Kommentar: CDU-Plakate machen kein Deutschland gemeinsam

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bei der Vorstellung der Wahlkampagne (Bild: Kay Nietfeld/dpa)
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bei der Vorstellung der Wahlkampagne (Bild: Kay Nietfeld/dpa)

Die Union zieht mit banalen Sprüchen, gefakten Darstellern und viel weißer Leere in den Wahlkampf. Clever ist das nicht.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Wahlversprechen von Armin Laschet passen auf einen Bierdeckel. Im

Grunde verheißt der Kanzlerkandidat von CDU und CSU Freibier für alle – jede Menge Wohltaten, die angeblich nichts kosten; jedenfalls präsentiert die Union keine Rechnung, wie faires Wohnen, Kampf gegen den Klimawandel, bessere Pflege & Polizei sowie eine angekurbelte Wirtschaft bei weniger Steuern finanziert werden sollen.

Dazu passt, dass auch die Plakate an sich ein Fake sind. Sie zeigen Polizisten oder Pfleger, die keine sind, sondern allesamt Mitarbeiter der CDU-Parteizentrale. Ein wenig verhohnepipelt darf sich eine Beamte oder eine Krankenschwester schon vorkommen: Wie stellt sich eine Referentin im Konrad-Adenauer-Haus an, wenn sie so schauen soll wie auf Streife? Ein verkniffener Blick auf die Kriminalität, oder doch eher weit geöffnete Augen wegen der Verantwortung für die Menschen da draußen? Es ist ein schlechter Witz.

Nun ist es durchaus üblich, dass Wahl-WERBUNG auf Darsteller und Models zurückgreift. Plakate sind kein Journalismus. Aber ich habe mich immer gefragt, warum Parteien sich keine Mühe machen, unter ihren Anhängern die Köpfe ihrer Plakate zu suchen. Ist das so schwierig bei über 80 Millionen? Da gibt es keinen ehemaligen Polizisten, der sich nicht verstellen müsste? Die CDU beeilte sich zu erklären, dass man die Leute aus ihrer wichtigen Arbeit nicht habe herausreißen sollen – das ist ein gezimmerter Vorwand, der unbewusst ausspricht, dass der Glaube an die Strahlkraft der Partei für ihre Anhänger eher gering ist.

Lieblingsfarbe Weiß

Doch dann fällt noch etwas auf. Auf den Plakaten sind neben verschiedenen Berufen auch Familien zu sehen, und einzelne Kinder, eine Menge Leute, die eines gemeinsam haben: Sie sind weiß. Und die Familien kommen ziemlich heterosexuell daher.

Nun lässt sich einwenden: Warum nicht? Eine Menge Leute in Deutschland sind weiß und heterosexuell. Doch darum geht es nicht, denn weiße Menschen wird man auch in hundert Jahren auf deutschen Wahlplakaten sehen. Vielmehr erzählen die aktuellen CDU-Plakate aus dem Sommer 2021, wen sie alles ausschließen: auch nicht wenige Deutsche.

Klar, in der CDU-Parteizentrale werden Mitglieder der weißen bürgerlichen Schicht überdurchschnittlich vertreten sein. Aber selbst die Deutsche Bahn und Ikea zum Beispiel verstanden, dass Kunden (oder eben Wähler) verstanden werden sollten: Daher werben die beiden Unternehmen AUCH mit diversen Köpfen. Nicht ausschließlich natürlich, aber eben auch. Die CDU spart sich das aus. Man muss annehmen: aus bewusstem Motiv.

Es ist immer noch Geschichte in Deutschland, dass Leute mit einer Zuzugsbiografie übersehen werden. Die so genannten „Gastarbeiter“, die zum Schuften kamen, sollten still und ruhig bleiben, nicht auffallen, beim Arbeiten. Diese Mentalität schimmert immer noch durch und etabliert sich auf den Plakaten der CDU.

Damit zimmert die Partei ganz entgegen ihrem Slogan „Deutschland gemeinsam machen“ das Gegenteil, nämlich ein aufgeteiltes Deutschland. Die CDU interessiert sich nur für das Bürgerbild von vor 70 Jahren. Damit zielt sie an vielen Wählergruppen vorbei, mag zwar Stammwähler mobilisieren, aber andererseits weitere eher konservativ Gesinnte abschrecken. Eben zu sehr alte Schule. Dass sich das Land verändert hat, könnte man schon verinnerlichen.

Eine unausgesprochene Macht

Nun werden einige anmerken, dass man nicht jeden Regenbogenzirkus mitmachen müsse, dass nicht alles in einer Sauce aus Political Correctness zu baden habe. Und die ganz Kühnen sehen schon die Zeichen an der Wand, dass in solch einer Debatte die kulturelle Übernahme, der „Austausch“ sich abzeichne. Das ist der komplettere Quatsch von beidem.

Denn zum einen geht es um die Anerkennung von Realität und um das Eingeständnis, dass Parteien sich zu wenig scherten um Frauen, Menschen mit Einwanderungsbiografien, mit anderen als heterosexuellen Neigungen und um Menschen mit Behinderung. All die hat die Mehrheitsgesellschaft traditionell in einer Schublade und zieht sie nach Bedarf auf und zu.

Und zum anderen werden diese „Gruppen“ immer Minderheiten bleiben. All die Hirnträume à la Michel Houellebecq und Constantin Schreiber sind und bleiben Dystopien, die einer Diversität eine Totalität andichten. Es bleiben Hirngespinste, die allen statistischen Fakten und kulturellen Erfahrungen widersprechen – mit denen sich aber prima Geld verdienen lässt.

Die Grünen haben bereits ihren Wahlkampfbeginn vermasselt. Nun eifert die CDU ihnen nach.

Video: Debatte um Maaßen - Laschet äußert sich zurückhaltend