Kommentar: Amthor wird Verdacht der Käuflichkeit nicht los

Philipp Amthor bei einer Photosession vor dem Reichstag im Mai 2020 (Bild: Janine Schmitz/Photothek via Getty Images)
Philipp Amthor bei einer Photosession vor dem Reichstag im Mai 2020 (Bild: Janine Schmitz/Photothek via Getty Images)

Der CDU-Politiker gibt sich kernig, wertebetont und jung. Dabei sieht seine Politik ziemlich alt aus.

Ein Kommentar von Jan Rübel

„Philipp Amthor – für Sie im Bundestag“ – mit dieser ersten Zeile informiert der CDU-Abgeordnete von der mecklenburgischen Seenplatte auf Google über seine Website. Fragt sich nur: Für wen genau ist er im Parlament? Einem Eindruck von Käuflichkeit des 27-jährigen Jungstars konnten sich die Organisationen Transparency International und Lobbycontrol nicht erwehren – das war vor einem Jahr, als herauskam, dass Amthor für das amerikanische IT-Unternehmen Augustus Intelligence tätig war und für die Firma bei Ministerien und auf offiziellen Bundestagsbriefköpfen warb.

Amthor kriegte noch die Kurve, gab die Aktienoptionen zurück, bedauerte die Luxusflüge nach New York, Korsika und St. Moritz. Diesen „Fehler“ bezahlte er damit, dass er nicht mehr für die Wahl zum Landesparteichef antrat. Dennoch kam er davon.

Denn im März dieses Jahres fegte die „Masken-Affäre“ durch die Union. Abgeordnete von CDU und CSU hatten sich eine goldene Nase verdient, weil sie den Aufkauf von Masken vermittelten – ein, zwei Anrufe, dann kam der Scheck. Die durch die Pandemie durchgeschüttelte Öffentlichkeit sorgte dafür, dass diese Parlamentarier gar aus der Partei gejagt wurden. Wären Amthors Augustus-Dienste erst in diesem Fahrwasser bekannt geworden, hätte es für ihn schlimmer ausgehen können.

Doch nun legt er eine Schippe drauf.

Knock-Knock, TikTok

Das Videoportal TikTok versucht sein Image aufzupolieren und suchte dafür die Nähe mitunter von Amthor. Der ist bekannt, dass er die Partei-Hintergründe des Dienstleisters aus China kritisch sieht. Socialmedia im Schatten einer Diktatur, so die durchaus realistische Lesart. Doch dann trat ein neuer Cheflobbyist für TikTok auf den Plan und traf sich mit Amthor. Wenig später lief eine Spende in Höhe von 2500 Euro bei einem Musikfestival in Amthors Wahlkreis ein – auf Idee von ihm, wie er zugab. Und dann wollte TikTik eine Veranstaltung der Jungen Union sponsern, also die Videotechnik finanzieren. Angeblich wusste Amthor davon nichts, Details auf „Mitarbeiterebene der Jungen Union sind ohne mein Mitwirken abgewickelt“ worden, sagte er dem „Spiegel“.

Uiuiui. Das ist gut möglich. Aber auch ohne sein Mitwissen? Und Gröberes schon? Immerhin ist Amthor Bundesschatzmeister der JU. Und er sollte sowas wissen. Auch, dass die JU dieses Sponsoring möglichst geräuscharm über eine dritte, unbeteiligte Kanzlei abwickeln wollte (welche sich dann weigerte).

Amthor ist 27 Jahre alt. Aber im Zweifelsfall sind es Mitarbeiter gewesen. Diese Argumentation klingt ziemlich alt, als stammte sie aus dem Wortbaukasten altverdienter Politschlachtrosse, die bei Spenden entweder einen Blackout hatten oder angeblich nicht mitkriegten, was ihre Mitarbeiter so alles trieben.

Ist das alles nötig?

In unserem Land hat jeder das Recht, Geld zu verdienen. Auch über gute Einkommen wie die Abgeordnetendiät hinaus. Was aber Amthor antrieb, für ein dubioses Unternehmen wie Augustus den Staubsaugervertreter zu spielen, was ihn dazu bewegt, heutzutage nebenbei für die Wirtschaftskanzlei White & Case zu arbeiten und warum er Spenden von TikTok „empfiehlt“ – das alles erschließt sich mir nicht. Ist er nicht ausgelastet genug? Hat er nicht aus früheren Fehlern gelernt? Wie alt kann man sein mit 27 Jahren? Und was will er anstellen, um den Verdacht zu entkräften, er sei für jemand anderes im Bundestag als für seine Wähler?

Amthor ist ein hart arbeitender Politiker, sein Jura-Studium schloss er mit Prädikat ab. Er ist ein talentierter Redner, teilt gern nach allen Seiten aus, verschließt sich keinen Debatten, die er tapfer und demokratisch bestreitet. Doch viele weitere Bewährungschancen erhält er nicht.

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