Kenias Präsident fordert ausgewogene Beziehungen zwischen Afrika und Europa
In einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg plädierte William Ruto für eine "grundlegende" Überarbeitung der Finanzinstitutionen, die die Weltwirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lenken. Sie würden den Kreislauf von "Verschuldung und Abhängigkeit" aufrechthalten und seinen deshalb nicht mehr "zweckdienlich".
"Die Kluft zwischen Ost und West ist unhaltbar und kontraproduktiv und arbeitet gegen unserer aller Interessen", sagte Ruto vor den Abgeordneten.
"Der Klimawandel hat eine neue Dimension in diese komplexe Gleichung gebracht. Während er eine existenzielle Bedrohung darstellt, hat sich der Klimawandel auch als nivellierende Kraft erwiesen, die uns alle gleichstellt, angesichts einer gemeinsamen globalen Herausforderung, die alle Grenzen überschreitet."
EU-Beziehungen statt Look-East-Ansatz
Ruto, der im September letzten Jahres Kenias Präsident wurde, hat eine Außenpolitik verfolgt, die auf eine Verbesserung der Beziehungen zu den westlichen Ländern abzielt. Seine Vorgänger hatten eher einen "Look East"-Ansatz verfolgten, um die Beziehungen zu China zu vertiefen.
Dieser Wandel wird in Brüssel begrüßt, das bis zu 150 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte bereitstellen will, um Pekings Einfluss in der Region entgegenzuwirken.
Ruto warnte jedoch, seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit dürfe nicht als "Freibrief für die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Kenias", einschließlich der Rohstoffe, zum alleinigen Nutzen reicher Nationen verstanden werden. Afrika trage noch immer die Narben des Kolonialismus, die sich in den wirtschaftlichen und institutionellen Abhängigkeiten zeigten, die den Fortschritt weiterhin behinderten, sagte er.
Hemmende Finanzierungsbedingungen abschaffen
Während seiner 30-minütigen Rede schlug der Präsident wiederholt Alarm wegen der schwierigen Finanzierungsbedingungen, mit denen die afrikanischen Länder konfrontiert sind und in denen Investoren aus Angst vor unerwarteten Umständen und politischer Instabilität hohe Prämien verlangen, um sich gegen Risiken abzusichern. Dies habe zu "prohibitiv hohen Kapitalkosten" geführt, die den Kontinent daran hinderten, sein Potenzial auszuschöpfen, und das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle weiter verschärften.
Wenn sich der Zugang zu Finanzmitteln verbessere, so Ruto, könne Afrika eines Tages zu einem "grünen Kraftwerk" werden, das der Welt hilft, sich von fossilen Brennstoffen zu lösen und die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Ruto ermutigte die EU-Regierungen und -Unternehmen, in die schnell wachsende Jugend Afrikas zu investieren und eine lebendige, sich selbst tragende Wirtschaft" zu schaffen, die die Migrationsströme eindämmen kann - ein dringendes Anliegen der EU.
"Wir befinden uns in einer neuen Ära globaler Interdependenz, die sich zu einer wechselseitigen Beziehung weiterentwickeln muss. Wir brauchen eine ausgewogenere und gerechtere globale Partnerschaft mit einem bewussten Technologietransfer und einem gezielten Kapitalfluss in den globalen Süden", sagte Ruto, "das bedeutet auch, dass wir uns an den Tisch setzen müssen, um im Geiste der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Verständnisses nach Lösungen zu suchen, die für uns alle funktionieren."