Werbung

Kommentar: Andi Scheuers heiße Luft ist nicht sauber

Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, spricht während eines Interviews. (Bild: Michael Kappeler/dpa)
Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, spricht während eines Interviews. (Bild: Michael Kappeler/dpa)

Der Bundesverkehrsminister erhält die nächste Watschn – diesmal aus Brüssel. Andi Scheuer sieht sich als Ermöglicher, umzingelt von lauter Verhinderern. In Wirklichkeit ist er genau letzteres.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Andi Scheuer ist ein Mann der „positiven Botschaften“ und voller „Optimismus“, diese Worte fallen bei ihm oft. So wird es auch heute bei ihm klingen, wenn der Bundesverkehrsminister die neueste Ohrfeige zu kommentieren hat, die man ihm verabreichte.

Scheuer: Deutschland auf gutem Weg gegen weitere Diesel-Fahrverbote

Drei EU-Kommissariate schrieben ihm einen Brief, weil er dies Ende Januar so wollte. Scheuer hatte, wie immer, die Lautstärke hochgekurbelt. Die EU-Kommission möge doch bitte die bestehenden Grenzwerte für saubere Luft überprüfen. Ein Brief hatte ihn damals aufgescheucht, da nahm er sein Brett und suchte die perfekte Welle: Ein paar Lungenärzte bequemten sich aus ihren Praxen heraus und zweifelten die ungesunde Wirkung von Feinstaub an. Für zwölf Stunden sorgten sie im Land für Aufregung, immerhin waren es Ärzte, die gefühlten Halbgötter in Weiß! Scheuer hatte die Badeshorts längst an. Einen Beitrag zu „Sachlichkeit und Fakten“ nannte er den Brief. Die Welle ebbte nur rasch ab, nachdem sich die Wissenschaft nach einer kurzen Schockphase berappelte.

War da was?

Das öffentliche Schreiben dieser Lungenärzte steht nun als komische Luftnummer von Clowns da. Erstens stand dort falsch berechneter Unsinn drin, zweitens stellten sie sich gegen tausende (TAUSENDE) von Studien, welche die ungesunde Wirkung von Feinstaub sowie Stickoxyden beweisen und drittens erwiesen sich die Ärzte mehr als drollige Onkels, jedenfalls nicht als Wissenschaftler; geforscht hatten sie zu dem Gebiet nicht. Vielleicht war es ein Bauchgefühl gewesen, welches sie zum Briefeschreiben bewog – da sind sie ganz nah bei Scheuer, der auch gern auf Nachrichten von unten setzt.

Irrtümer: Lungenarzt hat sich in Feinstaub-Stellungnahme verrechnet

Scheuer wollte also eine Antwort von Brüssel – und er erhielt sie. Wissenschaftliche Erkenntnisse rund um Stickstoffdioxid und Feinstaub wiesen auf negative Auswirkungen auf die Gesundheit hin, schrieben ihm die drei Kommissariate für Verkehr, Umwelt und Binnenmarkt. Und weiter verwies man auf den so genannten Fitnesscheck. Dieser wird überprüfen, ob Grenzwerte überarbeitet werden müssen. Dabei hat Brüssel auch betont, dass es nur um eine mögliche Verschärfung gehe. Nun schreiben die drei erneut, es werde geprüft, ob die Grenzwerte “ausreichend streng” seien. EU-Staaten seien eingeladen, “relevante Erkenntnisse” einzubringen – sie würden “den Beitrag der Bundesregierung so bald wie möglich begrüßen”.

Von Scheuer dürfen die drei nicht viel erwarten. Der sucht bereits die nächste Welle. Mit irgendetwas muss ja seine PR-Abteilung beschäftigt werden, schließlich wurde deren Etat bei seinem Amtsantritt nach Angaben der „Zeit“ verdoppelt.

Zu tun gäbe es was

Leider sind die Zeiten vorbei, in denen Bundesverkehrsminister nur Geld ausgaben und Infrastruktur hinstellten. Scheuer ist trotz seiner jungen Jahre ein alter Krieger, er sieht sich als Recke gegen Verbote und Behinderungen. Verkehr muss fließen, das ist sein Credo. Wer will das nicht? Der CSU-Politiker will bloß nicht einsehen, dass mit dem Benzin in seinem Blut gewisse Probleme nicht gelöst werden: die krank machende Luft, die Verkehrskollapse, der Klimawandel. Um darauf keine Antworten geben zu müssen, beschwört Scheuer Emotionen, die er kanalisiert: Auf jede Attacke, die er reitet, folgt ein Rückzug. Eine Dauerschleife.

In die Geschichtsbücher wird Scheuer eingehen als Politiker, der in einer kritischen Zeit das Richtige hätte tun können, aber selbst ein Verhinderer war.

Lesen Sie auch diese Kommentare von Yahoo-Politikexperte Jan Rübel: