Werbung

Karlspreis in Aachen: Timothy Garton Ash für Verdienste um Europa ausgezeichnet

Der Brite sagte in seiner Dankesrede, Europa könne aus seiner Geschichte lernen.

Irgendwann in den 70ern knatterte ein Alfa Romeo über die Autobahn Richtung West-Berlin. Am Steuer summte ein junger Student, zarte 23 Jahre alt, die Melodien des Liedermachers Wolf Biermann. Viele Jahre später sollte er einer der wichtigsten Chronisten eines der größten Umbrüche der europäischen Geschichte werden. Die Rede ist von Timothy Garton Ash, dem britischen Historiker und Zeitzeugen der Revolutionen in Osteuropa. In Aachen erhielt er am Donnerstag für seine Verdienste um Europa einen der bedeutendsten europäischen Preise: den Karlspreis. Besonders das Forschungsprojekt „freespeechdebate“ zum Thema Redefreiheit habe das Karlspreisdirektorium fasziniert, erklärt der Aachener Bürgermeister Marcel Philipp. Zumal in Europa die Möglichkeiten, seine eigene Meinung zu sagen, immer eingeschränkter würden. Eine würdige Entscheidung Eine würdige Entscheidung, ein Wink sogar in Zeiten, in denen Europa wie ein angeschlagener Boxer zu taumeln scheint. Denn der an der Universität Oxford lehrende Garton Ash hat neben seiner Konzentration auf Fakten und Formen des Wandels immer auch die Rolle des Visionärs eingenommen. Wer hätte gedacht, sagte er seiner Dankesrede im Krönungssaal des Aachener Rathauses, dass diese Umbrüche mit dem Fall der Berliner Mauer und dem Zerfall der Sowjetunion überhaupt so friedlich hätten stattfinden können. Er erinnerte seine Zuhörer daran, darunter Weggefährten des Briten, aber auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Bundestagspräsident Karl Lamers, weiter an die großen Ziele in der Geschichte zu glauben. Der Oberbürgermeister bat um eine Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags in Manchester. Garton Ash zeigte sich in seiner Rede gerührt von der Anteilnahme Europas. Doch zunächst würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer exzellenten Rede, die mehrfach von tosendem Beifall unterbrochen wurde, Garton Ash als einen großen Europäer. Er erzählte auch die Geschichte von der Fahrt mit dem Alfa Romeo. Eine Ironie der Geschichte ist es dabei vielleicht, dass die Stasi über Garton Ash ihre Spitzelei in der Akte „Romeo“ fixiert hatte. Garton Ash wünscht sich von den Briten „keinen Rückfall in alte Zeiten“ In dieser Akte stand eben auch, welche Orte der junge Brite in Ostdeutschland aufsuchte, etwa das Pfarrhaus in Pankow, in dem sich die intellektuellen Oppositionellen der DDR trafen. Später dann kam die Zeit in Polen, Garton Ash war mit der Chefredakteurin der Gazeta Wyborcza. „Sie waren am Küchentisch der Weltgeschichte“, sagte der Bundespräsident. Und dort habe der Brite mehr vom Wandel in Ostdeutschland mitbekommen, als die meisten Westdeutschen. Steinmeier sprach auch die Rolle Großbritanniens an. Von den Briten wünsche er sich keinen Rückfall in alte Zeiten, in denen es London nur um...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung