Kommentar: Globaler Sicherheitstalk in München: Die Ära der Dampfplauderer neigt sich dem Ende zu

Der Republikaner Michael Richard „Mike“ Pence, 48. Vizepräsident der Vereinigten Staaten, bekam nur wenig Beifall für seine Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz. (Bild: Getty Images)
Der Republikaner Michael Richard „Mike“ Pence, 48. Vizepräsident der Vereinigten Staaten, bekam nur wenig Beifall für seine Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz. (Bild: Getty Images)

Die Sicherheitskonferenz schließt ernüchternd: Nur Krisen und keine Lösungen. Doch der Weg zu Frieden zeichnet sich klar ab – es braucht nur langen Atem.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Gute Laune gab es in München nicht gratis. Die internationale Sicherheitskonferenz, die einmal im Jahr ihr Weltthermometer in die Erde rammt und schaut, wie es dem Klima zwischen Menschen und zwischen Staaten geht, lieferte kaum Anlass zur Hoffnung. Das Event in der bayerischen Landeshauptstadt gilt als feiner Ballsaal internationaler Diplomatie – dort werden Grabentiefen ausgelotet, Tische zusammengerückt und Krisen besprochen. Oft knirscht es auch. Doch dieses Jahr erinnerte die Sicherheitskonferenz an die Sandkastenstreits von Kindern.

Wer der Rede von US-Vizepräsident Mike Pence lauschte, kriegte Ohrensausen. Nun ist man von der Trump-Regierung einiges gewöhnt, aber Pence setzte kein einziges eigenes Zeichen. In seinen vielen Worten, in denen er die Weltlage skizzierte, ging es hauptsächlich um den Iran und um Venezuela. In der Welt nach Pence (oder eben nach Donald Trump) bilden diese beiden Länder ein Grundübel für den Weltfrieden. Böse böse. Dabei dokumentieren beide Staaten, wie wenig derzeit mit den USA zu rechnen ist. Von beiden Regierungen gehen Konflikte aus, doch die Vorschläge aus dem Weißen Haus sind keine Blaupause wert.

Die Schreihälse isolieren sich

Iran ist sicherlich ein unruhiger Player im Nahen Osten. Das Regime baut seine regionale Machtstellung aus, destabilisiert zivilgesellschaftliche Bemühungen in Syrien wie im Libanon, unterstützt die kriegerischen Huthi im Jemen. Und das Regime bedroht immer wieder Israel, mit einer kriegerischen Rhetorik, die im Westen allzu leicht hingenommen wird.

Doch harte Sanktionen und Isolierung, wie es Trump vorschlägt, wären der falsche Weg. Der Iran baut natürlich, mehr oder weniger heimlich, an seiner Atomwaffenfähigkeit. Je eingebundener das Land, desto mehr internationale Kontrolle wird sein, desto mehr Gewicht haben Worte und weniger Waffen. Eine Isolierung würde nur Hardlinern gefallen und die Sicherheit Israels keinen Deut verbessern, im Gegenteil. Daher gehört Iran an jeden Tisch.

Und die Regierung in Venezuela ist eine Clique korrupter Pseudosozialisten, welche Demokratie nur als Vehikel der eigenen Machtlegitimierung versteht. Längst formiert sich heftiger ziviler Widerstand gegen den Raubbau am eigenen Land. Doch womit spielt das Weiße Haus? Das Gerede von militärischer Intervention ist nur Wasser auf die Mühlen der antiimperialistischen Rhetorik. Auch hier muss vermittelt werden, ein Bürgerkrieg nützt niemandem. Die Welt, die Pence in München skizzierte, hat mit der echten fast nichts zu tun. Die Politik des nationalen Alleingangs, welche Trump propagiert, scheitert jeden Tag an allen Baustellen. Nur hört der Boss nicht hin.

Doch München zeigte auch, dass es Trump ist, der sich zunehmend isoliert. Kaum ernst zu nehmende Politiker folgen seiner Devise weltweit. Überhaupt gab es einen Run amerikanischer Politiker auf die Münchener Sicherheitskonferenz, seien es Demokraten oder Republikaner. Die Botschaft klang unmissverständlich: Die USA sind nicht nur Trump, und bald ist sein Alptraum Geschichte. Dann wird aufgeräumt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, dass Probleme nur gemeinsam lösbar sind. (Bild: Tobias Hase/dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, dass Probleme nur gemeinsam lösbar sind. (Bild: Tobias Hase/dpa)

Comeback der sanften Kraft

Unausgesprochen positionierte sich Kanzlerin Angela Merkel, die auch bald Geschichte sein wird, als Gegenpol zur nationalen Polemik Trumps. Stoisch wiederholte sie das Mantra des Multilateralismus, dass internationale Probleme nur gemeinsam angegangen werden können, wenn jeder Player auch die Interessen des anderen im Blick behält und Diplomatie nicht mit Poker verwechselt. Merkel erhielt globalen Beifall. Über Trump wurde bestenfalls geschwiegen. Selbst aus Russland, einem sehr zynischen Player mit einer sehr nationalen Außenpolitik, die sehr gewaltvoll gerät (Krim, Ostukraine, Syrien), kamen in München zarte Töne zustande, dass der Kreml hier und dort, zum Beispiel in Syrien, ein Einvernehmen mit Europa sucht.

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Und so wird es kommen. Die Europäische Union, dieses klein geredete Gebilde, erschien auf der Konferenz wie der gute Geist aus der Flasche. Die gelebte Gemeinsamkeit wird Vorbild sein für all die Länder, denen Nationalismus in diesem Jahr nur noch größeren Schlamassel bescheren wird. Je lauter Trump und andere Populisten poltern, desto weniger wird man ihnen zuhören – und sich sanften Playern wie der EU zuwenden. Die Münchener Sicherheitskonferenz zeigte den Weg auf. Und immer mehr werden ihn gehen.

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