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Gauck lässt «Kriegshetzer»-Vorwurf ohne juristische Folgen

Ein Linke-Abgeordneter aus Brandenburg hatte den Bundespräsidenten als «Kriegshetzer» bezeichnet. Foto: Wolfgang Kumm / Archiv

Trotz «Kriegshetzer»-Vorwürfen will Bundespräsident Joachim Gauck den Brandenburger Landtagsabgeordneten Norbert Müller (Linke) juristisch nicht zur Rechenschaft ziehen.

Man werde keine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilen, sagte eine Sprecherin Gaucks der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte eine Meldung der «Welt». Müller hatte Gauck als «widerlichen Kriegshetzer» bezeichnet. Die große Koalition nahm Gauck in Schutz.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach mit Blick auf Müllers Äußerungen im Bundestag von «unglaublichen Entgleisungen». Oppermann zog auch einen Vergleich zu Nazi-Methoden in der Weimarer Republik, was wiederum bei der Linken Proteste auslöste.

Gauck hatte sich erst jüngst mit deutlichen Worten in die Debatte um die deutsche Außenpolitik eingeschaltet. «In diesem Kampf für Menschenrechte oder für das Überleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen», hatte er im Deutschlandradio gesagt. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar hatte der Bundespräsident bereits mehr Einsatz Deutschlands bei der Krisenbewältigung in der Welt gefordert.

Müller hatte auf seiner Seite im sozialen Netzwerk Facebook Äußerungen des Bundespräsidenten zur deutschen Außenpolitik mit den Worten kommentiert: «Mancher bleibt sich treu. Andere werden Bundespräsident und widerliche Kriegshetzer.» Nach Paragraf 90 des Strafgesetzbuches droht bei Verunglimpfung des Bundespräsidenten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Eine solche Tat wird aber nur mit Ermächtigung des Staatsoberhauptes verfolgt.

Mehrere Redner von Union und SPD im Bundestag forderten Linke-Fraktionschef Gregor Gysi auf, sich klar zu distanzieren. Gysi sagte daraufhin, Müller habe sich «falsch ausgedrückt». «Es kann schon sein, dass der eine oder andere bei uns mal über das Ziel hinausschießt.» Für die Linke wie für andere Parteien gelte aber: «Keine Partei kann für jede Äußerung eines einzelnen Mitglieds die Verantwortung übernehmen.»

Gysi fügte hinzu: «Ich werde niemals den Bundespräsidenten beleidigen. Aber rügen darf ich schon, dass er auch verteidigungspolitisch sät, was wir zivilrechtlich unbedingt lösen müssen in diesen Menschheitsfragen.» Gauck hatte in den vergangenen Monaten mehrfach verlangt, Deutschland müsse international mehr Verantwortung übernehmen. Dies hatte die Debatte über weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr neu belebt.

Oppermann wies die Kritik aus der Linkspartei in scharfen Worten zurück. «Das war die Strategie der Nazis in der Weimarer Republik gegen Reichspräsident Ebert», sagte der SPD-Fraktionschef. «Nun ist ganz klar, dass ich Sie damit nicht in Verbindung bringen will. Aber durch ihre demagogische Verdrehung der Äußerungen des Bundespräsidenten legen Sie die Grundlage für solche unglaublichen Entgleisungen.»

Linken-Chef Bernd Riexinger sagte der Online-Ausgabe der «Ostsee-Zeitung»: «Es muss jetzt schleunigst verbal abgerüstet werden. Kritik an Äußerungen des Bundespräsidenten ist nicht nur zulässig, sondern nötig, wenn er sich bewusst gegen die Mehrheit der Bevölkerung stellt und einem verstärkten militärischem Engagement der Bundeswehr im Ausland das Wort redet.» Wer den Bevölkerungswillen akzeptiere, müsse Krieg als Mittel deutscher Politik ausschließen. Gauck habe sein Amt genutzt, um diese Debatte zu beginnen. «Jetzt muss sie in aller Sachlichkeit und mit dem nötigen Respekt vor der Würde des Amts geführt werden», verlangte Riexinger.

SPD-Vize Ralf Stegner sagte den «Kieler Nachrichten» (Donnerstag): «Kritik am Staatsoberhaupt sollte immer respektvoll formuliert werden.» Es müsse aber auch klar bleiben, dass für die SPD die Politik der militärischen Zurückhaltung» unter keinen Umständen zur Disposition stehe.

Facebook-Account Norbert Müller