Zweifel an Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen

Die Haushaltspolitiker von Union und SPD möchten unerwartete Steuerüberschüsse in die Reparatur von Straßen und Schienen investieren. "Das ist eine Verabredung der Haushälter der großen Koalition: Sollte es Mehreinnahmen geben, geht das in die Infrastruktur", sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs, der "Bild".

Spekulationen, dass die Steuer-Rekordeinnahmen genutzt werden, um die sogenannte Kalte Progression abzubauen, erteilte Kahrs eine Absage: "Die Überschüsse reichen eh nicht, um die Kalte Progression anzupacken." Diese bewirkt, dass Lohnsteigerungen durch höhere Steuersätze wieder aufgezehrt werden.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig zweifelt allerdings an den Finanzierungszusagen des Bundes für Verkehrswege. Er wurde zuletzt für seinen Vorschlag eines Schlagloch-Solis aller Autofahrer heftig gescholten. Nun begründet er ihn mit Zweifeln an den Finanzierungsversprechen der schwarz-roten Koalition in Berlin. 

"1,5 Milliarden Euro davon sind schon vorweggenommen für noch offene Verkehrsprojekte, die zu Ende geführt werden müssen", erläuterte der SPD-Politiker in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Zudem rechnet das Bundesverkehrsministerium mit Mindereinnahmen von einer Milliarde Euro bei der Lkw-Maut. Der Bundesfinanzminister wird also ganz schön arbeiten müssen, um diese fünf Milliarden doch zusätzlich bereitzustellen." Albig nannte es eine "Tatsache, dass eine Pkw-Maut in Deutschland nur für EU-Ausländer kaum rechtskonform zu gestalten ist".

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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnte Albigs Vorschlag ab. Die deutschen Autofahrer würden ihren Beitrag zur Infrastruktur bereits über Kfz- und Mineralölsteuer zahlen: "Für deutsche Autofahrer wird es deshalb keine Mehrbelastung geben", sagte er der "Bild"-Zeitung (Mittwoch). Ausländische PKW sollten hingegen künftig per Maut "den Erhalt unserer Straßen mitfinanzieren". 

Neben breiter Kritik erntete Albig mit seinem Vorschlag einer Autofahrer-Abgabe von etwa 100 Euro im Jahr vereinzelt aber auch Unterstützung. Der Europaabgeordnete der Grünen, Michael Cramer, sagte der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch): "Albigs Analyse ist richtig. Deutschland investiert zu wenig in die Infrastruktur." Zugleich forderte der Grünen-Verkehrsexperte "eine Maut für alle Lastwagen ab 3,5 Tonnen für alle Straßen, entfernungsabhängig wie in der Schweiz". 

Bisher gilt die LKW-Maut nur auf Autobahnen und einigen Bundesstraßen für Laster ab 12 Tonnen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will das Gewicht ab 2015 auf 7,5 Tonnen senken und die Gültigkeit bis 2018 auf alle Bundesstraßen ausweiten. 

Albigs Vorschlag knüpft an einen einstimmigen Länderbeschluss vom vergangenen Oktober an, wonach zur Sanierung verfallender Straßen jedes Jahr sieben Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden sollten. Durch den vorgeschlagenen Fonds will Albig diese jährliche Summe bis 2030 finanzieren. 

Linkspartei-Chef Bernd Riexinger sagte der "Stuttgarter Zeitung" (Mittwoch), Albig habe "nur zu früh ausgesprochen, was viele in der großen Koalition insgeheim auch denken". Der Beschluss der Länderverkehrsminister sei nichts anderes "als die Roadmap zur Einführung einer Maut für alle".

dpa / Yahoo Nachrichten