Kassensturz für die Rente - Staatlich gefördert: So funktioniert das innovative Altersvorsorgedepot
In Zeiten finanzieller Unsicherheit bietet das geplante Altersvorsorgedepot einen Hoffnungsschimmer. Finanz-Profi Kevin Kronauer erläutert, wie dieses Modell funktionieren soll und welche Vorteile es für Sparerende birgt.
Was ist das Altersvorsorgedepot und wie soll es funktionieren?
Das Altersvorsorgedepot ist ein von der Bundesregierung neues, geplantes Modell der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge. Es soll den Bürger:innen ermöglichen, kapitalmarktorientiert und mit staatlicher Förderung für das Alter innerhalb eines Depots vorzusorgen.
Der ursprüngliche Vorschlag zum Altersvorsorgedepot kam von der „Fokusgruppe Altersvorsorge“. Diese Gruppe setzt sich aus verschiedenen Interessensgruppen wie Verbraucherschutz, Wissenschaft und Finanzunternehmen zusammen und erarbeitete Reformvorschläge zur privaten Altersvorsorge. Ziel des Altersvorsorgedepots sollen höhere Renditechancen, geringe Kosten, mehr Flexibilität und geringe Komplexität sein. Damit hebt es sich von bestehenden staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukten ab.
Für die Umsetzung sollen Bürger:innen ein speziell zertifiziertes Altersvorsorgedepot eröffnen. Das im Altersvorsorgedepot angesparte Kapital soll grundsätzlich erst ab dem Renteneintrittsalter verfügbar sein. Die Sparer:innen sollen das Kapital dann in monatlichen Raten im Rahmen eines Entnahmeplans mindestens bis zum Alter von 85 Jahren abrufen können. Einmalige Kapitalentnahmen könnten in Ausnahmefällen (bspw. Eigenheimfinanzierung oder Berufsunfähigkeit) dennoch möglich sein.
Wie wird die staatliche Förderung für das Altersvorsorgedepot aussehen?
Die staatliche Förderung für das Altersvorsorgedepot wird voraussichtlich mehrere zentrale Elemente umfassen, die den bereits bestehenden privaten Altersvorsorgemöglichkeiten teilweise ähneln.
Ein zentraler Aspekt der Förderung wird die Möglichkeit sein, Einzahlungen in das Altersvorsorgedepot bis zu einer festgelegten Höchstgrenze von der Einkommensteuer abzusetzen. Derzeit werden Beträge zwischen 2.100 und 3.500 Euro pro Jahr als Höchstgrenze diskutiert. Die Besteuerung erfolgt dann erst nachgelagert in der Entnahmephase, also ab dem Renteneintritt.
Ein weiteres Element ist die Steuerstundung: Während der Ansparphase sollen alle Erträge aus dem Depot steuerfrei bleiben. Das bedeutet, dass Veräußerungsgewinne (zum Beispiel bei Umschichtungen), Dividenden- und Zinserträge nicht versteuert werden. Diese Steuerstundung wirkt sich vor allem bei langfristigen Anlagehorizonten, wie es in der Regel beim Altersvorsorgedepot der Fall sein wird, sehr positiv aus.
Als finales Element ist, zusätzlich zu den steuerlichen Vorteilen, auch eine staatliche Zulage geplant, vergleichbar mit der Riester-Rente. Damit sollen weitere Anreize für die Bürger:innen geschaffen werden, um die langfristige Altersvorsorge in Deutschland zu stärken.
Welche Anlagemöglichkeiten wird das Altersvorsorgedepot bieten?
Das Altersvorsorgedepot soll eine Vielzahl von Anlagemöglichkeiten für die Anleger:innen bieten und den Möglichkeiten aktueller Depots ähneln. So soll die kostengünstige Anlage in Aktien- und Anleihen-ETFs innerhalb des Altersvorsorgedepots ein zentrales Element sein, da hiermit ein solides und langfristig orientiertes Altersvorsorgeportfolio bespart werden kann. Spekulativere Anlagen wie Kryptowährungen und Zertifikate sollen wohl eher nicht zu den Anlagemöglichkeiten gehören.
Im Vergleich zur Riesterrente sollen Beitragsgarantien keine verpflichtende Rolle spielen, wodurch die Anlage auch wirklich renditeorientiert stattfinden kann. Aufgrund der in der Vergangenheit immer wieder auftretenden verheerenden Nachteile der Beitragsgarantien ist dies ein absolut sinnvoller Schritt.
Wer mehr Sicherheit innerhalb seines Altersvorsorgedepots abbilden möchte, kann hier einfach den Anteil sicherer Anleihen- oder Geldmarkt-ETFs erhöhen. Aber auch risikoaverse Anleger:innen sollten zumindest einen gewissen Anteil an Aktien-ETFs oder -Fonds im Altersvorsorgedepot haben, um beim langen Anlagehorizont für die Altersvorsorge nicht zu viel Rendite liegen zu lassen.
Sind Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern oder Produkten möglich?
Wechsel zwischen verschiedenen Anbietern oder Produkten im Altersvorsorgedepot sind möglich. Die Bundesregierung beabsichtigt, dass Sparer:innen ihre Altersvorsorgedepots jederzeit und ohne hohe Kosten zwischen unterschiedlichen Anbietern transferieren können. Dies soll den Wettbewerb beleben und den Anleger:innen vorteilhaftere Konditionen und grundsätzliche geringe Kosten bei den Anbietern ermöglichen.
Durch die Steuerstundung der Erträge während der Ansparphase sind auch steuerfreie Umschichtungen oder Wechsel beispielsweise zwischen verschiedenen Fonds und ETFs möglich. Zwar sollten Anleger:innen auf eine ruhige Hand (Buy&Hold-Strategie) bei der Anlage achten, jedoch können Umschichtungen in risikoärmere Anlagen kurz vor und im Ruhestand sehr sinnvoll sein. Sollte ein Fonds oder ETF einmal geschlossen werden, führt dies ebenfalls nicht zur unfreiwilligen Besteuerung der entstandenen Erträge.
Auch das Guthaben aus bestehenden Riesterverträgen soll in das Altersvorsorgedepot umgeschichtet werden können. Möchten Anleger:innen an ihrem bestehenden Riestervertrag nichts ändern, soll Bestandsschutz für die Verträge gelten.
Welche Risiken sind mit dem Altersvorsorgedepot verbunden?
Das Altersvorsorgedepot in seiner aktuellen Planung bringt neben der eingeschränkten Kapitalverfügbarkeit keine spezifischen Risiken im Gegensatz zu einem normalen Depot mit sich.
Die zu besparenden Anlagen innerhalb des Altersvorsorgedepots natürlicherweise schon. Besteht das Altersvorsorgedepot beispielsweise zu 100 Prozent aus einer globalen Aktien-ETF-Anlage, bringt dies neben der hohen Renditeerwartung ein entsprechendes Schwankungsrisiko mit sich.
Kurseinbrüche in schweren Finanzkrisen von über 50 Prozent sind in der Vergangenheit bereits vorgekommen und müssen von den Anleger:innen emotional durchgestanden werden. Der lange Anlagehorizont für die Altersvorsorge hat solche Schwankungen historisch zwar immer wieder ausgeglichen, jedoch sollten Anleger:innen sich in ihrer Risikobereitschaft auch nicht überschätzen. Ein individuell höher oder niedrigerer Anteil an risikoarmen Anlagen im Altersvorsorgedepot wie beispielsweise Geldmarkt-ETFs reduzieren die Schwankungs- aber auch die Renditeerwartung.
Das aktuell wohl noch größte Risiko ist, dass die durchaus sinnvollen Pläne für das Altersvorsorgedepot durch politischen Druck oder Lobbydruck noch zum Negativen veränderten werden.
Vor allem die Versicherungswirtschaft würde durch das Altersvorsorgedepot wohl starke Konkurrenz bekommen, da das Privileg der erhöhten steuerlichen Förderung nicht nur noch auf Seiten der Lebens- und Rentenversicherungen liegen würde. Führen bereits jetzt schon sehr günstige Online-Depotanbieter das Altersvorsorgedepot zu ähnlichen Kosten ein, würde das zudem den ohnehin schon vorhanden Kostendruck auf die Versicherer weiter erhöhen.
Wann wird das Altersvorsorgedepot offiziell eingeführt?
Das Altersvorsorgedepot soll offiziell am 1. Januar 2026 eingeführt werden. Bis dahin sollen die genauen Details und Rahmenbedingungen des neuen Modells festgelegt werden, wobei damit gerechnet wird, dass diese eventuell schon zum Jahresende 2024 oder Jahresanfang 2025 feststehen. Dies würde auch den Anbietern die benötigte Zeit geben, um das Altersvorsorgedepot auch zum 1. Januar 2026 für Anleger:innen anbieten zu können.