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Silvesternacht, Krawalle, Amri: Innere Sicherheit ist Top-Thema im Landtagswahlkampf

Das Thema Innere Sicherheit ist ein Top-Thema im Landtagswahlkampf.

Auslöser ist ein Video, das einer 15-Jährigen aus Leverkusen nicht passt. Sie solle die Aufnahmen, gepostet auf einem Internetportal, sofort löschen, fordert das Mädchen von der Urheberin des Films. Es kommt zum Streit, zwei 19-jährige Männer mischen sich ein, und es entwickelt sich eine Prügelei mit zwei weiteren Jugendlichen. Dabei aber soll es nicht bleiben. Die Kontrahenten alarmieren ihre Freunde, über WhatsApp verabreden sich die Streitparteien schließlich zu einer Massenschlägerei. 150 gewaltbereite Jugendliche beteiligt Die Polizei konnte das Aufeinandertreffen am 4. April dieses Jahres in letzter Sekunde verhindern. Etwa 150 gewaltbereite Jugendliche und junge Männer hatten sich am Leverkusener Bahnhof Mitte und in anderen Stadtteilen versammelt. Insgesamt wurden 111 Personen kontrolliert, 64 davon waren minderjährig. Nach Polizeiangaben waren die meisten den Behörden schon vor dem Vorfall bekannt. Sie seien zur Hälfte Deutsche mit Migrationshintergrund, zum anderen Teil Türken, Syrer und Iraker. Bei einigen wurden Quarzsand-Handschuhe gefunden, die die Schlagkraft verstärken, Schlagstöcke, Messer sowie eine Schreckschusspistole. Innere Sicherheit eine der wichtigsten Themen der Landtagswahl Die Kölner Silvesternacht 2015, die randalierenden Hooligans bei der Hogesa-Demonstration am Kölner Hauptbahnhof im Oktober 2015, der Attentäter Anis Amri, Streitereien zwischen Rockern, die Einbruchkriminalität, die zunehmende Gefahr durch Islamisten oder Familienclans, die ganze Stadtviertel tyrannisieren: Die Innere Sicherheit ist zu einem der wichtigsten Themen der Landtagswahl geworden. Im Parlament jagt eine Aktuelle Stunde die nächste. Die Opposition nennt Innenminister Ralf Jäger in den Untersuchungsausschüssen zur Silvesternacht und zur Amri-Affäre ein „Sicherheitsrisiko“ und fordert seinen Rücktritt. Anstatt zu handeln, versuche der Minister bei seinen „nutzlosen Aktionen“ gegen Islamisten, jugendliche Intensivtäter, Einbrecherbanden oder auch Raser mit Slogans wie „Wegweiser“, „Kurve kriegen“, „Mobile Täter im Visier“ oder „Blitzmarathon“ von der Realität abzulenken. Massenschlägereien von außer Kontrolle geratenen Jugendlichen, Rockern oder Großfamilien jedenfalls sind nur Beispiele für die zunehmende Verrohung. Der permanente Ausnahmezustand, so beklagen Kritiker, herrsche in den sogenannten No-go-Areas. Beispielsweise in Duisburg, wo laut einem internen Polizeipapier kriminelle Familienclans zum Teil seit Jahrzehnten ansässig sind. Aus Angst keine Anzeige Erst vor knapp zwei Wochen wurde ein 15-Jähriger Opfer eine Gewalttat, deren Umstände bisher nicht geklärt sind. Doch gibt es tatsächlich rechtsfreie Räume, in die Polizei sich nicht mehr hineintraut? Der interne Bericht kommt zu der Erkenntnis, dass Anwohner durch „bedrohliches Auftreten und Belästigungen“ einzelner Familien, bei denen es sich meist um aus dem Libanon eingewanderte Kurden handelt, eingeschüchtert werden und aus Angst vor Repressalien die „Straftaten dieser Gruppierungen“ nicht anzeigen. Selbst Polizeibeamten schlage „eine hohe Aggressivität, Respektlosigkeit und Gewalt entgegen“. Das Innenministerium hat reagiert, die Polizeipräsenz in den Problemvierteln von Duisburg deutlich erhöht. Die Kriminalitätsrate ist seither gesunken. Pater Oliver vom Orden der Prämonstratenser will von No-go-Areas nichts hören. Seit September 2012 leitet er den Petershof, ein Sozialpastorales Zentrum in einem Stadtteil „mit besonderem Erneuerungsbedarf“. Pater Oliver, der Papst von Marxloh. „Ich mache hier das, was die Kirche seit 2000 Jahren macht. Ich öffne die Türe und helfe den Menschen, die zu uns kommen.“ „Das Bild vom rechtsfreien Raum ist ein Zerrbild“ Auch Innenminister Ralf Jäger reagiert allergisch auf den Begriff No-go-Area. „Das Bild vom rechtsfreien Raum, in den die Polizei sich nicht hineintraut, ist ein Zerrbild, das die Angst bei den Menschen verstärkt, zu Polarisierung, Ausgrenzung, Radikalisierung und Extremismus führt.“ Aber der Minister hat noch andere Baustellen, beispielsweise den islamistischen Extremismus. Nirgendwo in Deutschland ist die Gefahr so hoch wie in NRW. Es gibt etwa 2900 Salafisten, die Zahl hat sich seit 2010 versechsfacht. Etwa 600 dieser Leute sind gewaltbereit, 210 gelten als „Gefährder“, denen selbst schwerste Taten zugetraut werden. Angesichts der enorm hohen sonstigen Kriminalität wünscht sich so mancher die Ermittlungsmöglichkeiten, die es in anderen Bundesländern gibt. Die Schleierfahndung etwa oder die präventive Überwachung der Telekommunikation, wenn Gefahr droht. Doch mit der rot-grünen Landesregierung ist das nicht zu machen. Kriminalität wird nur noch verwaltet Man könne Jäger aber nicht für jeden Missstand verantwortlich machen, sagt selbst Arnold Plickert. Der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei spart sonst nicht mit Kritik. Die Kriminalität werde nur noch verwaltet, ätzte er vielfach. Das habe mit der Personalstärke zu tun: „Zur Wahrheit gehört, dass in NRW in den vergangen 15 Jahren 2000 Stellen abgebaut wurden.“ Um die Lücken zu schließen, hob die rot-grüne Landesregierung die Zahl der jährlich einzustellenden Polizeianwärter auf 2000 an, demnächst sollen es 2300 werden. Im Jahr 2010, unter einer schwarz-gelben Regierung, lag sie bei 1400. 210 Gefährder in NRW Die Kriminalitätsstatistik in NRW für 2016 gibt keinen Grund zur Entwarnung – im Gegenteil. Zwar ist die Zahl der Wohnungseinbrüche erstmals seit vielen Jahren um fast 10 000 Fälle auf 52 578 gesunken, die Aufklärungsquote ist mit 16,2 Prozent allerdings weiterhin niedrig. Und das Risiko, Opfer einer schweren Straftat zu werden, ist größer geworden. Bei den gefährlichen Körperverletzungen beispielsweise gibt es einen Zuwachs um 9,2 Prozent auf 33 329 Fälle. Und die Zahl der Sexualstraftaten hat sich auch durch die Ereignisse rund um die Kölner Silvesternacht 2015/16 um 5,4 Prozent auf 10376 erhöht. Wobei die drastischen Vergehen, Vergewaltigungen und besonders schweren sexuellen Nötigungen, sogar um 24,9 Prozent gestiegen sind. Die Zahl der islamistischen Gefährder in NRW ist nach Angaben von Holger Münch zuletzt drastisch gestiegen. Der Präsident des Bundeskriminalamts spricht von 210. Damit ist NRW Spitzenreiter vor Berlin und Baden-Württemberg. Insgesamt sind in Deutschland 650 Menschen derzeit als Gefährder eingestuft. Laut Bundesinnenministerium gehören aktuell in Deutschland insgesamt 1600 Personen zur islamistisch-terroristischen sowie 9700 Personen zur salafistischen Szene. 54 islamistische Gefährder werden demnach als Führungspersonen bezeichnet. (det)...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta