Keine Berührungsängste: ARD-Doku zeigt Verbindung der AfD zu Rechtsradikalen

Demonstration der „Identitären“ im Juni 2017 in Berlin. Sie inszenieren sich als gewaltfreie Jugendorganisation, durchbrechen aber gewaltsam eine Polizei-Absperrung. Foto: NDR/Sebastian Heidelberger.
Demonstration der „Identitären“ im Juni 2017 in Berlin. Sie inszenieren sich als gewaltfreie Jugendorganisation, durchbrechen aber gewaltsam eine Polizei-Absperrung. Foto: NDR/Sebastian Heidelberger.

Passend zum Einzug der AfD ins Maximilianeum sendete die ARD am Montagabend die Reportage „Am rechten Rand. Wie radikal ist die AfD?” aus der Reihe „Die Story im Ersten”. Die Frage lässt sich schon nach den ersten Sequenzen eindeutig beantworten.

Gerade erst hat die AfD den Sprung in den Bayerischen Landtag geschafft. Mit 10,2 Prozent blieb das Ergebnis allerdings unter den Erwartungen der Partei. Stärkste Opposition werden wohl künftig die Grünen, die 17,5 Prozent der Wähler überzeugen können und die im Landtag fast doppelt soviel Sitze erhalten wie die AfD.

Zu Beginn des Films steht AfD-Chef Alexander Gauland auf einer Bühne und erklärt, dass die Bundesregierung einen unumkehrbaren „Bevölkerungsaustausch” plane. „Wir sollen als Volk und Nation allmählich absterben”, schimpft Gauland. Die Frage, welchen Grund, welche Motivation die Bundesregierung für ein solches Vorhaben haben könnte, beantwortet Gauland nicht. Gauland – 30 Jahre CDU-Mitglied, meist in herausgehobenen Positionen – behauptet: „Die Bundesregierung will, dass wir für die Einwanderer arbeiten, damit die in Ruhe Kinder kriegen können.” Belege hat er keine. Wozu auch? Es geht um Stimmungen, nicht um Fakten.

Todesdrohungen gegen Journalisten nach dem Kyffhäusertreffen des rechten AfD-Flügels. Foto: NDR/Sebastian Heidelberger,
Todesdrohungen gegen Journalisten nach dem Kyffhäusertreffen des rechten AfD-Flügels. Foto: NDR/Sebastian Heidelberger,

Das ist alles bekannt. Die Reportage präsentiert keine neuen Erkenntnisse. Die Verbindungen von AfD-Mitgliedern in die rechtsradikale Szene sind vielfach dokumentiert. Die Stärke des Films liegt darin, dass die Journalisten führende AfD-Funktionäre direkt mit den Recherchen konfrontieren. So sagt Parteichef Jörg Meuthen: „Gucken Sie sich mal an, von wem diese Partei geführt wird und dann sagen Sie mir mal, dass das Radikale sind.” Der Vorwurf, in der AfD würde Rechte den Ton angeben, sei nur ein Versuch „bestimmter Kreise”, die Partei in ein schlechtes Licht zu setzen, klagt Meuthen. Auch Björn Höcke, Sprecher der Thüringer AfD, sieht die Partei als Opfer einer Kampagne.

Die Realität sieht so aus: Während Gauland im Saal über einen „Bevölkerungsaustausch” räsoniert, attackieren AfD-Anhänger vor laufender Kamera Journalisten. „Ihr Dreckschweine, wir kriegen euch!”, brüllt ein Mann. Später wird einem Reporter ein Fotoapparat aus der Hand geschlagen. Es bleibt nicht das einzige Beispiel in der ARD-Doku für die fließenden Übergänge der AfD zur extremen Rechten. In Chemnitz demonstriert die Führungsspitze der Partei mit Hooligans und Neonazis. Eine Kundgebung der „Identitären Bewegung”, nach der es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kommt, findet ebenfalls unter AfD-Beteiligung statt.

Die AfD-Landesgruppe Sachsen-Anhalt im Deutschen Bundestag lädt zwei ehemalige Mitglieder der „Jungen Nationaldemokraten”, der Jugendorganisation der rechtsradikalen NPD, ins Parlament ein.

Die Filmemacher veröffentlichen Aufnahmen, die das AfD-Bundesvorstandsmitglied Andreas Kalbitz während eines Sommerlagers der „Heimattreuen Deutschen Jugend” (HDJ) zeigen. Die HDJ sah sich in der Tradition der Hitler-Jugend. 2009 verbot der Bundesinnenmister den Verein. Im Film kommt Kalbitz zur Wort. Er sagt: „Das ist Teil meines Lebens und ich sehe keinen Grund, mich davon zu distanzieren.” Heute träumt er davon, die 68iger-Erben „auf die politische Sondermülldeponie zu befördern” und fügt hinzu: „Wir werden auf den Gräbern tanzen.” Parteichef Meuthen bestreitet, dass Kalbitz Rechtsextremist ist. Der Mann leiste eine hervorragende Parteiarbeit, so Meuthen.

Todesdrohungen gegen AfD-Aussteiger

Frühere AfD-Mitglieder sehen das anders. Der Jurist Matthias Manthei beispielsweise. Früher war er in der CDU, vermisste aber konservative Positionen. In Mecklenburg-Vorpommern gehörte Manthei zu den Gründern der AfD. Mittlerweile hat er die Partei verlassen. Er habe in der AfD immer wieder erlebt, dass Mitglieder „unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen.” Solche Mitglieder würden nicht nur geduldet, sondern sogar aktiv in den Vorstand gewählt”, berichtet der frühere Richter.

Als er aus der AfD ausgetreten ist, sei er bedroht worden. „In WhatsApp-Gruppen wurde über meine Ermordung diskutiert”, so Manthei. In einer Botschaft an ihn hieß es: „Früher hätte man so jemanden an die Wand gestellt.” Manthei hat Strafanzeige gestellt.

Am Ende der Reportage fragt die Reporterin den AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Pasemann: „Wie erklären Sie, dass sich ausgerechnet Menschen aus dem extrem rechten Spektrum um die AfD sammeln. Pasemann antwortet: „Wo sollen sie sich denn sonst sammeln?

Die Dokumentation ist noch bis 15. Januar 2019 in der ARD-Mediathek abrufbar.