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Kommentar: Alles wegen Putin – Winter is coming

Der Kreml setzt sein zynisches Pokerspiel fort: Grundlos wird die Gaslieferung gedrosselt, der Hafen von Odessa nur einen Tag nach dem Getreideabkommen beschossen. Wir können mitspielen. Oder uns entgegenstellen. Dafür aber braucht es zwei Dinge.

Vielleicht könnte man sich für den Winter seinen Mantel ausleihen? Russlands Präsident Wladimir Putin bei den Olympischen Spielen im Februar 2022 in Peking (Bild: Sputnik/Aleksey Druzhinin/Kremlin)
Vielleicht könnte man sich für den Winter seinen Mantel ausleihen? Russlands Präsident Wladimir Putin bei den Olympischen Spielen im Februar 2022 in Peking. (Bild: Sputnik/Aleksey Druzhinin/Kremlin)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Vorstellung fällt noch schwer: Wird tatsächlich ab November zu frieren sein, weil weniger aus der Heizung kommt? Unrealistisch ist das nicht. Die Gasspeicher füllen sich nicht, wie sie es sollten. Irgendwann muss dann rationiert werden.

Die Vorstellung gerät auch ein wenig blöd: Frieren, um es Wladimir Putin zu zeigen? Dass es den Lügenverbrecher beeindrucken könnte, wenn ein zweiter Pulli übergezogen wird, wage ich zu verzweifeln.

Die gern Besorgten wie Michael Kretschmer, Tino Chrupalla und Sahra Wagenknecht rufen an dieser Stelle laut "Halt" und plädieren für einen Kuschelkurs (nichts anderes wäre es), um den Kreml doch zu mehr Gas zu bewegen, man brauche es halt. Doch Energie ist kein Heroin. Man kann ihren Verbrauch drosseln, ohne gleich den Untergang des Abendlandes auszurufen. Wie wäre es, zur Abwechslung, mit zwei Dingen: Entschlossenheit und Geschlossenheit werden uns in dieser Lage weiterbringen. Den lügengetränkten Manövern der russischen Regierung jedenfalls nachzulaufen, darin sehe ich kaum einen Sinn.

Jetzt mal zusammenreißen

Machen wir uns also mit dem Ernst der Lage vertraut. Robert Habeck ist schon längst im Krisenmodus und setzt ganz im Sinne Otto Rehhagels auf kontrollierte Offensive; dass dadurch seine Umfragewerte oben bleiben und viele ihn sexy finden, sobald er nur gähnt, ist für ihn ein Kollateralnutzen. Der grüne Wirtschaftsminister bemüht also Star Wars in abgewandelter Form. "Ja, Putin hat das Gas", sagte er unlängst, "aber wir haben die Kraft". Das klang kräftig nach Meister Yoda. Die Macht bei den Jedi ist ja etwas Gutes, während Putin und seine Wagnerianer eher wie Kopfgeldjäger daherkommen.

Und um in der Filmsprache zu bleiben: Mit "Winter is coming" stimmte die Serie "Game of Thrones" ihre Zuschauer auf immer weitere Staffeln ein. Und es macht auch Sinn, dass wir uns für die kälteren Monate wappnen. Denn es werden gerade nicht irgendwelche Untoten über uns herfallen, sondern nur ein paar Disziplinierungsmaßnahmen. Schon jetzt kann Gas eingespart werden. Jede und jeder kann sich fragen, auf was verzichtet werden kann, ohne dass drei Tage lang in Tränen ausgebrochen werden muss. Wir hätten von Anfang an auf Gas aus Putins Rohren verzichten sollen, um mehr Entschlossenheit zu zeigen. Denn überhaupt damit zu kalkulieren, dass ein Staat mitten in Europa mit seiner Masche massiver Grenzverletzungen Vorteile zeitigen kann, ist eine Kapitulation vor der Zukunft. Was wir Putin heute durchgehen lassen, fällt uns morgen umso schwerer vor die Füße; und von Moral & Ethik brauchen wir gar nicht erst anfangen zu reden.

Was noch alles geht

Wir brauchen in Deutschland ein neues Wir-Gefühl. Einen Zusammenhalt gegenüber Putins Spielchen. Die brauchen und sollten wir nicht mitmachen. Uns stattdessen darauf einstellen, dass im kommenden Winter einige Dinge anders laufen könnten, also Bewusstheit entwickeln.

Dann wird das schon. Und am Ende machen wir dem Lügenverbrecher eine lange Nase.

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