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Von Kohls kleinem Mädchen zu Deutschlands Mutti

Angela Merkel hat sich in die Geschichtsbücher regiert, ihre Amtszeit ist eine Ära, die nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa geprägt hat.

Die gebürte Hamburgerin zog mit ihren Eltern in die ostdeutsche Provinz, wo ihr Vater eine Stelle als Pfarrer angenommen hatte. Sie wuchs in der DDR auf, studierte in Leipzig Physik.

Nach dem Fall der Mauer trat sie 1990 der CDU bei. Altkanzler Helmut Kohl gab ihr 1994 den ersten Ministerposten und förderte ihre Karriere - das Ministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit, ein passendes Ressort für die promovierte Physikerin. Nach der Wahlniederlage 1998 sah Kohl, wie sich seine Schülerin von ihm abwandte, ebenso wie die Partei. Grund war die CDU-Spendenaffaire, Kohl wollte die Quellen nicht offenlegen. Merkel war damals CDU-Generalsekretärin.

Pragmatisch, stoisch, beliebt, erfolgreich

2005 gewinnt die Union knapp die Bundestagstagswahl, Angela Merkel wird Bundeskanzlerin und die politische Karriere von Gerhard Schröder (SPD) beendet. Seitdem hat Merkel fünf britische Premierminister, vier US-Präsidenten, drei spanische und acht italienische Ministerpräsidenten überlebt.

Beim G8-Gipfel 2007 begrüßte sie die Regierungschefs im Ostseebad Heiligendamm, scherzte mit US-Präsident George W. Bush und Russlands Wladimir Putin.

Die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten waren zeitweise angespannt. 2013, unter Obama, kam der NSA-Spionageskandal ans Licht. Und mit Trump wurde es noch schlimmer. Der US-Präsident verweigerte ihr einmal den Handschlag und ignorierte sie mehrmals. Beim G7-Treffen weigerte sich Trump als einziger Staatschef, eine von Merkel vorgeschlagene gemeinsame Erklärung zur Vermeidung eines Handelskriegs zu unterzeichnen.

Immer wieder wurde ihr ein beinahe stoischer Pragmatismus vorgeworfen, besonders während der Eurokrise, als Merkel trotz Not der südlichen EU-Staaten auf Sparmaßnahmen bestand.

Dem gegenüber stehen Momente, in denen sie ihre Meinung geändert hat. 2015 sagte sie "Wir schaffen das" und ließ eine Million Flüchtlinge vor allem aus den Kriegsgebieten Syrien und Irak ins Land. Merkels Popularität war während der Migrationskrise auf dem Tiefpunkt.

Geschwiegen, beobacht und spät gehandelt

Für ihren Umgang mit der Corona-Pandemie wurde sie weithin gelobt, die schwarze Null wurde über den Haufen geworfen, Sofortmaßnahmen zur Rettung der Wirtschaft ergriffen und die öffentlichen Ausgaben erhöht.

In den Jahren ihrer Amtszeit hat Angela Merkel oft geschwiegen, beobacht und spät gehandelt aber sie hat das Land auch durch viele gefährliche wirtschaftliche und politische Gewässer navigiert.

Merkel verabschiedet sich nach 16 Jahren an der Macht. Aber wer weiß - die Regierungsbildung nach der vergangenen Bundestagswahl hat sechs Monate gedauert. Einige sehen Merkel schon als amtierende Kanzlerin Weihnachtslieder singen und eine Neujahrsansprache halten.