Kloeppel-Doku deckte auf: Die wahren Gründe fürs deutsche Bahn-Desaster

Kriegen wir Deutschen es einfach nicht hin? Peter Kloeppel (links) befragte Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn. (Bild: RTL / Christian Schürmann)
Kriegen wir Deutschen es einfach nicht hin? Peter Kloeppel (links) befragte Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn. (Bild: RTL / Christian Schürmann)

Verspätungen, marode Technik, Gewalt in den Zügen, hohe Preise. Die meisten Deutschen sind unzufrieden mit der Deutschen Bahn. In der RTL-Reportage "Peter Kloeppel DURCHLEUCHTET: Das Chaos bei unserer Bahn" sollte in 90 Minuten herausgefunden werden, woran das System krankt. Ist dies geglückt?

In etwas mehr als 90 Netto-Minuten zur Donnerstags-Primetime stellte RTL das System "Deutsche Bahn" auf den Prüfstand. Die wichtigsten Aufreger, Mythen und Fragen zum Thema Bahnverkehr wurden gestellt und durchaus anschaulich beantwortet: Warum kommen so viele Züge zu spät? Weshalb sind unser Schienensystem und unsere Züge so anfällig für Pannen? Warum funktioniert das alles im Ausland besser? Wie kann man beim Bahnfahren sparen, und ist das Verkehrsmittel überhaupt sicher? Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse der RTL-Doku.

In einem monothematischen Reportage-Magazin widmete sich RTL-Urgestein Peter Kloeppel über 90 Minuten vertiefend einem gesellschaftlichen Thema. Es geht um das ewige Spott- und Sorgenkind, die Deutsche Bahn. Sind die Probleme des Schienen-Giganten einfach nicht in den Griff zu kriegen? Und wenn ja - warum ist das so? (Bild: RTL / Guido Engels)
In einem monothematischen Reportage-Magazin widmete sich RTL-Urgestein Peter Kloeppel über 90 Minuten vertiefend einem gesellschaftlichen Thema. Es geht um das ewige Spott- und Sorgenkind, die Deutsche Bahn. Sind die Probleme des Schienen-Giganten einfach nicht in den Griff zu kriegen? Und wenn ja - warum ist das so? (Bild: RTL / Guido Engels)

Wie unpünktlich ist die Deutsche Bahn wirklich?

Ziemlich unpünktlich, mit Tendenz zum Schlechteren. 2022 kamen von drei Fernzügen nur zwei pünktlich. Damit sank die Pünktlichkeitsquote von 75 Prozent (2021) auf 65 Prozent im Jahr 2022. Als pünktlich definiert die Bahn alle Züge, die weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Das heißt, kleine Verspätungen werden noch nicht mal erfasst.

Woran liegt die Unpünktlichkeit?

Deutschlands Schienensystem ist alt und überlastet. Seit 1995 ist der Güterverkehr um mehr als 80 Prozent angestiegen, die Zahl der Fahrgäste wuchs um 94 Prozent. Das Schienennetz allerdings ist im selben Zeitraum um 13 Prozent geschrumpft, weil Strecken stillgelegt wurden. Dazu ist das Netz unflexibler geworden, um Kosten zu sparen: Zwischen 1994 und heute wurden satte 74.000 Weichen abgebaut, weil sie sehr teuer im Unterhalt sind.

Die Folge: Züge können nicht mehr ausweichen, Kettenreaktionen von Verspätungen treten auf. Dazu kommt: Schnellzüge nutzen in Deutschland anders als beispielsweise in Frankreich oder Japan keine eigenen Gleise. ICEs können zwar mehr als 300 Kilometer pro Stunde fahren, doch auf deutschen Gleisen herrscht "Mischbetrieb". Das heißt, ICEs und ICs teilen sich das Schienennetz mit den viel langsameren Regional- und Güterzügen.

Warum gibt es so viele andere Pannen?

Anatol Jung, ein ehemaliger Sicherheitsprüfer der Bahn, packt in der Dokumentation aus und benennt die drei wichtigsten Probleme der Bahn: Personalmangel, Alter der Anlagen, die teilweise "bis in die Kaiserzeit zurückreichen", und die Netzüberlastung. In den Zügen selbst sind kaputte Türen, Toiletten, Klimaanlagen und Bremsen die häufigsten Störungen. Die Bahn ist ein Sanierungsfall, sagt auch Verkehrsexperte Phillip Kosok. Der Grund: eine jahrzehntelange Sparpolitik. "Die Probleme werden sich nicht binnen weniger Jahre lösen lassen", urteilt Kossok. "Es braucht eine große Sanierungsstrategie, die über Jahre durchgezogen wird. Dann wird auch in Deutschland wieder pünktlicher und leistungsfähiger Bahnverkehr möglich sein."

Wie viel Geld bekommt die Bahn - und ist das zu wenig?

Fakt ist, andere Bahn-Länder investieren deutlich mehr in ihren Schienenverkehr. Zwar nehmen die Investitionen nun auch hierzulande deutlich zu, Schweden jedoch hat - pro Einwohner gerechnet - 2021 doppelt so viel ins Schienennetz gesteckt wie Deutschland. In der Schweiz waren es sogar fast dreieinhalbmal so viel. 100 Milliarden Euro bräuchte man, so die Doku, um die Deutsche Bahn vollständig und zeitgemäß zu sanieren, doch gerade mal drei Milliarden stellt der Bund dafür bereit. Auch das deutsche System, wie Geld in die Schiene investiert wird, sorgt nicht unbedingt dafür, dass alle an einem Strang ziehen: Neuanschaffungen bezahlt der Bund, für Reparatur und Instandhaltung der Anlagen ist jedoch die Bahn selbst verantwortlich.

Ist Bahnfahren überhaupt sicher?

Spätestens seit dem Unglück im bayerischen Burgrain vom Sommer 2022, als beim Entgleisen eines Regionalzuges fünf Menschen getötet und über 40 verletzt wurden, stellt sich die Frage: Kann man mit der maroden Deutschen Bahn noch sicher reisen? Auch wenn die Ursache des Unglücks noch nicht gänzlich geklärt ist, ist das Risiko, beim Bahnfahren tödlich zu verunglücken, sehr gering. Statistisch war es zwischen den Jahren 2012 und 2021 satte 55-mal geringer als beim Autofahren.

Ein anderes Argument stellen dagegen Gewalt und Übergriffe in Zügen dar. Statistisch erfasst wurden Handgreiflichkeiten und Aggression gegen Bahn-Mitarbeiter: 3.138 körperliche Übergriffe hat das Unternehmen 2022 gezählt. Das waren 21 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und ergaben im Schnitt 8,59 Angriffe pro Tag. Und dies sind nur die offiziell gemeldeten Vorfälle. Dazu kommt, dass während der Corona-Zeit weniger Bahn gefahren wurde. Allerdings mussten Mitarbeitende in jener Zeit auch die Maskenpflicht durchsetzen.

Wie kann man beim Bahnfahren Geld sparen?

Kein Serviceprogramm ohne Kosten-Vergleich. Am Beispiel einer fünfköpfigen Familie aus Buxtehude wurden verschiedene Buchungs- und Reisestrategien durchgespielt, mit deren Hilfe man eine Menge Geld sparen kann. Hier die wichtigsten Tipps: Möglichst früh buchen, "Randzeiten" wie den Dienstag, Mittwoch und Samstag nutzen, Spar- und Supersparpreise im Buchungssystem suchen, bei längeren Strecken Zwischenhalte einfügen (was mitunter zu günstigeren Gesamtpreisen führt!) und in Grenzregionen die Fahrt bis ins Ausland verlängern (was skurrilerweise ebenfalls einen Spareffekt nach sich ziehen kann). Ansonsten: Die Anschaffung einer Bahncard prüfen und den Service "Fahrgastrechte" im Netz oder am Schalter nutzen. Denn bei Verspätungen gibt es - relativ unkompliziert - Geld zurück.