Kommentar: Beim UN-Menschenrechtsrat wird der Bock zum Gärtner

Der UN-Menschenrechtsrat weist durchaus Schwachstellen auf, bleibt aber trotzdem wichtig (Bild: Reuters)
Der UN-Menschenrechtsrat weist durchaus Schwachstellen auf, bleibt aber trotzdem wichtig (Bild: Reuters)

Die USA verlassen das Menschenrechts-Gremium der Vereinten Nationen. Dies ist ein Fehler, aber keine Katastrophe. Denn es gibt dafür durchaus Gründe.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Raus, aus allem raus – zuweilen erweckt US-Präsident Donald Trump den Eindruck eines Marktschreiers an der Grabbeltheke, wenn er seinen unilateralen Kurs anpreist: raus aus internationalen Verträgen und Gremien. Nun erwischt es den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, aus dem das Weiße Haus austreten will. Das klingt zynisch, für Menschenrechte ist man ja durchaus, und folgerichtig, denn Trumps beste Buddys auf internationaler Ebene sind keine Musterknaben in Sachen Menschenrechte.

Dennoch ist dieser Schritt keine Katastrophe. Denn an den Gründen für den Austritt ist manches dran. Eine Israelfeindlichkeit im Rat führt die US-Regierung zur Begründung an. Ein näherer Blick offenbart: Schon seltsam, wie oft Israel und dortige Menschenrechtsverstöße im Rat verhandelt werden – und zwar im Vergleich dazu, was sonst noch auf der Erde los ist. Israel ist das einzige Land, dem die zweifelhafte Ehre eines eigenen ganzen Verhandlungstags während der Sitzungswochen zuteil wird. Nicht, dass es keine Menschenrechtsverstöße in oder durch Israel gäbe, bei einer Besatzung und Abriegelung wäre es eine Überraschung, wenn sie ausblieben. Und darüber muss auch geredet werden. Doch die Verhältnismäßigkeit stimmt nicht. Warum ist dem so?

Ein komischer Klub

Der UN-Menschenrechtsrat besteht aus 47 Mitgliedern, alle territorial ausgesucht; ob in einem Land parlamentarische Demokratie, Monarchie oder Militärdiktatur herrscht, tut nicht zur Sache. Entsprechend ernüchternd gestaltet sich die Ratszusammensetzung, hier ein Auszug aus der aktuellen Mitgliederliste: Afghanistan, Pakistan, Qatar, Ägypten, China, Irak, Saudi Arabien, Ungarn, Kuba, Kirgistan, Vereinigte Arabische Emirate, Venezuela. Die in diesen Ländern herrschenden Machthaber sind keine Unschuldslämmer, sondern im harmlosesten Fall Populisten wie Viktor Orbán in Ungarn und in den schlimmsten Fällen mit Hilfe der Geheimdienste regierende Potentaten.

In diesem Klub hackt keine Krähe der anderen ein Auge aus. Da wird gefeilscht und werden Bündnisse darüber geschlossen, wer wem aushilft, wenn nicht die Stimme bei diesem oder jenem Unrecht erhoben wird. Natürlich hat dann schlechtere Karten, wer über weniger Buddys verfügt. Israel ist in diesem Gremium isolierter als andere Staaten. Da gibt es die arabischen Mitgliedsdiktaturen, die sich gern einen empörten Anstrich geben, wenn es um andere geht; eine feine Ablenkung von eigenen Problemen. Und weitere Autokraten mischen dann mit, weil sie dadurch etwas gewinnen – nämlich Buddys. Eine gehörige Portion Antisemitismus spielt bei der obsessiven Auseinandersetzung mit Israel im Rat auch eine Rolle, der Gedanke, mit „denen“ könne man es ja machen.

Sinn macht der Rat schon

Die USA sind nicht erst seit Trumps Präsidentschaft Kritiker des Rates. Sie stimmten 2006 gegen seine Einsetzung und stellten Reformforderungen, die nicht erfüllt wurden. Dennoch ist der Austritt nun ein Fehler.

Denn der Rat produziert weder Müll, noch ist er eine „Jauchegrube“, wie UN-Botschafterin Nikki Haley anmerkte. Er ist ein großes Zelt, in dem erst einmal alle Weltgegenden zusammenkommen – und dann sieht man weiter. Nur müssen die Erwartungen aus humanistischer Sicht heruntergedreht werden, der Rat ist eben machtloser, als er vorgibt zu sein.

Doch der UN-Menschenrechtsrat verhandelt auch echte Menschenrechtsverletzungen. Sich aus ihm zu entfernen bedeutet, die Augen davor zu verschließen. Daher ist die Welt gut beraten, dieses Zelt zu belassen. Reden hilft. Denn Jauchegruben haben wir woanders genug.