Karl-Theodor zu Guttenberg - Rüpel-Verhalten am Flughafen: „Machen Sie endlich Platz! Ich hab’s eilig!“

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Karl-Theodor zu Guttenberg.Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Der Geschäftsmann drängt ein älteres Pärchen, das mühevoll die Rolltreppe am Flughafen betritt, rüde zur Seite. „Geht’s noch?”, rufe ich. Meine wenig eloquente Empörung verhallt. Er rempelt sich weiter nach vorne.

Das flatternde Vielflieger-Etui am Rucksack scheint mir noch höhnisch nachzuwinken. Bis er auf zwei knutschende Teenager trifft. Beide mit Kopfhörern. Die Romantik obsiegt. Der Rollrüpel kapituliert.

Rolltreppen und Gehbänder sind die perfekte Illusion der schnellen Ankunft. Und es gibt nicht viele Orte, wo sich auf wenigen Metern so mannigfaltige Verhaltensmuster offenbaren. So auch letzte Woche zwischen den Abfluggates. Ich beobachte das Treiben an einem Gehband.

Auf den ersten Blick dienen mechanisierte Bewegungshilfen zwei Zwecken:

  1. Der Erleichterung des Fußweges aller Eiligen und Beschwerten.

  2. Und sie erfreuen jene, die sich eine Pause gönnen wollen. Einige scheinen diesen Hang zur Muße aber auch von ihren Mitbürgern zu erwarten. Weshalb also zur Seite treten?

Als wollten sie den Nacheilenden zeigen, dass Bewegung nicht immer gleichbedeutend mit Fortschritt sei. In Sichtweite nähern sich einige in hohem Tempo dem Band, um dann unvermittelt stehenzubleiben. Wie beim Erreichen eines Sehnsuchtsorts. Herausfordernd für die Nachfolgenden. Ein elegantes Abremsen gelingt nur denen, die gerade nicht auf ihr Handy starren. Folglich einer Minderheit.

Ein ähnliches Phänomen lässt sich am Ende des Bandes beobachten: Lieber gut gestolpert als eine WhatsApp verpasst. Haltungsnoten und ständige Erreichbarkeit entwickeln sich wohl eher gegenläufig.

In nationalen Abflughallen ist die Reaktion auf die Bitte, überholen zu dürfen, noch weitgehend kalkulierbar. Die meisten treten nach rechts. Im internationalen Teil eröffnet sich aber eine Slalomwundertüte. Abhängig von der kulturellen Herkunft, weichen Passagiere nach links oder rechts aus - oder eben gar nicht.

Hinzu kommen weitere Barrieren

Waren früher die wirkungsvollsten Hindernisse querstehende Kinderwägen oder „Handgepäckstücke” (für das manche einen Umzugswagen bestellt hätten), sind sie heute meistens nicht größer als eine Lakritzstange - und stecken in den Ohren unserer Mitmenschen; vorzugsweise mit Geräuschunterdrückung.

Nun liefern sich zwei Kinder ein Rennen gegen die Laufrichtung und stiften heilloses Chaos. Gelebte Anarchie. Nur wenige Reisende lächeln. Wie schnell Kinder vermeintlich geordnete Bahnen in Frage stellen können - und wie gut dies zuweilen tut - scheinen einige vergessen zu haben. Ebenso den Umstand, es in diesem Alter mit Wonne selbst probiert zu haben. Amnesie kann bereits im Herzen beginnen.

Sind Rollbänder also ein Quell immerwährender Frustration?Mitnichten. Findet man sich damit ab, dass Gehbänder nichts anderes als camouflierte Stehbänder sind, kann man nur positiv überrascht werden.

Wer es wirklich eilig hat, ist - soweit es die Physis zulässt - neben der Rollbahn kaum langsamer. Wie im richtigen Leben.