre gibt an, über Epstein und die Unternehmerin Ghislaine Maxwell mit dem Royal bekanntgemacht worden zu sein, als sie 17 Jahre alt war. Daraufhin habe Maxwell zu ihr gesagt: "Du musst für ihn [Prinz Andrew, Anm. d. Red.] das Gleiche tun, was du auch für Jeffrey machst." Unmittelbar nach diesem Satz, so Roberts-Guiffres Vorwurf, sei sie von Prinz Andrew missbraucht worden.

Auch berichtet Roberts-Guiffre von einem perfiden Ratespiel, das bei ihrem ersten Treffen mit Prinz Andrew gespielt worden sei: "Was glaubst du, wie alt diese Virginia ist?", habe Maxwell von dem Royal wissen wollen. Der habe daraufhin korrekt 17 geraten und gesagt: "Meine Töchter sind fast genauso alt." Prinz Andrew oder eines seiner Familienmitglieder kommen in der Sendung nicht zu Wort, um sich zu rechtfertigen. Laut der Macherin der Doku habe das britische Königshaus jedwede Anfrage auf Interviews in Hinsicht auf diese massiven Vorwürfe abgelehnt.

Epsteins mysteriöser Tod

Im Juli des vergangenen Jahres wurde Epstein aufgrund neuer Ermittlungen verhaftet. Zwischen 2002 und 2005 soll er gemeinsam mit Maxwell einen Sexhandelsring betrieben haben. Hunderte minderjährige Mädchen seien dadurch zur Prostitution gezwungen und sexuell missbraucht worden. Doch zu einem Prozess, der eigentlich im Juni dieses Jahres beginnen sollte, kam es nie. Kurz nach seiner Verhaftung wurde Epstein tot in seiner Zelle gefunden.

"Jeffrey Epstein: Stinkreich" geht der Frage nach Epsteins mysteriösen Tod nach und wirft neue Fragen auf. Hat sich Epstein umgebracht? Oder wurde er ermordet? Letztere Theorie findet in der Doku in Person des Pathologen Cyril Wecht einen vermeintlichen Fürsprecher. Festgestellte Frakturen am Leichnam würden in seinen Augen dagegen sprechen, dass Epstein Suizid begangen habe. Eine Frau namens Chauntae Davies, die selbst Vorwürfe gegen Epstein erhebt, glaubt an eine Verschwörung: "Ich bin mir sicher, dass viele ihn tot sehen wollten. Er hatte jede Menge Informationen über Menschen" - mächtige Menschen, mutmaßt sie in der Serie.

Besteht für die Opfer Hoffnung auf Gerechtigkeit?

Weil Epstein kurz vor seinem Tod all sein Geld einem Fonds vermacht hat, bestehe für seine Opfer kaum Aussicht auf finanzielle Entschädigung, heißt es in "Jeffrey Epstein: Stinkreich". Was den Geschädigten noch bleibe, sei die Hoffnung, dass Epsteins 2008 geschlossener "Sweetheart Deal" gekippt wird. Denn dieser schützt bis dato alle vermeintlichen Epstein-Komplizen vor juristischer Verfolgung - wie etwa Ghislaine Maxwell, mit der er den Sexring betrieben haben soll.