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Kommentar: Darum ist Ron DeSantis gefährlicher als Donald Trump

Es wurde schon länger vermutet, nun steht es fest: Floridas Gouverneur Ron DeSantis will US-Präsident werden. Dabei könnte der Rechtspopulist sogar gefährlicher für die Demokratie werden, als Donald Trump.

Ein Kommentar von Moritz Piehler

Ron DeSantis: Rechter Hardliner mit einem Plan. (Bild: Paul Hennessy/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
Ron DeSantis: Rechter Hardliner mit einem Plan. (Bild: Paul Hennessy/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

Ron DeSantis ist die Hoffnung der republikanischen Partei. Der 44-jährige Shootingstar aus Florida will 2024 ins Weiße Haus einziehen. Dort könnte er die für viele peinliche Trump-Ära hinter sich lassen und die gespaltenen Konservativen hinter sich vereinen. Doch was für die eine Hälfte der USA nach einem Traum-Szenario klingt, weckt in der anderen Hälfte eher Albträume. Denn DeSantis steht politisch tendenziell noch weiter rechts als Trump und verknüpft dies mit einer makellos weißen Weste und einem weitaus weniger erratischen politischen Kalkül. Der Mann weiß genau, was er tut und gerade das macht ihn zur Gefahr.

Die USA unter DeSantis: Florida als Blaupause

Wie die USA unter einem Präsidenten DeSantis aussehen könnten, lässt sich ziemlich gut am Beispiel Floridas betrachten. Seit 2019 leitet DeSantis die Geschicke des Bundesstaates mit harter Hand und einer konservativen bis autoritären Agenda. Seine Kunst ist dabei, dass er - anders als Trump - ein gutes Gespür dafür hat, wie weit er gehen kann. In den letzten Jahren konnte man ihm förmlich dabei zusehen, wie er die Grenzen seiner Politik auslotete.

Die Corona-Pandemie katapultierte den Juristen ins nationale Rampenlicht. In der Pandemie machte er sich mit einer laxen Haltung und einer losen Impfpolitik viele Freunde unter den Corona-Kritiker*innen. Diese führte aber auch dazu, dass in Florida mehr als 86.000 Menschen an oder mit Covid-19 starben und der Staat eine der höchsten Infektionsraten der USA hatte. Inzwischen liegt die Impfrate im "Sunshine State" mit 71 Prozent knapp über dem US-Durchschnitt. Doch seine Corona-Politik ließ bereits erahnen, wie geschickt DeSantis auf der Populismus-Welle zu reiten vermag, ohne sie über sich zusammenbrechen zu lassen.

Vorzeigefamilie: Ron DeSantis mit Ehefrau Casey DeSantis und ihren drei Kindern. (Bild: Matias J. Ocner/Miami Herald/Tribune News Service via Getty Images)
Vorzeigefamilie: Ron DeSantis mit Ehefrau Casey DeSantis und ihren drei Kindern. (Bild: Matias J. Ocner/Miami Herald/Tribune News Service via Getty Images)

Sein Lebenslauf liest sich, wie aus den kühnsten Träumen eines konservativen Thinktanks: Seit 2009 ist er in erster Ehe mit der zwei Jahre jüngeren Casey verheiratet, mit der er drei Kinder hat. Dazu kommen sein italienischer Familienhintergrund mit katholischer Erziehung, Abschlüsse an den Eliteuniversitäten Yale und Harvard, danach eine militärische Karriere mit Einsätzen unter anderem in Guantanamo, schließlich die Position als Ermittler im Büro des Bundesstaatsanwalts in Florida. 2012 wechselte DeSantis in die Politik, nur elf Jahre später will er nun den Sprung ins höchste Amt des Landes schaffen.

Kandidatur mit Elon Musks Unterstützung

Dabei muss er aber zunächst den parteiinternen Gegner aus dem Weg räumen. Denn an Trump führt bei den Republikanern nach wie vor kein Weg vorbei. Zu mächtig sind seine Anhänger*innen, zu sehr hat er in nur wenigen Jahren innerhalb der Partei alle kritischen Stimmen verstimmen lassen und entmachtet. DeSantis hielt sich auffällig zurück mit Unterstützung für den 76-Jährigen. Bemerkenswert ist deshalb auch, dass er seine Kandidatur offiziell bei Twitter verkünden will. Jenem Medium also, das Trump einst so umfänglich zu Polarisierung nutzte und das ihn schließlich aussperrte. Dort will DeSantis nun in einem Interviewformat mit Elon Musk Trump den Kampf ansagen. Mit Twitter-Besitzer und Tesla-Gründer Musk hat er dabei einen unglaublich einflussreichen Partner an seiner Seite. Es dürfte nicht wenige Demokraten geben, die diese Allianz mit Sorge betrachten.

Seine Ehefrau Casey DeSantis teilte das Video zum Auftakt seiner Präsidentschafts-Kampagne auf Twitter. Der Slogan: "America is worth the fight" - "Amerika ist den Kampf wert".

Der Slogan deutet bereits die Richtung an, in die es gehen wird. Denn seinen Wahlkampf wird DeSantis stark auf dem Widerstand gegenüber der sogenannten "Woke"-Ideologie stützen. Der Grabenkampf entlang kultureller Richtungsfragen ist schon seit längerem der vereinigende Kitt, der die rechtskonservative Politik zusammenhält. Mit Vorliebe widmet sich DeSantis dabei zum Beispiel dem Thema der Toilettenfrage, in der es um die Gleichberechtigung von Transpersonen im öffentlichen Raum geht. Alles unter dem Deckmantel des Kinderschutzes, versteht sich.

Radikale Politik gegen Minderheiten

Erst kürzlich postete der Gouverneur wieder einmal ein Versprechen, dass in seinem Bundesstaat die öffentlichen Toiletten und Umkleiden "nach dem biologischen Geschlecht getrennt bleiben". "Unser Frauen und Töchter verdienen Schutz vor der amoklaufenden woken Ideologie", so DeSantis weiter. Zuletzt machte er Schlagzeilen, weil er sich in einen Kleinkrieg mit dem in Florida beheimaten Konzern Disney einließ. Dieser hatte (auf Druck von Angestellten) gegen das von DeSantis erlassene "Don't Say Gay"-Gesetz protestiert. In Florida darf künftig an Schulen nicht mehr über sexuelle Orientierung gesprochen werden. Auch über systemischen Rassismus und Sexismus soll an den Schulen und Universitäten nicht mehr gelehrt werden.

Demonstrierende protestieren gegen einen Auftritt von DeSantis in der Ronald Reagan Presidential Library in Simi Valley, Kalifornien. (Bild: REUTERS/Allison Dinner
Demonstrierende protestieren gegen einen Auftritt von DeSantis in der Ronald Reagan Presidential Library in Simi Valley, Kalifornien. (Bild: REUTERS/Allison Dinner

Trumps Angst vor "Meatball Ron"

Dieser Populismus kommt bei seinen Wähler*innen gut an und dürfte ihm auch einige Zustimmung im Trump-Lager einbringen. Der Ex-Präsident hat die Gefahr einer DeSantis-Kandidatur schon lange erkannt und versucht auf seine Art, den Konkurrenten aus Florida kleinzuhalten. Als "Fleischball-Ron" oder "Ron DeSanctimonious" - Ron den Scheinheiligen - betitelt Trump ihn gerne. Doch langsam gehen ihm die Mittel aus, angesichts der laufenden Verfahren gegen Trump ist kaum zu vermuten, dass er gegen diesen Herausforderer aus Florida bestehen kann, auch wenn er in den Vorwahl-Umfragen nach wie vor einen deutlichen Vorsprung hat. Doch das könnte sich nach der offiziellen Bekanntgabe der Kandidatur schnell ändern. Selbst Trumps Haussender "Fox News" soll bereits mit DeSantis Wahlkampfteam zusammenarbeiten. Zahlreiche zahlungskräftige Großspender hat der Gouverneur ebenfalls bereits für seine Kampagne gewinnen können.

Wahlgesetz-Änderung zu DeSantis' Gunsten

Um als Präsidentschaftskandidat auch weiterhin die politische Macht seines Gouverneurspostens ausspielen zu können, will DeSantis ein Gesetz verabschieden, dass dieses in Florida möglich machen würde. Zuvor hätte die Kandidatur den Verzicht auf den bisherigen Posten beinhaltet, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Die Bereitschaft, Wahlgesetze zu seinen Gunsten zu gestalten, lässt im Falle eines Wahlsieges Übles vermuten.

Im Video: Live bei Elon Musk: Ron DeSantis will Kandidatur auf Twitter bekannt geben

Welche Politik er im Weißen Haus vorhat, daraus macht DeSantis kein Geheimnis. In seinem Buch "Der Mut, frei zu sein", dass im Februar erschien, lässt es sich nachlesen. Klassiker des konservativen Kanons wie Waffenrecht und Abtreibungsverbot gehören natürlich zu DeSantis' Programm. Die Gefahren des Klimawandels kennt er immerhin an - allerdings nicht deren Ursachen. Er will die freie Lehre noch weiter in seinem Sinne beeinflussen und die Rechte von Minderheiten wie der LGBTQ+ Community und Schwarzen weiter einschränken. Verschiedene US-Bürgerrechtsgruppen warnen mittlerweile davor, nach Florida zu reisen. So ist zu befürchten, dass Ron DeSantis im Weißen Haus die Gräben in den tief gespaltenen USA noch weiter vertiefen würde. Dabei scheint er wenig Skrupel zu haben, zugunsten autoritärer Machtfülle weiter an den demokratischen Säulen des Landes zu sägen.