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Kämpfer für Fakten auf TikTok: Der Kopf hinter "KeinFakeNews" im Interview

Etrit Asllani hat Fake News auf TikTok den Kampf angesagt (Bild: KeinFakeNews)
Etrit Asllani hat Fake News auf TikTok den Kampf angesagt (Bild: KeinFakeNews)

Fake News sind nicht erst seit Donald Trump ein Problem und es ist erst recht nicht auf die USA beschränkt. In den sozialen Netzen wie Facebook und Instagram tummeln sich allerlei Hetzer und Spinner. Die so genannten "Querdenker" um den Neonazi Attila Hildmann sind auf Telegram ausgewichen, nachdem Facebook zumindest bei den Corona-Leugnern die großen Accounts geschlossen hat. Bei jungen Menschen sehr beliebt ist TikTok, eine durchaus umstrittene App aus China. Fake News und Hass verbreiten sich dort noch schneller, da der eingesetzte Algorithmus die Nutzerinteressen gefährlich gut erkennt.

TikTok ist zu einem richtigen Spielplatz für Corona-Leugner, Judenhasser, Kurdenhasser und Islamisten geworden. Gelöscht wird, trotz Meldung, nahezu nichts.

Ein Licht in der Dunkelheit auf TikTok ist hier der Kanal "KeinFakeNews" des Psychologen Etrit Asllani. Mit mittlerweile fast 600.000 Followern gehört er auch zu den größten deutschsprachigen Kanälen auf der Plattform. Immer dann, wenn sich eine FakeNews stark verbreitet, greift Asllani ein und bringt ein kleines Aufklärungsvideo. Fake News mit Fakten bekämpfen – das ist seine Mission. Yahoo Nachrichten sprach mit dem "Kämpfer für Fakten".

Wie kamst du auf die Idee, diese Seite auf TikTok zu machen?

Etrit Asllani: Ich liebe Innovationen und ich war beeindruckt von den Algorithmen der Plattform, weshalb ich im April letzten Jahres, mit meinem Psychologie-Kanal auf TikTok gestartet bin. Dort war ich auch Teil des Programms "#LernenMitTikTok". Doch mir ist immer mehr aufgefallen, dass Videos produziert werden über die Psychologie, die eher Küchenpsychologie bzw. Halbwahrheiten oder gar Falschinformationen beinhalteten. Und gerade während der Corona-Pandemie, zu Zeiten der Wahlen in den USA und im Allgemeinen kursierten und gingen Videos viral, die Fake News beinhalteten. So viele, dass ich im Oktober 2020 auf die Idee kam, einen Kanal genau dem zu widmen. Fake News aufdecken, Falschmeldungen klarstellen, mehr Informationen den Usern zu geben und edukativen Content zu produzieren.

Du bist Psychologe. Hilft dir dein Studium bei dem Vermitteln von Wissen in den kurzen Videoclips?

Asllani: Ja definitiv. Denn gerade in der Psychologie, welche eine empirische Wissenschaft ist, lernt man methodisch Erkenntnisse zu verstehen und diese einzuordnen. Im Psychologiestudium lernt man, das Wissen verständlich aufzuarbeiten, so dass man es selbst besser versteht und auch Anderen erklären kann. Ich habe es schon immer geliebt, Wissen zu vermitteln und für mich war es ein Sprung, auch mich vor die Kamera zu stellen. Ich habe einen großen Respekt davor, wie Content Creators, ein hohes Investment eingehen für ihre Kamera, Mikro, Licht und ihr Set-Up. Auch das Schneiden erfordert einen großen Skill. Genau hier lag der Charme an TikTok, denn hier konnte man in der App mit seiner Handykamera das Video produzieren, schneiden und Effekte nutzen, bzw. sogar auf Falschmeldungen durch die "#Stitch"-Funktion (Anm.: Fünf Sekunden eines anderen Videos können genutzt werden) reagieren.

Kam es am Anfang zu Widerstand aus der TikTok-Community oder ging es direkt steil bergauf?

Asllani: Der Kanal kam super an. Der Kanal ist so schnell gewachsen und erreichte am ersten Tag der Eröffnung des Kanals fast 50.000 Follower und im ersten Monat die 200.000 Follower. Das heißt, dass ich einen Pain Point vieler Nutzer getroffen habe. Dadurch wurde ich täglich hundert- bis tausendfach auf Beiträgen markiert, welches mich noch mehr erkennen lassen hat, wie wichtig dieser Kanal ist. Gleichzeitig musste ich sicherstellen, dass ich nicht gegen einen Creator etwas sagen möchte, sondern lediglich die Fakten checke. Deshalb habe ich es auch anfangs kenntlich gemacht. Mittlerweile ist dies aber auch der Community bewusst, dass ich lediglich Informationen einordnen und klarstellen möchte.

Warum verbreiten sich FakeNews so schnell und warum glauben Menschen denen meistens mehr?

Asllani: Interessanterweise zeigte eine Studie auf Twitter, dass sich falsche Nachrichten schneller als wahre Geschichten ausbreiten. Und hauptsächlich sind Menschen, nicht Bots, für die Verbreitung irreführender Informationen verantwortlich. So zeigte die Studie auch, dass Unwahrheiten deutlich weiter, schneller, tiefer und breiter verbreitet werden als die Wahrheit, und zwar in allen Informationskategorien.

So werden zum Beispiel falsche Nachrichten mit 70 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit retweetet als wahre Geschichten. Außerdem brauchen wahre Nachrichten sechsmal so lange, um 1500 Menschen zu erreichen, wie falsche Nachrichten, um die gleiche Anzahl von Menschen zu erreichen. Ähnlich sieht es bei TikTok aus. Falsche Informationen gehen meist viraler. So gab es Kanäle, die das sogar getestet haben. Der Grund hierfür ist sowohl die Einfachheit der Information, d.h. Clickbait-Charakter und psychologisch gesehen, holt man mit so einem Beitrag, gerade die Personen ab, die nicht in der Thematik involviert sind. Dadurch wollen Menschen diese Information teilen, da man sich als Verbreiter einer solch wichtigen Erkenntnis wertgeschätzt werden möchte. Menschen, die involviert sind in einem Thema, lassen sich dagegen eher über Argumente überzeugen. Gleichzeitig entsteht dadurch eine Filter-Blase. Man bekommt viel mehr von diesen Informationen zu sehen und sucht auch aktiv danach. Dies wird auch als Confirmation Bias bezeichnet. Eine Bestätigungsverzerrung. Denn statt nach Argumenten zu suchen, die das Ganze entkräften, sucht man nach welchen, die die eigene Sichtweise weiter bestätigen. Dadurch, dass diese Beiträge auch viral gehen, haben wir auch einen Social Proof, denn wenn es so häufig geteilt wird, muss ja was Wahres dran sein.

Ist TikTok da ein besonderes Umfeld?

Asllani: Ja und nein. Allgemein sind digitale Medien, speziell soziale Medien ein besonderer Ort, an denen sich sowohl Informationen als auch Falschmeldungen sich schnell verbreiten. Denn Falschmeldungen werden sehr stark verbreitet, weil diese meist simpel und plakativ mit Eyecatchern versehen sind. Dadurch sind sie einfach zugänglich und werden dann mit Freunden und Familien und weiteren sozialen Medien geteilt. Durch die Interaktion, wird der Beitrag auch weiteren Usern vorgeschlagen. So auch bei TikTok, hier spielen der Clickbait-Aspekt und die Kombination, mit spannender oder gruseliger Musik die Beiträge zu untermauern, eine große Rolle. Dadurch gehen die Videos viral und erreichen meist hunderttausend sogar Millionen von Usern.

Warum glaubt man dir diesbezüglich mehr? Bzw. warum vertrauen dir die User?

Asllani: Ich glaube, das Vertrauen habe ich mir mittlerweile aufgebaut, da ich versuche, differenziert an die Sache ranzugehen. Auch hilft sicherlich mein akademischer Background in Psychologie (M.Sc.) und Change Management (M.Sc.) um Geschehnisse wissenschaftlich zu prüfen und einzuordnen. Außerdem gehe ich transparent mit Quellen um, verlinke diese meist in meiner Story durch einen Swipe-up auf Instagram (Kanal: keinfakenews).

Viele fragen sich, wie ein so wichtiger Kanal keinen Verifizierungshaken haben kann. Gab es bis heute keinen Kontakt zu TikTok?

Asllani: Leider nein. Also falls TikTok Deutschland diesen Artikel liest, ihr könnt mich gerne kontaktieren (lächelt)!

Was planst du für die Zukunft?

Asllani: Ich möchte weiterhin qualitativ hochwertigen Content produzieren, aber auch durch eine Personal Brand eine Bindung zur Community weiter ausbauen. Denn ohne die Community wäre ich niemals so schnell gewachsen und somit auch die Reichweite, die man genau dafür braucht, um viele mit edukativen Content zu erreichen. Weiterhin möchte ich die größte Faktencheckseite sein, die sich auf vertikale Videos spezialisiert hat, vor allem für die jüngeren Generationen Y und Generation Z. Denn gerade in solchen turbulenten Zeiten und in der Welt der digitalen Medien ist Aufklärung sehr wichtig, aber auch die Auseinandersetzung mit Themen. So möchte ich die Community bestärken, kritisch Informationen zu betrachten, nach Quellen fragen und vor allem Thematiken zu differenzieren. Denn die Welt besteht nicht aus Nullen und Einsen oder Schwarz und Weiß.

Einfache Frage am Schluss. Warum heißt es "KeinFakeNews" und nicht "KeineFakeNews"?

Asllani (lacht): Das ist eher ein pragmatischer Ansatz gewesen. Denn zusammen mit meinen besten Freunden haben wir unterschiedliche Kanäle erstellt, die alle ein "kein" am Anfang haben und hier wollten wir einheitlich bleiben. Deshalb ist der Name des Kanals "KeinFakeNews" und mein Intro "Du brauchst keine FakeNews", um grammatikalisch korrekt zu sein.

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