Kommentar: Armin Laschet hat längst nicht verloren

Eine Szene vor dem TV-Triell am vergangenen Sonntag: Olaf Scholz (links), Annalena Baerbock und Armin Laschet (Bild: Michael Kappeler/Pool via REUTERS)
Eine Szene vor dem TV-Triell am vergangenen Sonntag: Olaf Scholz (links), Annalena Baerbock und Armin Laschet (Bild: Michael Kappeler/Pool via REUTERS)

Beim TV-Triell sehen Umfragen wieder den Unionskanzlerkandidaten hinten. Doch dies trügt. Im Grunde hat Armin Laschet nun den Schalter umgelegt.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Dass Umfragen keine Wahlen sind, wird gern mal vergessen, in diesen kurzlebigen Zeiten. Klar, der Trend ist seit Wochen ein Genosse. Und Armin Laschet konnte in genau dieser Zeit machen, was er wollte – es wurde ihm negativ ausgelegt. Etliche Fehler unterliefen ihm auch.

Doch mit dem TV-Triell am vergangenen Sonntag könnte eine Kehrtwende eingeläutet werden. Und die Gründe dafür liegen weniger an Laschet oder an Olaf Scholz von der SPD oder an Annalena Baerbock von den Grünen, sondern weil nun tiefer liegende Neigungen der Wähler zum Vorschein kommen.

Beim Aufeinandertreffen im Fernsehstudio gelang es Laschet, keinen größeren Patzer zu verbuchen. Zwar geriet sein Auftritt nicht gerade zu einem „Yes, we can“ Barack Obamas. Auch klang sein Klagen über mangelndes Internet auf Autobahnen luxuriös wehleidig und seine Warnung vor in andere Länder wandernde Unternehmen lächerlich: Zum einen verwechselte er Unternehmenssteuern mit Einkommensteuern und zum anderen erscheint einem Bäckermeister in Gelsenkirchen, der drei Filialen besitzt, der Auszug nach Liechtenstein nicht gerade alltagstauglich. Und nach seinen Zielen gefragt, antwortete der Aachener im Grunde nur mit seinem Vertrauen in die Wirtschaft, die es schon richten werde, wenn man sie nur in Ruhe lassen würde. Das war von Laschet ziemlich lasch.

Jetzt wird es strukturell

Aber jetzt geht es nur darum, den Hebel umzulegen. Nicht mehr als Loser wahrgenommen zu werden. Und als wählbar zu wirken für Bürger, welche am liebsten die CDU wählen würden – trotz Laschet. Man muss ja nicht gleich mit ihm auf einem Sofa sitzen, sondern ihn nur im Kanzleramt ertragen können. Und da gibt es für Konservative Schlimmeres.

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Die wie befreit auftretende Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock steckte im Grunde ihre Mitbewerber beim Triell in die Tasche, wirkte ungemein souveräner und visionsreicher. Olaf Scholz verteidigte sich verbissen gegen Laschets Volten und hielt Stellung; mehr aber nicht. Doch all dies wird nicht viel verändern. Grüne und SPD scheinen derzeit ihre Potenziale ausgereizt zu haben, und damit winken ihnen viele Stimmen. Nur die Union hat sich im Wahlkampf bisher unter Wert verkauft. Gelingt den Christdemokraten und Christsozialen eine Kurskorrektur?

Kommt noch ein Bock um die Ecke?

Knapp zwei Wochen vorm Urnengang zeichnet sich ab, dass auch die Union alte Wählerreflexe reaktivieren kann. Ihr Potenzial liegt in Deutschland bei mehr als den in den Umfragen attestierten 20 Prozent. Das Rennen wird also denkbar knapp werden. Völlig unklar ist, wer am Ende die Nase vorn hat. Nur der Patzer-Faktor wird ab nun eine Rolle spielen: Wer von den dreien in den verbleibenden Tagen einen großen Fehler in der Wahrnehmung der Wähler macht, kann sein Ergebnis verschlechtern. Da ist bei allen dreien noch eine Menge drin. Ansonsten läuft die Uhr der Aufholjagd der Union. Nur gerät letztere langsam, und die Zeit verfließt schnell.

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