Kommentar: Don und Kim werden schon noch beste Freunde

Vielleicht klappt das ja noch mit der Brieffreundschaft (Bild: AP Photo/Evan Vucci/AFP Photo/KCNA via KNS)
Vielleicht klappt das ja noch mit der Brieffreundschaft (Bild: AP Photo/Evan Vucci/AFP Photo/KCNA via KNS)

Der Gipfel zwischen den Staatsoberhäuptern der USA und Nordkoreas ist geplatzt. Die beiden wollen es ruhiger angehen lassen. Geben wir ihnen die Zeit.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Selbst Gedenkmünzen zum Event sind schon geprägt worden, die werden jetzt vom Weißen Haus verhökert als „deal of the day“, also als Angebot des Tages. Und schließlich muss US-Präsident Donald Trump es am besten wissen, er schrieb ja einmal dieses Buch „The Art of the Deal“.

Nun ist der Event, also das geplante Gipfeltreffen zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, abgesagt. Die Münzen geraten indes doch zum Erfolg, denn sie werden gehandelt werden wie Fehlprägungen, ein echter Seltenheitswert.

Leider lässt sich die Welt damit nicht kaufen. Aber Don und Kim werden sich schon zusammenraufen. Was hätten sie dabei zu verlieren, außer einem atomar geführten Krieg? So abrupt jedenfalls, wie Trump den für den 12. Juni in Singapur geplanten Gipfel ausgerufen hat, nahm er nun vor ihm Reißaus. Der Brief, den er Kim deswegen schrieb, liest sich wie eine Teenagerliebe in rosa Tinte: Zuerst richtig verknallt ineinander, dann großer Zoff und schließlich die Erkenntnis, dass man doch eher anderweitigen Interessen erliegt.

„Ich hatte mich sehr darauf gefreut, mit Ihnen dort zu sein“, schreibt Trump echt enttäuscht. „Traurigerweise, basierend auf dem enormen Zorn und der offenen Feindseligkeit, die in Ihrer neuesten Mitteilung dargestellt wurde, glaube ich, dass es in diesem Moment unangebracht ist, dieses lange geplante Treffen abzuhalten.“ Trump offenbart in diesen Zeilen ungeahnte Sensibilität. Voller Taktgefühl signalisiert er Kim, dass der zu ungestüm vorangeschritten sei, und zwar wie… wie hieß noch der Kerl aus New York?

Nun, ganz wie der alte Weise vom Berg, raunt Trump von den nuklearen Fähigkeiten Amerikas, „unsere sind so gewaltig und mächtig, dass ich zu Gott bete, dass sie nie genutzt werden müssen“. Das ist schön. Ich bete deswegen auch zu Gott.

Aufs Feeling kommt es an

Und natürlich demonstriert der US-Präsident viel Gefühl. „Ich hatte das Gefühl, dass wir beide einen wunderbaren Dialog miteinander aufgebaut hatten, und am Ende zählt nur das. Ich freue mich darauf, Sie irgendwann zu treffen.“

Das bedeutet: Zugeschlagen ist die Tür nicht. Trump will den Deal. Er braucht ihn. Bisher konzentrierte sich seine Meisterschaft aufs Zerschlagen und Beenden politischer Beschlüsse, Abkommen und Gesetze. Eine reine Kontra-Politik ist aber nicht, was man unter Fortschritt versteht. Trump also muss liefern. Er muss seine Abkommen erreichen, und da kommt Kim ins Spiel.

Trump wollte beweisen, dass seine „Art of the Deal“ aus der Welt der Immobilienspekulanten auf die internationale Politik übertragen werden kann: Hemdsärmeliger Auftritt, Testosteron nach außen und stille Hoffnung nach innen, der Gegenüber möge schneller umknicken als man selber. Leider ist Diplomatie nicht einmal ein ehrliches Armdrücken, sondern in der Regel, was Trump gern an Barack Obamas politischen Erfolgen kritisierte: eine Ansammlung von Kompromissen.

Er oder wir

Trump wird im Bemühen, die Welt nach seiner Sicht zu schneidern, scheitern. Oder die Welt wird scheitern, weil Trump leider nicht Präsident eines Brieftaubenzüchtervereins ist, sondern der USA. Er sagte das Treffen mit Kim kurzerhand ab, weil einige helle Köpfe ihm flüsterten, dass er im Moment nur verlieren kann: Trumps Interesse ist der grandiose Sieg im Armdrücken, das ultimative Versprechen Nordkoreas, seine Atomwaffen in Teekessel umzuwandeln. Dass Kim am 12. Juni in Singapur nur entfernt daran denken würde, war so realistisch wie ein Schneemännerausflug in die Sahara. Um also einen Eklat zu verhindern, einen Gesichtsverlust, der weitere Eskalationen auslösen könnte, rückte Trump vom Treffen ab.

Nun müssen Diplomaten kitten, was Trump hinterließ. Don und Kim können ja ihre Brieffreundschaft fortsetzen, sich zwischen den Zeilen näherkommen, auch mal Persönliches schreiben. Und wer weiß, vielleicht ist dann, und das kann rasch eintreten, die Zeit gekommen für einen Männertalk. Denn eine Lösung des Atomkonflikts mit Nordkorea ist langfristig gesehen möglich. Vorbild wäre der Iran. Und die Politik Obamas.