Ein Klassiker als Horrorstück: Wie die Todgeweihten an der Macht verzweifeln
In Joel Coens meisterhafter Neuverfilmung "The Tragedy of Macbeth" ist der Königsmörder kein machthungriges Monster, sondern ein von seinen eigenen Schwächen überwältigter Mensch.
Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des schottischen Königsmörders Macbeth fasziniert seit Jahrhunderten, auch weil der englische Dramatiker William Shakespeare in seiner Tragödie das Wesen der Menschen in ausdrucksstarken Worten erfasste. Die Schönheit der lyrischen Sprache stand dabei immer schon im krassen Kontrast zum blutigen Fatalismus dessen, was sie beschreibt - nur selten aber mehr als in Joel Coens meisterlicher Neuverfilmung des Klassikers mit Denzel Washington und Frances McDormand in den Hauptrollen.
"The Tragedy of Macbeth", ab 14. Januar beim Streamingdienst Apple TV+ im Programm, ist ein monochromer Albraum, ein Horrorfilm über Macht, Ehrgeiz und Gewalt.
Ein Film für die Ewigkei
Wer Shakespeare neu verfilmt, muss eine eigene Vision entwickeln, um sein Publikum zu fesseln: "Macbeth" wurde bereits mehr als zwei Dutzend Mal fürs Kino adaptiert, zuletzt 2015 mit Michael Fassbender und Marion Cotillard in den Hauptrollen. Joel Coen, der zum ersten Mal ohne seinen Bruder Ethan drehte, hat aus seiner Version einen Film für die Ewigkeit gemacht: reduziert, entrückt, sinnlich.
Mit meisterlichen Schwarz-Weiß-Bildern im Grenzbereich zwischen Kino und Theater inszeniert Coen den rücksichtslosen Machthunger von Macbeth (Washington) und Lady Macbeth (McDormand) als Kampf gegen Schuldgefühle und eigene Schwächen. Ihr Wettlauf gegen die unvermeidliche Selbstzerstörung ist so aussichtslos wie die Hoffnung, dass sich der Nebel in Schottland irgendwann lichtet. Die Todgeweihten müssen an ihrer Macht verzweifeln.