Jung bleiben statt alt werden - Lebensverlängernde Geheimnisse: Ein Profi packt über Blue Zones aus

Während einige bereits in ihren 40ern Alterserscheinungen bemerken, bleiben andere bis ins hohe Alter fit und vital.<span class="copyright">Getty Images/ Jonathan Gelber</span>
Während einige bereits in ihren 40ern Alterserscheinungen bemerken, bleiben andere bis ins hohe Alter fit und vital.Getty Images/ Jonathan Gelber

Mit jedem Tag ein Stück jünger fühlen – klingt wie ein Traum? Longevity-Spezialist Gerd Wirtz teilt sein Wissen darüber, wie wir den Alterungsprozess beeinflussen können. Entdecken Sie, welche Rolle Gene spielen und welche Lebensstiländerungen wirklich zählen.

Was sind die wichtigsten körperlichen Veränderungen, die mit dem Altern einhergehen?

Altern ist ein natürlicher Prozess, der sich auf vielfältige Weise bemerkbar macht. Graue Haare, nachlassende Sehkraft und abnehmende Muskelkraft sind dabei nur die ersten Anzeichen. Tatsächlich verändert sich der gesamte Körper mit der Zeit auf subtile, aber dennoch spürbare Weise.

Bereits ab Mitte 20 beginnt die Gehirnleistung allmählich nachzulassen. Was in jungen Jahren als unerschöpfliche Ressource erscheint, zeigt nun erste Anzeichen von Abnutzung. Doch das ist nur der Anfang eines komplexen Prozesses.

Im Laufe der Jahre verlieren die Blutgefäße an Elastizität, was dazu führt, dass das Herz härter arbeiten muss. Dies erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, eine Herausforderung, die viele Menschen im Alter erwartet. Gleichzeitig beginnt die Haut, ihre jugendliche Spannkraft und Feuchtigkeit zu verlieren, was zu Faltenbildung und trockener Haut führt.

Auch die Haare bleiben nicht verschont. Sie werden dünner und verlieren ihre Farbe, während die einst kräftigen Knochen allmählich brüchiger werden. Dieser Verlust an Knochendichte geht oft einher mit einem Abbau der Muskelmasse, was die Beweglichkeit einschränken kann.

Das Immunsystem zeigt ebenfalls Anzeichen von Alterung und arbeitet weniger effizient. Dies führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen und Krankheiten, die den Körper zusätzlich belasten.

Existieren tatsächlich klare Altersgrenzen für bestimmte Veränderungen im Körper oder variiert dies von Person zu Person?

Unser biologisches Alter kann deutlich von unserem chronologischen Alter (also der Zahl im Ausweis oder auf der Geburtstagstorte) abweichen. Dennoch gibt es einige Veränderungen, die bei den meisten ab einem bestimmten Alter beginnen.

Bereits ab Mitte 20 setzt der Abbau der Gehirnleistung ein. Ab etwa 70 Jahren fällt es den meisten Menschen schwerer, sich Dinge zu merken oder Neues zu lernen. Viele benötigen in ihren 40ern eine Lesebrille, und die Hälfte der über 75-Jährigen hat Hörprobleme.

Auch unser Geschmackssinn kann sich ab 50 verändern. Plötzlich schmecken uns bestimmte Lebensmittel nicht mehr oder wir finden Gefallen an anderen. Auch dies ist ein Zeichen von Altern. Der Grund: unsere Geschmackssensoren altern ebenfalls und verlieren ihre Sensibilität.

Der Verlust der Muskelmasse beschleunigt sich ab 30, was es umso wichtiger macht, frühzeitig gegenzusteuern. Es gibt keine festen Regeln für das Altern. Jeder Mensch altert unterschiedlich, abhängig von genetischen Veranlagungen, Lebensstil und Umweltfaktoren.

Während einige bereits in ihren 40ern Alterserscheinungen bemerken, bleiben andere bis ins hohe Alter fit und vital. In den sogenannten „Blue Zones“ gibt es viele über 100-Jährige, die fit und vital bleiben. Die gute Nachricht ist, dass man durch einen gesunden Lebenswandel viele Alterungsprozesse verlangsamen kann.

 

Wie können wir das Altern auf zellulärer Ebene verstehen und welche Rolle spielen dabei unsere Gene?

Gene sind nur zu 20 bis 30 % für unsere Lebensspanne verantwortlich. Unser Lebensstil kann trotz genetischer Veranlagungen ein langes Leben ermöglichen. Die Epigenetik untersucht, wie Ernährung, Umweltfaktoren und Lebensstil unsere Gene beeinflussen. Man kann sich unsere genetische Ausstattung vorstellen wie ein Stromkreislauf in einem Haus. Die Leitungen sind verlegt und zahlreiche Schalter auch. Die Epigenetik entscheidet darüber, welcher Schalter nun gerade ein oder ausgeschaltet wird. Diese Schalterstellung wird durch unseren Lebenswandel und unsere Lebensumstände maßgeblich beeinflusst. Wir haben es also zu einem großen Teil selbst in der Hand, wie diese Gene ausgelesen und gemixt werden. Zudem spielt der Lebensstil eine große Rolle bei der Zellgesundheit.

Schäden an den Zellen und die nachlassende Fähigkeit des Körpers diese zu reparieren sind für Krankheiten und Alterserscheinungen verantwortlich.  Unsere Zellen können sich selbst erneuern und einige Zellen in unserem Körper werden ständig erneuert, um unsere Gesundheit zu erhalten. Besonders wichtig sind hier die Stammzellen welche sich in verschiedene Zelltypen wandeln können, um so beschädigte oder abgestorbene Zellen zu ersetzen.

Auch die “Kraftwerke” der Zelle, die Mitochondrien, arbeiten mit den Jahren weniger gut und können so zu schlechter funktionierenden Zellen beitragen.

Dazu verfügen unsere Zellen noch über eine Art eigene Müllabfuhr, mit der sie Abfallprodukte entsorgen, um die Zellgesundheit zu erhalten. Wenn dieser Prozess nicht effizient funktioniert, leiden die Zellen und damit unsere Gesundheit darunter.

Welche Lebensstiländerungen können dazu beitragen, den Alterungsprozess zu verlangsamen?

Wenn wir auf die Bewohner der sogenannten Blue Zones schauen, so können wir dort einige Gemeinsamkeiten beobachten, die zu einem längeren Leben führen könnten.

Die wichtigsten Bausteine für ein gesundes (und langes) Leben sind ausreichend Bewegung und Sport in Kombination mit gesunder und ausgewogener Ernährung, guter Schlaf, Stressmanagement und soziale Kontakte.

Schädlich hingegen sind Übergewicht und Rauchen, Bewegungsmangel sowie Umweltgifte und Schadstoffe.

Was können Sie also konkret tun?

-  Auf eine ausgewogene und kalorienreduzierte Ernährung achten.

- Phasen der Selbstreinigung und -erneuerung schaffen. Beispielsweise durch das  16/8-Intervallfasten

- Bewegung in den Alltag einbauen. Sport sorgt dafür, dass die Muskelmasse erhalten bleibt und stärkt Ihr Herz-Kreislauf-System.

-  Mit Techniken wie Meditation und Yoga Stress reduzieren

-  Ein aktives soziales Leben pflegen. Dies kann das geistige Wohlbefinden fördern und das Risiko für Depressionen und Demenz reduzieren.

 

Gibt es spezielle Diäten oder Nahrungsergänzungsmittel, die das Altern verlangsamen können?

Eine ausgewogene Ernährung trägt dazu bei, unsere Zellen fit zu halten. Und so können wir sogar den Alterungsprozess verlangsamen.

Für die notwendigen Phasen der Selbstreinigung und -erneuerung der Zellen braucht unser Körper Ruhephasen, in denen er nicht mit dem Verdauen neuer Nahrung beschäftigt ist.

Fastenphasen sind somit ein wichtiger Faktor der Langlebigkeitsstrategien.

Tipp: Testen Sie das Intervallfasten bei dem Sie täglich 16 Stunden fasten und Ihre Nahrung in einem Zeitfenster von 8 Stunden einnehmen.

In diesem Zeitfenster gilt dann: eine Ernährung, reich an Obst, Gemüse, Nüssen und gesunden Fetten, fördert die Herzgesundheit und reduziert das Risiko chronischer Krankheiten.

Die Auswahl geeigneter Nahrungsergänzungsmittel sollte idealerweise auf Basis Ihrer individuellen Blutwerte erfolgen. Antioxidantien wie Vitamin C und E, Omega-3-Fettsäuren und Substanzen wie Resveratrol und Coenzym Q10 könnten helfen, den Alterungsprozess zu verlangsamen.

Welche Rolle spielt die medizinische Forschung bei der Entwicklung von Therapien zur Verlangsamung des Alterns und was können wir in der Zukunft erwarten?

Vor allem im Bereich der regenerativen Medizin macht die Forschung große Fortschritte in der Stammzellforschung. So könnten in Zukunft beschädigte Gewebe ersetzt und repariert werden.

Die Entschlüsselung der genetischen und epigenetischen Faktoren des Alterns könnte zu gezielten Gentherapien führen, die unsere Lebensspanne verlängern.

Mit steigendem Wissen über die Prozesse des Alterns werden auch neue Medikamente entwickelt, die spezifische Altersprozesse verlangsamen oder umkehren können, wie Senolytika, die alternde Zellen entfernen.

In der Zukunft können wir erwarten, dass diese Forschungsfelder weiter wachsen und zu neuen, effektiven Therapien führen, die das Altern verlangsamen und die Lebensqualität im Alter verbessern.