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Kitchen Impossible: Tofu, Tränen, Schickimicki

Tim Mälzer in Italien. In der schwarzen Box befindet sich jene Kreation, die Mälzer erst erkennen und dann nachkochen muss. Foto: MG RTL D / Endemol Shine
Tim Mälzer in Italien. In der schwarzen Box befindet sich jene Kreation, die Mälzer erst erkennen und dann nachkochen muss. Foto: MG RTL D / Endemol Shine

TV-Kochsendungen sind gefährlich. Sie verführen junge Menschen dazu, einen Beruf zu ergreifen, dessen Wirklichkeit nichts mit der heilen Zuckergusswelt in der Glotze zu tun hat.

Wer beispielsweise „Kitchen Impossible” auf VOX schaut, könnte glauben, Köche reisen ständig durch die Welt, schnippeln unter südlicher Sonne exotisches Gemüse, das sie dann in klinisch-sauberen Designerstudios schonend garen, um anschließend von glücklichen Gästen in den Himmel gelobt zu werden. Die Realität schmeckt meistens bitter. Zwischen Herd und Spüle herrscht ein Umgangston wie auf dem Kasernenhof, vor den ständigen Wochenenddiensten kapitulieren Beziehungen, und an den Tischen lümmeln nörgelnde Ignoranten, die Omelett Surprise für Eierkuchen halten.

Folge drei der aktuellen Staffel von „Kitchen Impossible” am Sonntagabend beschränkte sich indes nicht auf die üblichen Illusionen an der Induktionsplatte, sondern hatte eine tiefere Botschaft. Sie lautete: Niemand stirbt, wenn er auf Fleisch verzichtet. Im Gegenteil. Raffinierte Küche funktioniert auch ohne tote Tiere im Tiegel. Ausgerechnet Tim Mälzer, der fast immer mit Fleisch kocht, musste gestern vegan kochen.

Vegan-Food vom Fleisch-Fan

Ausgedacht hatte sich diese Prüfung Maria Groß, die sympathische Chefin des Lokals „Bachstelze”, in der Thüringer Provinz. Zunächst fühlte sich Mälzer „provoziert”. Schließlich gab er sich aber tapfer und betonte: „Ich liebe vegetarisch-vegane Küche.” Das war sicher gelogen, aber – soviel sei schon jetzt verraten – Mälzer schlug sich bravourös. Auf der Speisekarte stand „High Grade”, ein Wokgemüse mit dehydriertem Tofu mit Bacon-Aroma, dazu Vollkornreis und eine mit Feigen aufgewertete Hanfsamenmilch.

Zwischen Ehrfurcht und Stopfleber: Tim Mälzers zweifelhafter Umgang mit Fleisch

Serviert wird das leckere Gericht im angesagtesten Vegan-Laden Londons, dem „Cook Daily”. In London hatte Mälzer vor 20 Jahren zusammen mit Jamie Oliver gearbeitet. Also flossen beim Fernsehkoch erst einmal die Tränen, als er durch seine alte Heimat streifte. Nachdem die versiegt waren, versuchte Mälzer sich am „High Grade”. Die besondere Schwierigkeit bestand weniger bei Zutaten oder Zubereitung, sondern darin, dass sich die Küche des „Cook Daily”, in einem umgebauten Schiffscontainer versteckt. Es war also knacke eng. Am Ende vergab die Jury 6,1 von zehn Punkten. Nicht schlecht. Allerdings muss man sagen: Es handelte sich um Streetfood. Eine echte Herausforderung wäre es gewesen, hätte Mälzer eins der Kunstwerke aus dem „Blossom” nachkochen müssen, dem weltweit besten Vegan-Restaurant in New York.

Eine Sendung ganz ohne tierische Produkte wäre aber wohl zu viel des Guten gewesen. Was sonst noch geschah:

Tim Mälzer und Meisterköchin Maria Groß
Tim Mälzer und Meisterköchin Maria Groß

Maria Groß reiste nach Frankreich. Ihre Aufgabe: Croissant und dreierlei Marmelade. Klingt simpel. Ist es aber nicht. Croissantteig ist die Diva unter den Teigsorten, er braucht viel Zeit und Liebe und gilt als echte Herausforderung im Backwarenbereich. Immerhin hatte Großmeisterin Christine Ferber ein waches Auge auf Marias Groß-Versuch. Betreutes Backen quasi.

In Folge zwei gab’s Gestänker: Zwischen Tim Mälzer und The Duc Ngo herrschte dicke Luft

Maria Groß wusste, dass sie nur verlieren kann, hantierte aber munter drauflos. „Angst ist ein schlechter Ratgeber”, sagt die Thüringerin. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Gut: Die Croissants waren außen zu dunkel und innen zu hart, die Erdbeermarmelade geriet etwas zu flüssig und die Zwiebelmarmelade enthielt zu wenig Essig. Ansonsten war alles dufte und die Jury vergab 5,7 Punkte.

Hipster-Futter aus der Molekularküche

Ihrer zweite Aufgabe brachte Maria allerdings an den Rande des Wahnsinns. Falsche Jakobsmuschel auf falschem Risotto und Lammhüfte mit Miniaubergine und Joghurt-Minz-Sphäre. Anders ausgedrückt: Schickimicki-Schnulli aus der Molekular-Küche. Erfinder des Hipster-Futters ist Giuseppe Messina vom Restaurant Pasta Vino im bayerischen Miesbach. „So ein Rotz”, sagte Groß und besser kann man die kulinarische Zumutung nicht zusammenfassen. Ihr Engagement war dann auch sehr gebremst. Die Testesser schenkten ihr 3,1 Punkte. Kein Grund, traurig zu sein.

“Ihr nehmt mir die Lust am Kochen”: Woran Tim Mälzer in Folge eins verzweifelte

Mälzers zweite Challenge führte ihn ins italienische Roseto Valfortore. Sein Gericht: Orecchiette con polpette al sugo di Pomodoro. Auf deutsch: Pasta mit frittierten Brotresten und Tomatensoße. Der Hamburger hatte keine Chance gegen die Vorlage der fast hundertjährigen Oma, die diese Kreation seit Anbeginn der Zeit für ihre weitverzweigte Familia kocht. Entsprechend überschaubar war die Begeisterung der Kinder, Enkel und Urenkel von Nonna Antonia über Mälzers Malzeit. Dennoch gewann er das Wettkochen. Am Schluss erreichte er 9,3 Punkte, Maria Groß kam auf 8,8. (fb)

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