Nein zu Einheitsregierung: Maliki verschärft Krise im Irak

Lehnt die Bildung einer Einheitsregierung ab: Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki. Foto: epa/Archiv

Mit seiner Absage an eine «Regierung der nationalen Rettung» hat der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki die Krise im Land weiter verschärft.

In einer Fernsehansprache lehnte der Premier auch einen Rücktritt ab. Nicht näher genannten politischen Gegnern warf er in Bagdad vor, sich mit der Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) verbündet zu haben. Sowohl Isis-Einheiten als auch Regierungstruppen konnten am Mittwoch laut Medienberichten militärische Erfolge erzielen.

Der Iran versetzte seine Truppen an der Grenze zum Irak in Alarmbereitschaft. Grund dafür sei der jüngste Isis-Vormarsch im Nachbarland, sagte Armeesprecher Ali Arasteh. Der Iran hat eine 1450 Kilometer lange Grenze zum Irak. In dem Konflikt steht Teheran auf der Seite der schiitisch dominierten Regierung in Bagdad.

US-Außenminister John Kerry hatte am Dienstag nach Besuchen in Bagdad und der kurdischen Autonomieregion im Norden des Irak verkündet, die führenden Politiker des Landes seien zur Bildung einer Einheitsregierung bereit. In ihr sollen Schiiten, Sunniten und Kurden gleichermaßen vertreten sein. Das Parlament wollte laut Kerry am kommenden Dienstag mit der Bildung einer neuen Regierung beginnen.

Al-Maliki sagte dagegen in seiner Ansprache, eine «Regierung der nationalen Rettung» stelle einen Putsch gegen die Verfassung und den politischen Prozess dar.

Al-Maliki ist seit 2006 im Amt. Ihm wird vorgeworfen, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere die Sunniten. Aus den Parlamentswahlen im April war Al-Malikis Rechtsstaats-Koalition als stärkste Kraft hervorgegangen. Sie braucht jedoch einen Koalitionspartner, um weiter regieren zu können. Zahlreiche führende sunnitische und auch schiitische Politiker lehnen eine erneute Wahl Al-Malikis allerdings ab.

Kerry hatte in seinen Gesprächen im Irak auf die schnelle Bildung einer Einheitsregierung gedrungen, um den Zerfall des Landes zu verhindern. «Der Irak steht vor einer existenziellen Bedrohung, und die irakischen Führer müssen dieser Bedrohung mit der gebotenen Eile begegnen», hatte er gesagt.

Auch die Bundesregierung drang am Mittwoch erneut darauf, im Irak schnellst möglich eine Regierung zu bilden, die alle Teile der Bevölkerung mit einbezieht. Dies sei Voraussetzung für eine friedliche Zukunft des Landes, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gebe eine extrem zugespitzte Situation im Irak.

Isis-Kämpfer und ihre lokalen sunnitischen Verbündeten kontrollieren mittlerweile große Teile im Norden und Westen des Landes. Sie wollen auch Bagdad einnehmen und ein sunnitisches Kalifat errichten. Am Mittwoch eroberten sie eines der größten Öl- und Gasfelder des Landes. Aus irakischen Sicherheitskreisen hieß es, Isis-Kämpfer kontrollierten nach Kämpfen das Ölfeld Adschil südwestlich der Stadt Kirkuk.

Die irakische Regierung vermeldete ebenfalls militärische Erfolge. Die irakische Armee konnte nach offiziellen Angaben die strategisch wichtige Ölraffinerie in dem Ort Baidschi wieder zurückzuerobern. Elite-Einheiten der Armee hätten alle Zufahrten zur Raffinerie nach Kämpfen mit Isis-Aufständischen unter Kontrolle gebracht, meldete der staatliche Fernsehsender Al-Irakija auf seiner Internetseite.

Zuvor waren bei irakischen Luftangriffen auf Baidschi 16 Menschen ums Leben gekommen und 30 verletzt worden. Der Ort rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad ist strategisch bedeutsam, weil dort eine der größten irakischen Ölraffinerien und ein Kraftwerk liegen.

Im Irak sind seit Beginn der Offensive der Islamisten vor gut zwei Wochen nach Angaben der Vereinten Nationen etwa 900 Zivilisten getötet worden. Der Isis-Vormarsch hat nach Schätzungen des Ernährungsprogramms der Vereinten Nationen zudem allein während der vergangenen Tage eine halbe Million Menschen vertrieben.

Im Kampf gegen die extremistische Isis-Miliz nahmen die ersten US-Militärberater ihre Arbeit im Irak auf. Die 40 vor einigen Tagen in das arabische Land verlegten Soldaten sollen nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Stärken und Schwächen der irakischen Streitkräfte prüfen. Unterstützung erhielten sie von 90 Kollegen, die am Dienstag in Bagdad eingetroffen waren.