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Kommentar: Gipfel, das Lieblingsspielzeug ungehobelter Männer

Alphatiere bei der (politischen) Arbeit: Wladimir Putin und Donald Trump beim G20-Gipfel 2017. (Bild: Evan Vucci/AP/dpa)
Alphatiere bei der (politischen) Arbeit: Wladimir Putin und Donald Trump beim G20-Gipfel 2017. (Bild: Evan Vucci/AP/dpa)

Wladimir Putin und Donald Trump laden zum Tanz. Sollen sie doch. Das Schauspiel schau ich mir nicht mehr an.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Es gibt gewollte und ungewollte Showeffekte. Je fieser die Persönlichkeit, desto wichtiger die Inszenierung. Man hat etwas zu verbergen.

Heute treffen sich zwei Alphatiere des Ungehobelten zum Rendezvous. Wladimir Putin und Donald Trump wollen sich mal aussprechen, und nicht nur durch die Kraft ihrer Ämter werden sie nicht ungezwungen an einem Kneipentresen stehen. Die beiden Präsidenten Russlands und Amerikas lieben das große Spektakel. Alle sollen zusehen, wie sie ihre Wichtigkeit zelebrieren. So bedeutsam dieser heutige Gipfel im finnischen Helsinki auch ist, ich kann ihn mir nicht anschauen. Dies Buddysieren löst bei mir Augenkrebs aus.

Durch diese Gipfel sollen wir sie mächtiger sehen, als sie ohnehin schon sind. Akut männlich ist diese Angelegenheit. Das Schicksal der Welt, so die gewollte Lesart, schultern diese beiden. Ein Stück weit stimmt dies auch, aber es beunruhigt. Denn beide vertreten eine autoritäre Politik, welche die Welt so schnell nicht vergessen wird. Beide Politiker werden in die Geschichtsbücher gehen als Typen, bei denen man nur abwarten konnte, bis sie keine politische Verantwortung mehr ausübten und Schaden übers Land bringen konnten.

Die Gegend um den Präsidentenpalast in Helsinki ist bereits Stunden vor dem Treffen Sperrzone. (Bild: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva/dpa)
Die Gegend um den Präsidentenpalast in Helsinki ist bereits Stunden vor dem Treffen Sperrzone. (Bild: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva/dpa)

Was von ihnen bleibt

Trump versucht seine ganze Unkultur und Demokratieverachtung, seine Illusion eines angeblichen Verhandlungsgeschicks der Öffentlichkeit aufzuzwingen. Seine Frechheit wirkt wie Gift, da hilft es auch vorerst nicht, dass seine “Deal”-Talente so leicht zu durchschauen sind wie die Taschenspielertricks eines Fünfjährigen. Und Putin verzaubert Russland in eine imaginierte Größe. In ihr herrscht Mächtigkeit wie zu Zeiten des Zaren oder des Zentralkomitees, aber alles ist nur Show. Dabei gibt es echte Leidtragende: Da sind die Liberalen, die Andersdenkenden, die verfolgten Minderheiten und ganze Regionen wie die Grenzregion zur Ukraine oder Syrien, wo die Großmannssucht dieses Potentaten tägliche Opfer fordert.

In Helsinki werden wir Zeugen dieser gewollten Showeffekte.

Es gibt auch die ungewollten. Und da Putin und Trump längst nicht so schlau sind wie sie vorgeben, ja nicht einmal clever, schenken sie uns diese ungewollten Einblicke immer wieder. Beim gestrige Finale der Fußball-WM zum Beispiel war Putin Gastgeber. Die russische Mannschaft war draußen, aber als Hausherr hatte er die kroatische Präsidentin und den französischen Präsidenten an seiner Seite, deren Ländermannschaften auf dem Spielfeld standen. Was macht ein schlechter Gastgeber? Er macht es wie Putin. Als es bei der Pokalübergabe zu regnen begann, und zwar wie aus Sturzbächen, ließ sich Putin mit einem Regenschirm schützen, während Emmanuel Macron und Kolinda Grabar-Kitarović neben ihm ungeschützt im Regen standen. Ungerührt ließ Putin dies geschehen. So agiert einer, der Machtverhältnisse demonstrieren will, und seien es die imaginierten.

Die tägliche Rowdyshow

Ähnlich verfuhr kürzlich Trump. Bei seinem Besuch in London, bei der Queen, musste auch er klarstellen, dass er nur an sich denken kann. Königin Elizabeth, 92 Jahre alt, hat alle US-Präsidenten seit 1952 kennen gelernt. Trump brachte sich bei ihr in bleibende Erinnerung durch folgendes: Erst ließ er sie zur Begrüßung eine Viertelstunde warten, dann gab er ihr schlicht die Hand anstatt sich zu verbeugen, und schließlich beim Abschreiten der Ehrenformation lief er vor ihr und zeigte ihr den Rücken, als sei er der Herr im Haus. Abwarten konnte er auch nicht, stürmte immer von der Formation weg, wie ein hyperaktives Kind.

Putin und Trump stehen für eine Absage an Völkerverständigung, für einen Weg der Gewalt statt eines gerechten Abgleichens von Interessen. Beide sehen nur sich selbst, und da sie politische Führer von Ländern sind, verordnen sie diesen Ländern einen nationalistischen Kurs – sie sind es ja, die führen. Ein Tor, der darauf hereinfällt.

Helsinki ist für mich heute eine No-Go-Area.

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