Junge Flüchtlinge: Genitaluntersuchung zur Altersbestimmung

Vorgehen in Hamburg sorgt für Empörung


Mahmoud aus Ägypten ist allein in Hamburg angekommen (Bild: dpa)
Mahmoud aus Ägypten ist allein in Hamburg angekommen (Bild: dpa)


Die Altersbestimmung bei jungen Flüchtlingen in Hamburg gerät in die Kritik. Der Senat räumte ein, dass dazu auch der Intimbereich inspiziert wird und berief sich auf „wissenschaftliche Standards“. Die Bundesärztekammer sprach hingegen von einer inhumanen Praxis.

Oft kommen junge Flüchtlinge ohne Eltern und Ausweispapiere in Deutschland an. Das genaue Alter der Jugendlichen ist entscheidend, denn Minderjährige sind vor Abschiebung geschützt. In Hamburg werden bei der Feststellung des Alters keine Kosten und Mühen gescheut, wie die Tageszeitung „taz“ berichtete. Im Universitätsklinikum Eppendorf würden Hände und Schlüsselbeine geröntgt und auch teure Computertomographien erstellt. Kritik von Opposition und Experten entzündet sich nun aber an der Begutachtung der Intimregion unbegleiteter, junger Flüchtlinge.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte dem Bericht zufolge eine Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP). Der Senat beschrieb die Altersbestimmung daraufhin unter anderem so: „Es erfolgt eine Inaugenscheinnahme der bezüglich einer Abschätzung des Entwicklungs- bzw. Reifezustandes maßgeblichen Partien der Körperoberfläche, insbesondere bei männlichen Probanden der Gesichtsregion und der Achselhöhlen sowie der Genitalregion.“ Bei Mädchen werde die Entwicklung der Brust untersucht. Mögliche Kritik an dem Vorgehen versuchte der Senat zu entkräften. Es basiere „auf wissenschaftlichen Standards“ und sei von Verwaltungsgerichten „nicht in Frage gestellt worden“.

Die Landesregierung betonte, die ärztliche Untersuchung sei „freiwillig“. Wer die intime Inspektion aber verweigert, wird aus der Obhut des Kinder- und Jugendnotdienstes entlassen und gilt fortan als Erwachsener. Anfrage-Stellerin Dutschke sprach von einer „unwürdigen“ und „hochnotpeinlichen Intimuntersuchung“, die abgeschafft werden sollte. Conny Gunßer vom Flüchtlingsrat Hamburg bezeichnete die Inspektionen als „skandalös“. Massive Kritik kam auch von der Bundesärztekammer. Präsident Frank Ulrich Montgomery, der auch der Hamburger Ärztekammer vorsteht, sagte der „taz“: „Dass Jugendliche in die Gruppe der Erwachsenen eingeteilt werden, wenn sie an der Untersuchung nicht mitwirken, konterkariert die vorgebliche ‚Freiwilligkeit‘ und ist weder menschlich noch medizinisch gerechtfertigt.“

Der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge fordert, die Altersfestsetzung nicht Bediensteten der Ausländerbehörde zu überlassen. Die seien dafür in der Regel fachlich nicht geeignet. Zudem gebe es bislang keine wissenschaftliche Methode, das Lebensalter eines Menschen verlässlich festzustellen. Stattdessen solle die Angelegenheit dem zuständigen Vormundschafts- beziehungsweise Familiengericht übertragen werden.