Jung, gesund, schwul: Fotograf gegen Blutspende-Verbot für Homosexuelle

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„ICH BIN MINDERWERTIG – WEIL ICH SCHWUL BIN”: Blut zu spenden ist für schwule und bisexuelle Männer in Deutschland nicht erlaubt. Darum fühlt sich ein junger Fotograf aus Bremen diskriminiert und kämpft nun mit drastischen Worten für mehr Aufmerksamkeit.

Phil Porter will aufrütteln: „ICH DARF DEIN LEBEN NICHT RETTEN: MEIN BLUT IST LAUT GESETZ MINDERWERTIG“, schreibt er. Der 27-Jährige spricht sich für eine Anpassung der Gesetzeslage für die Blutspende homo- und bisexueller Männer aus. Für Porter ist es unerklärlich. Während Länder wie Portugal, Lettland oder Polen die Blutspende von homosexuellen Männern erlauben, hinkt Deutschland hinterher. Dabei werden bundesweit täglich 15.000 Blutspenden benötigt. Doch nur ein Bruchteil der Bevölkerung spendet regelmäßig. „Natürlich darf jeder gesunde heterosexuelle Mann sein Blut spenden. Ich bin kerngesund – warum darf ich es nicht?“, fragt sich Porter darum. „ Es ist gesetzlich festgelegt, dass ich meinen Mitmenschen NICHT helfen darf, weil meine sexuelle Orientierung mich worin genau unterscheidet?“

Für ihn ist es diskriminierend, dass eine ganze Gruppe aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen von der Blutspende ausgenommen wird. Seit langem wird politisch diskutiert, ob dieser Ausschluss rechtmäßig ist. Immer wieder werden Einzelfallprüfungen statt Pauschalisierungen gefordert. Doch geändert hat sich bislang nichts.

Die Bundesärztekammer und das Paul-Ehrlich-Institut entscheiden darüber, wer in Deutschland Blut spenden darf, erklärt Lübbo Roewer vom Bremer Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Weser-Kurier, auf Basis des Transfusionsgesetzes. „Homosexuelle haben ein höheres Risiko für Infektionskrankheiten wie Aids. Deswegen werden sie von der Blutspende ausgeschlossen“, erklärt Roewer. Der obligatorische Test nach jeder Spende könne keine Infektionen nachweisen, die erst wenige Tage alt sind. Somit könne er negativ ausfallen, obwohl die Spende HI-Viren enthält.

“Mein Blut ist ausgesprochen schön und in bestem Zustand”

Porter überzeugt diese Regelung nicht. Schließlich habe HIV hat nicht nur mit der sexuellen Neigung zu tun, betont er. „Aids war noch nie eine „Schwulen-Seuche“, sondern schon immer das böse Erwachen fehlender Aufklärung und freier Liebe ohne Kondome.“ Er wehrt sich gegen die Behauptung, dass homosexuelle Männer grundsätzlich mehr wechselnde Sexualpartner hätten als heterosexuelle. In einem offenen Brief reagiert er auf die Stellungnahmen von Roewer. „.Sie wollen also nicht, dass ich Blut spenden darf, obwohl ich nachweislich gesund bin? Ich kann ihnen gerne meine Arztbesuche aufschlüsseln und belegen, dass mein Blut ausgesprochen schön und im besten Zustand ist.“

Einige Homosexuelle umgehen das Problem mit einer kleinen Lüge, weiß Porter: Jeder Spender muss zuvor einen Fragebogen ausfüllen. Einige seiner ebenfalls homosexuellen Freunden geben an, heterosexuell zu sein, um dennoch Blut spenden zu können. Für Porter ist dies keine Lösung des Problems. „Bei der Blutspende kann ich mein Kreuz nicht an der falschen Stelle machen“, sagt Porter. „Dafür bin ich zu stolz.“ Zudem sei es ihm zufolge „scheißegal von welchem Blut jemand gerettet wird, es gibt schließlich zu wenig Blutkonserven.“

Auch René Mertens vom Lesben- und Schwulenverband Sachsen nahm Stellung zu Porters Forderungen: Es sei selbstverständlich, dass die Sicherheit der Blutkonserven oberste Priorität habe, doch das Risiko bemesse sich nicht nach homo- oder heterosexuellen Sexualpraktiken, sondern nach dem Schutz, etwa mit Kondomen. „Mehrere Bundesländer haben sich inzwischen dafür ausgesprochen, den generellen Ausschluss von homo- und bisexuellen Männern von der Blutspende aufzuheben.“ Die Bundesärztekammer
solle ihren Widerstand gegen eine entsprechende Überarbeitung der
Richtlinien aufgeben.

Seit dem Artikel im Weser-Kurier ist Porter damit beschäftigt, Nachrichten, positive und kritische, zu beantworten. Rückmeldungen zeigen ihm, wie wichtig Aufklärung ist. „Viele wussten zuvor noch gar nicht, dass Homosexuelle nicht spenden dürfen.“ Porter will darum weiterhin um Aufmerksamkeit kämpfen.

Foto: Phil Porter

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