Kommentar von Ernährungsforscher - Besser-Esser-Gurus nerven! Essen Sie wieder mit Freude

Viele Menschen fühlen eine Sehnsucht nach Unbeschwertheit, denn einfach, locker und unbeschwert zu essen, das ist für viele Bürger heutzutage gar nicht mehr so leicht.<span class="copyright">Getty Images/Martin Novak</span>
Viele Menschen fühlen eine Sehnsucht nach Unbeschwertheit, denn einfach, locker und unbeschwert zu essen, das ist für viele Bürger heutzutage gar nicht mehr so leicht.Getty Images/Martin Novak

Eine Studie hat eine Krise am Esstisch der Nation offenbart. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop zeigt auf, warum viele den Genuss am Essen verloren haben und wie man ihn zurückgewinnt.

Welche neuen Erkenntnisse hat die Nestlé-Studie „So is(s)t Deutschland 2024“ gezeigt?

Die Studie „So is(s)t Deutschland 2024“ hat eine bedenkliche Entwicklung offenbart: Viele Menschen fühlen eine Sehnsucht nach Unbeschwertheit, denn einfach, locker und unbeschwert zu essen, das ist für viele Bürger heutzutage gar nicht mehr so leicht. So finden die meisten Befragten Ernährung anstrengend, weil so viel beachtet werden muss. Und das ist sehr bedauerlich.

Denn genussvoll essen zur Lebenserhaltung sollte eigentlich die schönste Hauptsache der Welt sein und sich auch genau so anfühlen - am besten wie eine angenehme Melange aus Dankbarkeit, Freude, Lust und Sinnlichkeit. Doch die Realität, besonders jüngerer Generationen, sieht anscheinend oft anders aus: Unzufriedenheit, Selbstzweifel und Verunsicherung prägen das schlechte Gewissen beim omnipräsenten Thema Ernährung. Unbeschwert essen, das war mal. Leider.

Warum sind viele Menschen so verunsichert?

Überall hört und liest man heutzutage von gesunder Ernährung. Kein Tag vergeht ohne neue Studien zur richtigen Ernährung und der korrespondierenden Medienberichte. Dabei gehen die Wahr- und Weisheiten weit auseinander und enden in einem uneinheitlichen Chor der unterschiedlichsten Meinungen und Sichtweisen.

Vielfach wird dabei Angst vor ungesundem Essen geschürt - und das wissenschaftlich absolut unbegründet. Denn es gibt weder das ungesunde Essen noch die einzige Wahrheit auf dem Teller – genau die aber wird von allen Ernährungsrichtungen heraus propagiert. Jeder „Besser-Esser-Guru“ will den heiligen Gral gesunder Ernährung mit seiner Spezialernährung exklusiv entdeckt haben.

Es wird für viele Menschen daher immer schwerer zu wissen, wie man sich richtig gut ernährt und entspannt genießt. Darüber hinaus sollen Nachhaltigkeits-, Gerechtigkeits- und Umweltaspekte auch noch berücksichtigt werden. All das überfordert viele Menschen, ihren persönlichen Essalltag locker leicht und angenehm zu gestalten. Verkrampfte Unsicherheit ersetzt die Leichtigkeit des Seins beim Essen. Und das muss aufhören.

Wie kommt man denn aus diesem Ess-Dilemma wieder raus?

Das ist prinzipiell ganz easy: Wir sollten einfach endlich (wieder) richtig essen lernen. Dazu muss man der Macht seiner Intuition und die Kraft seiner Ethik vertrauen. Die Intuition liefert dabei die einzigartige Weisheit des eigenen Körpers, die Ethik steuert die Weisheit des Wissens bei.

Die Gefühle Hunger, Genuss und Verträglichkeit liefern den biologischen Körperinput, der Verstand entscheidet ethisch über rationale Fragen zu Tierhaltung, Anbau, Herkunft, Nachhaltigkeit, Produktions- und Personalbedingungen – und zwar immer vollumfänglich individuell innerhalb des ganz persönlichen Wertekosmos und unabhängig vom vermeintlich richtigen moralischen Zeitgeist der Gesellschaft. Zusammengefasst in einer Frage heißt das: „Was vertrage ich gut und was ist mir wichtig?“

So einfach lassen sich Gefühle und Verstand harmonisieren, um perfekte individuelle Entscheidungen zu treffen, die rundum am besten zur eigenen Persönlichkeit passen. Diese ganzen Selbstzweifel, dass man sich immer wieder fragt: „Wem soll man noch glauben, wer hat Recht, was ist Fakt, was Fake – was darf, soll und kann ich überhaupt noch mit gutem Gewissen essen?“ – all das sollte schleunigst aufhören.

Dazu muss man einfach die gesamte Ernährungs-Verrücktmacher-Fraktion ignorieren und beim richtigen Essen nur auf sich selbst, auf seine Ethik und seine Intuition vertrauen – mehr braucht es nicht, um Gesundheit, Genuss und gutes Gewissen unter einen zu Hut bringen.

Warum gibt es keine Beweise für gesunde Ernährung?

Der Grund ist einfach erklärt: Die Ernährungsforschung ist ein bemitleidenswerter Wissenschaftszweig, der aufgrund seiner massiven Limitierungen keine Beweise (Kausalevidenz), sondern nur Korrelationen (statistische Zusammenhänge) liefern kann – und darauf basierend können maximal Hypothesen und Vermutungen generiert werden, aber sicher keine Empfehlungen zur richtigen Ernährung. Niemand kann wissenschaftlich gesichert sagen, was gesunde Ernährung oder ungesunde Lebensmittel sein sollen.

Und so haben wir in den vergangenen 20 Jahren sowohl diverse Regeln und Trends als auch Experten und Ernährungsgurus kommen und gehen sehen – und am Ende der Hypes blieb statt der Erkenntnis „Jetzt weiß´ ich endlich, was gesunde Ernährung ist!“ immer nur eines zurück: dieselben alten offenen Fragen gepaart mit neuer Unsicherheit, die ohne Atempause sofort durch die nächste „Generation Ernährungsweisheiten mitsamt Predigten ihrer Apostel“ ersetzt wird – und die statt ins gelobte Essland erneut ins ernüchternde Nichts führt. Es ist immer das gleiche hohle Schema, das sich alle paar Jahre wiederholt. Steigen Sie aus diesem schwindelerregenden Karussell aus - und gehen Sie den einzig richtigen Weg: Ihren ganz eigenen.