Kommentar von Florian Festl - Scholz verkennt, wer die wahre Zumutung für Deutschland ist
Die Ampel ist zerbrochen. Als Kanzler Scholz nach dem Lindner-Rauswurf ein Statement gibt, kommt ihm kein Wort der Selbstkritik über die Lippen. Seine Abrechnung mit dem Finanzminister wirkt in hohem Maß selbstverliebt. Der Kanzler hat eine Chance verpasst.
Dieser Auftritt ist historisch – selten war so viel Weinerlichkeit und fehlende Fähigkeit der Selbsteinschätzung in einem politisch so entscheidenden Moment zu bestaunen.
Zerknirscht tritt der Bundeskanzler vor die Kameras. Olaf Scholz erklärt, weshalb er seinen Finanzminister Christian Lindner entlässt . Der unbeliebteste Kanzler, den Deutschland je hatte, schiebt dem FDP-Chef die Schuld am Scheitern der Ampel zu.
Die Scholz-Rede nach dem Rauswurf Lindners ist entrückt
Eben noch saß Scholz einsam im hell erleuchteten Kanzleramt über Schriftstücke gebeugt. Die Gespräche mit der FDP waren gescheitert. Jetzt galt es staatstragende Worte zu finden für das Ende dieser glücklosen Regierung. Seltsam entrückt wirkt dieses Bild von Scholz hinter Glas. So gerät auch sein Statement.
Kein Wort der Selbsterkenntnis oder gar Selbstkritik. Nur Wehklagen und eine beleidigte Abrechnung mit Lindner . Kleinkariert habe Lindner taktiert, stellt Großdenker Scholz fest. Mehrfach habe der Liberale sein Vertrauen gebrochen.
Man wartet darauf, dass ihm gleich die Tränen in die Augen schießen. Die Erzählung ist von kindischer Einfachheit: Hier der gute, stets ums Wohl des Landes bemühte Olaf, dort der böse und durchtriebene Menschenfeind Christian. Die „Zumutung für Deutschland“, wie Scholz es in seiner Suada formuliert.
Lindner hatte untertags vorgeschlagen, sich gemeinsam und geordnet zurückzuziehen. Scholz zog es vor, seinen Finanzminister vor die Wahl zu stellen: Haushaltsnotlage oder Entlassung. Wer hätte das gedacht? Der redliche Hanseat als eiskalter Erpresser.
In einem Moment des Statements wird es fast schon lustig
Im gleichen Atemzug traut sich Scholz dann noch die Leistungen der Ampel zu loben. Fast schon lustig wird es, als er die Regierung ausgerechnet für Leistungen auf jenen Feldern feiert, für die sie neben ihrer Migrationspolitik am meisten in der Kritik steht. Für die angeblich so erfolgreichen Bemühungen um Energieversorgung und Wirtschaftsstandort.
Scholz hat heute eine Chance verpasst. Gemeinsam hätte diese Regierung abtreten können, um den Weg freizumachen für den Neuanfang. In Würde und ohne gegenseitige Schmähung. Er vorneweg, als jener Mann, den die Mehrheit der Menschen in Deutschland längst als untragbar empfindet.
Lieber mutet er sich der Bevölkerung noch länger zu. Mindestens bis zum Januar, wenn er die Vertrauensfrage stellt.