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"Kein harter Hund, ein Stratege": So tickt der neue TSG-Trainer

Alfred Schreuder heißt er also, der neue Trainer der TSG Hoffenheim. Ein Name, der vielen auf den ersten Blick unbekannt erscheint. Doch ein Niemand ist der Niederländer im Kraichgau längst nicht mehr.

Der Nachfolger von Julian Nagelsmann, der im Sommer zu RB Leipzig wechselt, ist bei genauerem Hinsehen sogar eine Personalie mit Stallgeruch. Bereits zwischen Oktober 2015 und Januar 2018 stand der heute 46-Jährige bei der TSG unter Vertrag, damals noch als Co-Trainer unter Huub Stevens und Nagelsmann.

Ein alter Bekannter des 46-jährigen Schreuder ist sein Landsmann Gertjan Verbeek. "Das kam überraschend für mich, dass Alfred neuer Trainer in Hoffenheim wird", sagt Verbeek zu SPORT1. Er kann die TSG-Entscheidung aber voll und ganz nachvollziehen: "Er hat in Hoffenheim schon gut mit Huub Stevens und Julian Nagelsmann zusammengearbeitet. Man kannte ihn also beim Klub und jetzt hat er die Chance ergriffen, dort Cheftrainer zu werden. Er hätte eigentlich auch Nagelsmann nach Leipzig folgen können, wie ich hörte. Ich gönne es ihm von Herzen."

Der 56 Jahre alte Verbeek, der in Deutschland den 1. FC Nürnberg und den VfL Bochum trainierte, hat in den 1990er Jahren in der niederländischen Eredivisie sogar noch gegen Schreuder gespielt. "Wir kennen uns gut, er ist ein lieber Kollege und guter Mensch", erklärte Verbeek. "Alfred ist ein bodenständiger Typ, absolut geerdet. Wir haben viel Respekt voreinander. Er war immer freundlich, wenn wir uns trafen."

Schreuder beginnt Profilaufbahn bei Feyenoord

Insidern dürfte Schreuder auch seit Real Madrids Aus in der Champions League gegen Ajax Amsterdam bekannt sein – auch wenn er beim niederländischen Rekordmeister als Assistent von Trainer Eric ten Hag "nur" in der zweiten Reihe steht.

Doch erst einmal der Reihe nach: Schreuders Profilaufbahn als Spieler begann in der Saison 1991/92 bei Feyenoord Rotterdam, wo der defensive Mittelfeldspieler allerdings nur zu einem einzigen Einsatz in der Eredivisie kam. Nach einer weiteren Saison ohne Spielzeit wechselte er 1993/94 zu RKC Waalwijk, wo er als Stammspieler in vier Jahren auf 117 Einsätze kam.

Es folgten sechs Jahre bei NAC Breda, bevor es für ihn zurück zu Feyenoord ging. Dort wurde seine Spielerkarriere durch ein privates Unglück überschattet und unterbrochen, als seine Tochter im März 2006 an den Folgen eines Hirntumors verstarb.

"Der Tod seiner Tochter 2006 war schlimm für ihn", sagte Verbeek. "Wenn so etwas Schreckliches passiert, relativiert sich alles. So war es auch bei ihm." Als Schreuder wieder auf den Platz zurückkehrte, warf ihn eine Knöchelverletzung zurück.

2007 wechselte der damals 34-Jährige zu Twente Enschede und begann dort nebenbei eine Trainerausbildung. Seine aktive Laufbahn beendete er zur Winterpause 2008/09 bei Vitesse Arnheim, wo er direkt im Anschluss den Posten als Co-Trainer übernahm.

Schreuder bei Twente erstmals Cheftrainer

Es folgten 17 Spiele unter dem damaligen Cheftrainer Theo Bos, bevor es ihn im darauffolgenden Sommer für insgesamt sechs Jahre zurück zu Twente Enschede zog. In dieser Zeit assistierte er Steve McLaren (114 Spiele), Michel Preud'homme (53 Spiele), Michel Jansen (45 Spiele) sowie Co Adriaanse (31 Spiele).

Zwischenzeitlich fungierte er zwischen McLaren und Preud'homme als Interimstrainer, nach dem Erwerb seiner Trainerlizenz übernahm er im Juli 2014 für eine Saison sogar als Cheftrainer. In dieser Zeit debütierte unter anderem der heutige Ajax-Star Hakim Ziyech in der Europa League.

Im Anschluss an Twente zog es Schreuder zum ersten Mal zur TSG Hoffenheim, wo er unter Stevens (10 Spiele) und, nach dessen gesundheitsbedingtem Rücktritt, unter Nagelsmann (77 Spiele) als Co-Trainer arbeitete.

Anfang Januar 2018 kehrte der Vater von vier Kindern in sein Heimatland zurück und unterstützt seitdem ten Hag als Assistenztrainer bei Ajax. Mit ihm feierte er zuletzt bemerkenswerte Erfolge: Der Traditionsklub bezwang im Achtelfinale der Königsklasse Titelverteidiger Real und spielt im Viertelfinale gegen Juventus. (Service: Champions-League-Spielplan)

Schreuder bevorzugt ein 4-3-3

Zur kommenden Saison kehrt der 46-Jährige nun also in den Kraichgau zurück – diesmal jedoch als Cheftrainer. Sein Amt tritt er zum 1. Juli an, insgesamt läuft sein Vertrag bis 2022.

"Der neue Job in Hoffenheim reizt Alfred sehr", erklärte Verbeek. "In Hoffenheim hat es ihm damals sehr gut gefallen. Alfred hat viel gelernt von Nagelsmann. Ajax war gut für ihn wegen der Familie. Der nächste Schritt ab Sommer ist für ihn eine tolle Geschichte. Als Spieler war er ein Stratege. Er ist ein ruhiger Kerl, zeigt nicht viele Emotionen. Er ist kein harter Hund, weiß aber, was er will."

In bislang 51 Spielen als Chefcoach holte er 19 Siege und 4 Unentschieden bei 18 Niederlagen (1,39 Punkte pro Spiel). Sein bevorzugtes System bei Twente war ein 4-3-3, was jedoch auch als 4-2-3-1 auslegbar ist – und damit zu Hoffenheim passt. "Er hat bereits bewiesen, dass er für einen Fußball steht, den auch die TSG Hoffenheim auszeichnet: mutig, frisch, offensiv", sagte TSG-Mäzen Dietmar Hopp nach Schreuders Verpflichtung.

Verbeek von Schreuder überzeugt

Auch Verbeek ist davon überzeugt, dass die Rückkehr zu Hoffenheim der richtige Schritt für Schreuder ist: "Er hat als Trainer viel Erfahrung. Die Philosophie von der TSG passt absolut zu Alfred. Die Verantwortlichen dort wissen, was Sie an ihm haben, weil er schon dort war. Man kennt seine Art und seinen Weg. So ist Nagelsmann in Hoffenheim auch Cheftrainer geworden. Es ist eine Win-win-Situation."

Mit Twente erreichte er in der Saison 2014/15 Platz 10 in der Eredivisie – doch im Kraichgau sind die Ansprüche höher als nur das graue Mittelfeld. Die Mindestzielvorgabe bei der TSG ist mittlerweile der Europapokal. Doch auch dies hat Schreuder aus seiner Zeit als Co-Trainer verinnerlicht: "Ich weiß um die große Herausforderung, aber genau darin liegt für mich ein besonderer Reiz. Natürlich wird es hilfreich sein, dass ich die Strukturen des Klubs ebenso kenne wie alle handelnden Personen."