Justizministerin Lambrecht bei "Anne Will": "Grundrechte sind weder ein Bonbon noch ein Privileg"

Justizministerin Christine Lambrecht erklärte, persönliche Grundrechte seien "weder ein Bonbon noch ein Privileg". (Bild: ARD / Screenshot)
Justizministerin Christine Lambrecht erklärte, persönliche Grundrechte seien "weder ein Bonbon noch ein Privileg". (Bild: ARD / Screenshot)

Die Debatte um Lockerungen für vollständig Geimpfte hält an. Auch bei "Anne Will" waren am Sonntagabend die geplanten Erleichterungen Thema.

Seit rund einer Woche gelten durch die bundesweite Notbremse in vielen Teilen des Landes nächtliche Ausgangssperren, zahlreiche Geschäfte sind geschlossen, und das Einkaufen ist meist nur noch mit negativem Testergebnis und Termin möglich. Doch diese Einschränkungen könnten nun schon bald wieder für einen kleinen Teil der Bevölkerung entfallen: Bereits am Mittwoch soll eine Verordnung im Kabinett vorgelegt werden, die Lockerungen für zweifach Geimpfte in Aussicht stellt. Momentan haben laut etwa Robert Koch-Institut etwa 7,7 Prozent der Menschen in Deutschland den vollständigen Impfschutz erhalten.

Unter dem Thema "Änderung der Impfreihenfolge, Rückkehr zu Grundrechten - wer darf wann wieder was?" sprach Anne Will am Sonntagabend mit Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Virologe Martin Stürmer und Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, über mögliche Erleichterungen.

CSU-Chef Markus Söder sprach sich für individuelle Erleichterungen, aber gegen weitläufige Öffnungen aus: "Es wäre falsch, jetzt einfach blind bei hohen Inzidenzen die Gastronomie wieder zu öffnen, da wir noch eine viel zu geringe Zahl an vollständig Geimpften haben."  (Bild: ARD / Screenshot)
CSU-Chef Markus Söder sprach sich für individuelle Erleichterungen, aber gegen weitläufige Öffnungen aus: "Es wäre falsch, jetzt einfach blind bei hohen Inzidenzen die Gastronomie wieder zu öffnen, da wir noch eine viel zu geringe Zahl an vollständig Geimpften haben." (Bild: ARD / Screenshot)

Markus Söder: "Wäre falsch, jetzt einfach blind die Gastronomie zu öffnen"

Justizministerin Christine Lambrecht sprach sich deutlich für die geplante Gesetzesvorlage aus. "Kontakteinschränkungen und die Ausgangsbeschränkungen wieder zurückzunehmen für Geimpfte und für Genesene, genau das ist Gegenstand dieser Verordnung", erklärte Lambrecht, die die Bundesnotbremse mitbeschlossen hatte. Der "gute Grund", aus dem individuelle Grundrechte eingeschränkt worden seien, falle weg bei Menschen, von denen kein Risiko einer Ansteckung ausgehe, so die SPD-Politikerin. Immerhin seien persönliche Grundrechte "weder ein Bonbon noch ein Privileg". Diese Rückgabe der Rechte gelte allerdings nur für den persönlichen Bereich. Öffnungen von Gastronomie oder Freizeitbetrieb würden sich aus der Verordnung nicht ergeben. Restaurantbesuche nur für Geimpfte möglich zu machen, würde momentan "viel Sprengstoff in die ganze Gesellschaft bringen".

Auch Markus Söder zeigte sich überzeugt von den geplanten Lockerungen. Er halte die dritte Welle möglicherweise für gebrochen, so der live zugeschaltete CSU-Chef. Wichtig seien nun zwei Dinge: "auf der einen Seite die Rückgabe der Rechte und auf der anderen Seite das schnellere Impfen". In Hinblick auf weitläufige Öffnungen stimmte er Lambrecht zu: "Es wäre falsch, jetzt einfach blind bei hohen Inzidenzen die Gastronomie wieder zu öffnen, da wir noch eine viel zu geringe Zahl an vollständig Geimpften haben."

Zu Gast bei Anne Will (Mitte) am Sonntagabend waren Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Virologe Martin Stürmer (von links) und CSU-Chef Markus Söder (vorne). (Bild: ARD / Screenshot)
Zu Gast bei Anne Will (Mitte) am Sonntagabend waren Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Christiane Woopen, Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Virologe Martin Stürmer (von links) und CSU-Chef Markus Söder (vorne). (Bild: ARD / Screenshot)

Virologe Martin Stürmer: "Wir haben ein Restrisiko"

Anders sah das die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Christiane Woopen. Sie frage sich, "warum es wichtiger ist, abends nach zehn rausgehen zu können, statt mein Restaurant wieder betreiben zu können". Michael Hüther stimme Woopen zu. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft forderte Sonderlösungen. Außerdem sprach sich der Ökonom dafür aus, beim Impfen auf eine "differenzierte Strategie" zu setzen und zukünftig sozial schwächere Schichten zu priorisieren.

Martin Stürmer warnte hingegen davor, dass Ansteckungen trotz Impfung möglich seien. "Wir haben ein Restrisiko, dass wir uns trotz Impfung weiter anstecken können, das Virus weiter verbreiten können", so der Virologe. "Da sind die Virusmengen vielleicht nicht mehr so hoch und der Zeitraum, wo das Virus abgegeben wird, nicht mehr so lang. Das heißt aber nicht, dass diese Personen nicht ansteckend sind." Wichtig sei neben dem Impfen im Moment vor allem, auch die Fallzahlen wieder zu senken, mahnte Stürmer.