Kommentar: Die Ex-Familienministerin und ihr Islamknacks

Kristina Schröder bei einer Kabinettssitzung im März 2013 (Bild: Getty Images)
Kristina Schröder bei einer Kabinettssitzung im März 2013 (Bild: Getty Images)

Kristina Schröder meint, christliche Zuwanderer seien leichter zu integrieren als muslimische. Stimmt. Wegen ihr.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Es gab einmal eine Frau, die startete ihre Karriere als Politikerin, indem sie sich gegen „Keulen“ wehrte und Missstände benannte. Jedenfalls meinte sie es. Das machte Kristina Schröder bekannt, zeitweise arbeite sie als Bundesministerin. In einem Interview mit „Bild“ sagte die CDU-Politikerin nun auf jene Zeit rückblickend, in der sie durchstartete: „Die Islamophobie-Keule wird immer noch geschwungen, aber sie trifft wesentlich seltener.“

Diese Keule meinte sie. Schröder avancierte damals zur „Islam-Kritikerin“, und wer sie dafür kritisierte, erhielt flugs eine Keule in die Hand gedrückt. Andere nennen es Dämonisierung eines Andersdenkenden.

Ich finde ja, aktuell werden andere Keulen geschwungen, denn Islam ist nicht gerade Everybody’s Darling, aber vielleicht sollten wir die Keulen im Schrank lassen; sonst liefere ich mich selbst einem Dämonisierungsverdacht aus.

Reden wir über Gewalt

Jetzt, mit den vielen Zugewanderten seit 2015, wird mehr über Schröders Lieblingsthema gesprochen, da darf die Hessin nicht fehlen: „Es gibt im Islam ein Verständnis von männlicher Ehre, das auch mit Gewalt verknüpft ist. Das heißt nicht, dass alle muslimischen Männer zu Gewalt neigen. Man muss aber klar sagen, dass unter 1000 muslimischen Männern eine höhere Gewaltneigung vorhanden ist, als unter 1000 nichtmuslimischen Männern mit dem gleichen sozialen Hintergrund. Dazu gibt es präzise Studien.“

Liebe Frau Schröder, könnten Sie bitte einen Tipp geben, wo man diese präzisen Studien findet? Würde mich interessieren. Denn „im Islam“ das Konzept männlicher Ehre zu finden, ist mir bisher nicht gelungen. Wir reden schließlich über eine Religion. In den islamischen Quellen stoße ich nicht auf den Begriff der Ehre. Was die Gleichberechtigung angeht, so gibt es mehrdeutige Signale. Die koranische Schöpfungsordnung sieht Frau und Mann gleichwertig, an anderer Stelle gibt es indes den Hinweis, der Mann stehe der Frau in der Verantwortung vor. Daraus kann sich natürlich ein Herrschaftsgedanke entwickeln.

Oder geht es Schröder gar nicht um „den Islam“, sondern nur um einen Kunstgriff, um nicht als keulenschwingende Orientalenhasserin dazustehen? Zum Glück neigen ja nicht „alle“ muslimischen Männer zu Gewalt; man stelle sich vor, sie sagte: „Das heißt nicht, dass alle ostfriesischen Männer zu Gewalt neigen“, da hab ich noch Glück gehabt. Denn ansonsten faselt Schröder.

Etikettenschwindel funktioniert gut

Ehre, Dominanzgehabe, Frauenverachtung – das sind Unwerte, die in Gesellschaften des Nahen Ostens verwurzelt sind, auf ihre eigene Art, wie sie es in Europa auch sind. Je weniger gebildet und ärmer, desto schlimmer. Schröder aber rührt die Religion in diese Suppe und betreibt damit Etikettenschwindel: Ein sunnitischer Landwirt aus Südostanatolien, aus einem Dorf in den Hügeln, behandelt Frauen nicht schlechter als sein ebenfalls Landwirtschaft betreibender christlicher, alevitischer oder jezidischer Nachbar. Nicht im Koran steht, dass Mädchen vor den Jungs abends zuhause sein sollen, sondern in der ungeschriebenen Fibel des Patriarchats.

Aber das klingt nicht sexy genug, jedenfalls lässt sich schwer damit Karriere machen. Daher behauptet Schröder, gerade „viele jüngere Feministinnen – wollen die Fakten nicht wahrhaben und wollen dann lieber über Gewalt von Männern generell reden“. Gegen Feminismus ist Schröder offenbar immun, muss eine schlimme Krankheit sein. Eingeleitet hat diese abenteuerliche Volte übrigens eine scheinheilige „Bild“-Frage, warum die Politik „das“ mit der höheren Gewaltneigung muslimischer Männer nicht erkenne. Knallhart-Schröder erklärt: „Weil sie Angst hat, als islamophob oder rassistisch gebrandmarkt zu werden.“

Schröder hat diese Angst nicht. Und sie weiß am besten, warum.