Kommentar: Geistige und echte Brandstifter

Die Hintergründe des Anschlags sind noch ungeklärt (Bild: REUTERS/Axel Schmidt)
Die Hintergründe des Anschlags sind noch ungeklärt (Bild: REUTERS/Axel Schmidt)

In Berlin ist eine Moschee der von Erdogan kontrollierten Vereinigung DITIB teilweise ausgebrannt; die Polizei geht von Brandstiftung aus. Es sollen Brandsätze in das Gebäude geflogen sein. Ganz gleich, von wem sie begangen worden sein mögen: Solche Taten sind strikt zu verurteilen. Gewalt darf in Deutschland kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein – und von einer politisch motivierten Tat gehen in diesem Fall zahlreiche Beobachter aus, weil unzählige DITIB-Gemeinden im Vorfeld des Brandes auf übelste Art und Weise zum Krieg aufgerufen hatten.

In DITIB-Moscheen wurde massiv gegen Kurden, Christen, Jesiden und Andersdenkende gehetzt und so das friedliche Zusammenleben in Deutschland gefährdet. Es war zuerst DITIB, die Gewalt zum Instrument der politischen Auseinandersetzung gemacht hat – auf Befehl aus Ankara.

DITIB-Moscheen sind keine Synagogen

Diverse türkische Vertreter beeilen sich jetzt, den Brandanschlag – wir unterstellen hier einstweilen, dass es ein solcher war – als Ausdruck angeblichen “Islamhasses” einzuordnen und ihn zugleich der “PKK” in die Schuhe zu schieben. Beides sind perfide Versuche, das Ereignis für eigene politische Zwecke zu instrumentalisieren.

Es ist gerade nicht das vermeintliche “rote Tuch” des Islam als Religion, der DITIB zu einer Zielscheibe macht. Nein, es sind der Hass, die Gewaltbereitschaft, die Hetze, die DITIB in Deutschland aggressiv propagiert und sich dabei gar als Vertreter der türkischen Regierung aufspielt. Einer Regierung, die aktuell einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen das friedliche Afrîn im Norden Syriens führt; einer Regierung, die gemeinsam mit IS und al-Qaida-Terroristen Dörfer der Jesiden überfällt; einer Regierung, die ganz unverhohlen einen Genozid in der Region angekündigt hat und die ohne Unterlass schutzlose Zivilisten bombardiert.

Kein Wunder, dass vielen Menschen hierzulande beim Begriff “DITIB” zuerst die grauenhaften Bilder aus Syrien durch den Kopf gehen – und nicht der Gedanke an eine friedfertige Moschee-Gemeinde. Mit dem Islam als Religion hat kein echter Demokrat und Anhänger des Rechtsstaats ein Problem – doch mit dem Islamismus als politischem Mittel und dessen fortgesetzten Attacken auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung sehr wohl.

Türkische Rhetorik zieht bei uns nicht

Doch auch die durch nichts belegte Zuschreibung des Berliner Anschlags an die “PKK” ist mehr als plump. Niemand aus dem Umfeld der kurdischen Arbeiterpartei hatte zum Angriff auf DITIB aufgefordert; Politiker der Schwesterpartei PYD in Syrien hatten sogar ausdrücklich dazu aufgerufen, ausschließlich friedlich zu demonstrieren und keine Gewalt anzuwenden, da jede Zuspitzung der gemeinsamen Sache schadet.

Der Versuch türkischer Erdogan-Anhänger, der “PKK” die Schuld zuzuschieben, soll alte Feindbilder zementieren und von der eigenen Mitschuld an der Eskalation ablenken. Unsere Politik sollte nicht länger der Rhetorik von DITIB und anderen Erdogan-Vertreten auf den Leim gehen; hier ging es nicht um einen verurteilenswerten Angriff auf eine religiöse Gruppe, sondern auf eine radikale politische Gruppierung. Eine Gruppierung, die selbst der Ansicht ist, dass Gewalt ein legitimes Mittel der Konfliktaustragung sei.

Erdogan schuf den Nährboden für Hass

Tatsächlich ist die Frage nach den Verantwortlichen des Anschlags derzeit noch völlig offen. Waren es Einzeltäter? Waren es emotional aufgeladene Jugendliche, die die Verbrechen der Türkei nicht mehr stumm ertragen können? Spekulationen gibt es viele, doch wie häufig bei solchen Vorfällen greifen sie zu kurz.

Statt über Täter und ihre Motive zu mutmaßen, noch ehe die strafrechtlichen Ermittlungen angelaufen sind, sollte man besser die Frage stellen: Warum passiert so etwas gerade jetzt? Wer hat das Klima heraufbeschworen, das solche Anschläge mitten Deutschland möglich gemacht hat? Und welche Rolle spielt DITIB beim Ankurbeln der Gewaltspirale? Wenn man hier kritische Ursachenforschung betreibt, wird manches klarer. Und nur dann kann man in Zukunft Ähnliches vielleicht verhindern.

Fisch oder Fleisch?

Wer Wind sät, erntet Sturm; der eine legt die Lunte, der andere zündelt. Doch sowohl der oder die Täter als auch DITIB müssen begreifen, dass die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung in Deutschland, in Europa nicht über Hassreden und Aufwiegelung oder Anschläge erfolgt, sondern durch einen offenen und toleranten Diskurs. Die verfassungswidrige Propaganda von DITIB war schon lange bekannt; unser Rechtsstaat hätte schon lange vor den ersten Gegenreaktionen und Anschlägen durchgreifen müssen, indem er dafür sorgt, dass sich DITIB von jeglicher Gewalt distanziert.

Die Geister, die DITIB rief, wird sie erst wieder los, wenn sie sich entscheidet. Was will die Moscheenvereinigung sein – Fisch oder Fleisch? Steht sie für Religion oder für Politik? Beides gleichzeitig werden wir in Deutschland nicht akzeptieren können, wenn wir unseren eigenen inneren Frieden nicht aufs Spiel setzen wollen.

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