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Klopp besiegt Tuchel: Spitzenduell und doch jede Menge Ausreden

Der FC Liverpool hat sich mit Jürgen Klopp zum Auftakt der Champions League gegen Thomas Tuchels Paris Saint-Germain durchgesetzt. Beide Trainer fanden im Anschluss Gründe, um dem Spiel seine Bedeutung abzusprechen.

Jürgen Klopp besiegte mit dem FC Liverpool Thomas Tuchel und Paris Saint-Germain. (Bild: Getty Images)
Jürgen Klopp besiegte mit dem FC Liverpool Thomas Tuchel und Paris Saint-Germain. (Bild: Getty Images)

So richtig zuversichtlich war Thomas Tuchel schon vor der Partie nicht gewesen. Der PSG-Trainer stapelte auf der Pressekonferenz ganz tief und sprach davon, noch viel mehr Zeit zu brauchen, um auf das Level von Liverpool zu kommen.

Gleichwohl musste der ehemalige Mainz- und BVB-Trainer aber anmerken: “Eine Herausforderung wie diese kommt nie zu früh.” Nun: Ganz offensichtlich kam sie zu früh. Die Reds waren an der Anfield Road deutlich überlegen, ein 2:2, wie es lange auf der Anzeigetafel stand, wäre ein Schlag ins Gesicht für jede Statistik gewesen.

Tuchels Team konnte gegen die Tempomaschine von Jürgen Klopp nur phasenweise überzeugen. Hier ein schönes Dribbling von Neymar, dort eine gute Aufbauszene, mehr war noch nicht zu holen für die ambitionierten Franzosen.

PSG hat noch großes Potenzial auszuschöpfen

Klopp verzichtete auf Neuzugang Naby Keita und setzte auf vertraute Gesichter, während Tuchel auf der anderen Seite vor Experimenten nicht zurückschreckte. Innenverteidiger Marquinhos spielte im Mittelfeld und sah dabei genauso aus wie ein Verteidiger, der ins Mittelfeld beordert wurde.

Die Franzosen versuchten sich daran, Liverpools Pressing über die Flügel zu überspielen und schoben ihre Außenverteidiger enorm hoch. Das wurde einerseits durch den Treffer von Thomas Meunier belohnt, andererseits aber auch diverse Male bestraft als die Verteidiger nicht schnell genug auf ihre Position zurückkehrten.

Balance und Spielanlage stimmen in Paris noch nicht mit dem überein, was sich Tuchel wünscht. “Wir müssen uns über das gesamte Feld verbessern”, merkte der Trainer im Nachgang an. Dabei richtete sich seine Aufmerksamkeit gar nicht so sehr auf die Taktik.


Tuchels Team überzeugte vor allem mental nicht

Vielmehr betonte Tuchel die mentale Stärke der Gegner. Während die Spieler von Klopp über den Platz fetzten, hatten es Neymar und Co. sichtlich schwer, sich an das Tempo und die Lauffreudigkeit ihrer Gegner anzupassen. Hier besteht Verbesserungsbedarf.

Der Brasilianer brauchte unverhältnismäßig viel Zeit, um sich nach Ballverlust aufzuraffen, wieder in die Defensive zu kommen, einige potentielle Angriff fielen dem schnellen Nachsetzen der Engländer zum Opfer. Ein simples “This is Anfield” reicht da nicht ganz als Erklärung.

Sicherlich einer der Faktoren dafür: PSG spielte sein erstes Top-Spiel dieser Saison. Die Ligue 1 ist schon lange zum Selbstläufer geworden, während Liverpool in der Premier League sich zuletzt gegen die Tottenham Hotspur behaupten musste. Ein kleiner, wohl aber wichtiger Vorteil.

Klopp wehrt sich gegen die Favoriten-Rolle

Liverpool scheint früh in der Saison schon in guter Verfassung zu sein. Das verwundert nicht weiter, hat sich bei den Reds doch nur wenig geändert im Vergleich zur vergangenen Saison. Das Team ist eingespielt und zeigte am Dienstagabend bereits, dass die Ziele erneut ehrgeizig gesteckt sind.

Während Klopp bemüht war, den Sieg klein zu halten, sollte doch auch dem letzten Beobachter aufgefallen sein, dass Liverpool in den Favoritenkreis der Champions League gehört. Der Trainer sprach von einer “guten Leistung”, nicht von einer “sehr guten Leistung” und schlug doch PSG mit 3:2.

“Vor zwei, drei Jahren hätte jeder gesagt, dass das für uns eine zu große Aufgabe ist”, erinnerte sich der Coach. Die Entwicklung seiner Mannschaft ist klar zu sehen – wenngleich nicht zu vernachlässigen ist, dass sein Klub in diesem Sommer rund 180 Millionen Euro investierte.

Aus Mainz an die europäische Spitze

Klopp dürfte in dieser Saison genauso nach dem Titel greifen wie Tuchel mit PSG. Aus Mainz an die Spitze des europäischen Fußballs, das darf in Deutschland durchaus als gute Arbeit in der Aus- und Weiterbildung erfasst werden.

Schade nur, dass beide Trainer die Bundesliga hinter sich gelassen haben und hierzulande nur noch selten in Erscheinung treten. Das Spiel beider Mannschaften war – trotz mancher noch offener Baustelle – enorm ansehnlich und spannend bis zum Schluss.

Der Weg beider Mannschaften trennt sich nun vorerst, ehe sie sich im Rückspiel unter anderen Bedingungen erneut treffen werden. Spätestens dann gelten für Tuchel keine Ausreden mehr – und Klopp müsste bei einem Sieg seine letzten Hoffnungen begraben, wieder als Underdog durchzugehen.